UFC

Der härteste Deutschlehrer der Welt

Von Oliver Copp
Randy Couture ist eigentlich ein lockerer Typ, nur nicht im Ring
© Getty

Randy Couture ist eine Menge: Ex-Soldat, Schauspieler, Ringer, Deutschlehrer. Aber er ist auch eine der größten UFC-Legenden. Fast immer war er Außenseiter, fast immer hat er gewonnen. Die Geschichte eines Stehaufmännchens.

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Wer die UFC-Legende Randy Couture nur aus seinen hölzernen Kinoauftritten in Filmen wie "The Expendables" und "Scorpion King - Aufstieg eines Kriegers" kennt, könnte auf die Idee kommen, er sei nur ein Vertreter der typischen Actionriege - frei nach dem Motto: "Muckis statt Menschenverstand". Weit gefehlt.

Der inzwischen 47-jährige Ringer gilt als einer der intelligentesten Menschen des Kampfsports und ganz sicher als einer der sympathischsten. Erst im Alter von 34 Jahren kam er durch Zufall zur Ultimate Fighting Championship, als der damalige Eigentümer der Liga einen Gegner für den später als Politiker bekannt gewordenen Finnen Tony Halme suchte. Genau genommen suchten sie nur jemanden, der von Halme bei UFC 13 in Rekordzeit abgefertigt werden konnte, einen klassischen Aufbaugegner eben.

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Couture gewinnt gleich den ersten großen Kampf

Couture schien dafür optimal geeignet, denn neben seinen vielen Jahren als Ringer und einem kurzen Ausflug ins Boxen während seiner Zeit beim US-Militär konnte er keine Fähigkeiten nachweisen, die ihn für das Octagon prädestinieren würden. Dies war zu einer Zeit, als die UFC noch ein Spektakel war, und nicht der Sport, der sie heute ist. Daran, ob ein Ringer gegen einen Boxer bestehen könnte, verschwendete man keinen Gedanken.

Doch die Realität holte vor allem Halme schnell ein, als der Amerikaner ihm nach wenigen Sekunden die Beine wegzog und ihn nach nur einer Minute Kampfzeit mit einem Würgegriff von hinten ("Rear-Naked Choke") ins Reich der Träume schickte.

"Ich hatte damals keine Ahnung, auf was ich mich eigentlich einlasse", verriet Couture dem Fachmagazin "Fighters Only". "Mein guter Freund Don Frye war damals in diesem Sport aktiv, und ich dachte mir: 'probierst du es auch einmal'. Ich gewann auch gleich bei meiner ersten UFC das Gesamtturnier."

Als Soldat in Deutschland stationiert

Dabei war Couture damals gerade dabei, sich nach seiner Zeit beim Militär und dem abgeschlossenen Deutschstudium nach einer neuen Arbeit umzusehen. "Ich arbeitete damals als Ringertrainer an der Universität, und das machte mir zwar Spaß, aber mir fehlte der Wettkampf. Ich brauchte einen Ausgleich, und als Deutschlehrer zu arbeiten konnte mir diesen nicht geben", so der UFC-Rekordmeister. "Als Ringer hat man nach dem Studium nur drei Möglichkeiten. Man kann versuchen, sich für die Olympischen Spiele zu qualifizieren, man kann als Trainer arbeiten - oder man muss sich eine geregelte Arbeit suchen, denn mit Ringkampf ist professionell kein Geld zu verdienen."

Der Mann mit dem Spitznamen "The Natural" war von 1982 bis 1988 beim US-Militär und während dieser Zeit auch in Deutschland stationiert. "Ich lebte mit meiner Frau in einer kleinen Wohnung außerhalb des Fliegerhorsts Langendiebach in Erlensee. In Deutschland habe ich mich immer heimisch gefühlt. Ich finde die Menschen toll, das Essen toll und erinnere mich immer wieder gern an meine Jahre dort."

Während seiner Zeit bei der Armee rang die spätere UFC-Legende für den TG Langendiebach und arbeitete weiter an seinem Deutsch. "Ich konnte mir damals schon vorstellen, irgendwann als Deutschlehrer an einer Schule oder Universität zu enden, aber ich konnte mir nie vorstellen, einmal den Sport komplett an den Nagel zu hängen", so Couture.

Dreimal im Olympiakader der US-Ringer

Und so feilte er nach seiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten weiter an seinen ringerischen Fähigkeiten, um in den Olympiakader im Ringen aufgenommen zu werden. In den Jahren 1988, 1992 und 1996 qualifizierte er sich jeweils als Ersatzmann und reiste zu den Spielen mit, doch zum Einsatz kam er nie.

"Das ist die Krux, wenn man nur Ersatzmann ist. Man weiß, dass man könnte, wenn man nur dürfte - aber man darf meist dann doch nicht und reist unverrichteter Dinge wieder ab", scherzt der dreimalige US-Meister im Amateurringen mit etwas Abstand.

1997 erster UFC-Titelgewinn

Doch schon im Jahr 1997 brauchte er sich um den Wettbewerb keine Gedanken mehr zu machen, denn seinem Turniersieg bei UFC 13 ließ er nur wenige Monate später eine weitere Sensation folgen: Er schlug den damaligen Shootingstar schlechthin in der UFC, den Brasilianer Vitor Belfort, und wurde damit der nächste Herausforderer um die Schwergewichtsmeisterschaft.

Am 21. Dezember 1997 besiegte Couture in Yokohama, Japan den amtierenden UFC-Weltmeister im Schwergewicht Maurice Smith und holte sich damit sein erstes Gold. Abermals ging Couture, wie in allen bisherigen UFC-Auftritten, als krasser Außenseiter ins Rennen und stand am Ende als Sieger im Octagon. Dies sollte sich in den nächsten 13 Jahren noch unzählige Male wiederholen.

Couture gewinnt Abschiedskampf unplanmäßig

Nachdem er seinen Gürtel nach Vertragsstreitigkeiten kampflos abgab, kehrte Couture erst drei Jahre später zur UFC zurück und sicherte sich gegen den damals hoch favorisierten Kevin Randleman nach weniger als 15 Minuten Kampfzeit die Schwergewichtsweltmeisterschaft ein zweites Mal. Im März 2002 verlor er den Titel an Josh Barnett, und die neuen UFC-Eigentümer Zuffa legten Couture den Rücktritt aus Altersgründen nahe.

Nur Tage vor seinem 40. Geburtstag sollte der Abschiedskampf stattfinden. Abermals wollte man Couture dazu verwenden, um einen Jungstar aufzubauen. Er ging eine Gewichtsklasse nach unten und stieg am 6. Juni 2003 gegen einen Kickboxer namens Chuck Liddell ins Octagon, der eine Serie von zehn Siegen in Folge hingelegt hatte und als nächster Titelherausforderer im Halbschwergewicht gehandelt wurde.

Der 3:1-Außenseiter Couture gewann wieder - und nicht nur das: Er schlug Liddell mit seinen eigenen Waffen, nämlich auf den Beinen. Nach nur 2:40 Minuten der dritten Runde stand der Sieger durch TKO fest - der Mann, der eigentlich abtreten sollte.

Couture versohlt Ortiz

Ganz nebenher holte sich Couture so die Interimsweltmeisterschaft im Halbschwergewicht und einen garantierten Titelkampf gegen Weltmeister Tito Ortiz, sobald dieser wieder genesen war.

Der als "Huntington Beach Badboy" verschriene Weltmeister verschwendete auch keine Zeit und witzelte sofort in der Öffentlichkeit über seinen neuen Herausforderer und prophezeite Couture, er werde ihn höchstpersönlich aufs Altenteil schicken.

Es kam, wie es kommen musste: Der Pensionär-in-spe versohlte Tito Ortiz über fünf Runden hinweg, legte ihn kurz vor Kampfende sogar sprichwörtlich übers Knie und verließ das Octagon mit seinem dritten Weltmeisterschaftsgürtel.

Rücktritt nach Niederlage 2005

Die erste Titelverteidigung gegen seinen alten Bekannten Belfort musste nach nur 49 Sekunden abgebrochen werden, weil die Naht von Belforts Handschuh bei einem Schlag Coutures Augenlid im Vorbeiwischen durchtrennte, womit es auf dem Papier einen neuen Weltmeister gab. Doch im Rückkampf verpasste Couture Belfort eine Packung, die er bis heute nicht verdaut hat - Weltmeisterschaft Nummer vier.

Wenige Monate später wurden Couture und Liddell zu den Coaches der ersten Staffel der neuen UFC-Realityshow "The Ultimate Fighter" bestimmt. Die Prämisse: Junge Kämpfer wohnen sechs Wochen zusammen in einem Haus, werden den Coaches zugelost und treten gegeneinander um einen Vertrag bei der UFC an - und am Ende der Staffel kämpfen die beiden Coaches gegeneinander.

Am 16. April 2005 bekam Liddell seine Revanche und wurde der erste Kämpfer, dem es gelang, Couture K.o. zu schlagen. Auch der dritte Kampf der Serie zehn Monate später ging an den jungen Weltmeister, und Couture gab danach seinen Rücktritt vom aktiven Geschehen bekannt - mit den Worten: "Heute ist das letzte Mal, dass diese Handschuhe im Octagon sind. Ich trete zurück."

Über Gastkommentar zu erneuter Chance

Nur wenige wussten, dass Couture gerade zu dieser Zeit privat eine sehr schwierige Zeit durchmachte, weil er sich mitten in einer Scheidung befand. Die breite Masse dachte, seine Zeit sei einfach abgelaufen gewesen - im Alter von fast 43 Jahren für einen Spitzensportler sicherlich keine Schande.

Die UFC heuerte ihn als Gastkommentator für die wichtigsten Kämpfe an, und er begeisterte die Fans mit seinen detaillierten Analysen und seiner sympathischen Art.

Nur wenige Monate später kommentierte Couture die Schwergewichtsmeisterschaft zwischen Champion Tim Sylvia und Herausforderer Jeff Monson und sagte im Vorbeigehen, dass er einige erhebliche Lücken in Sylvias Kampfstil sieht und ihn für absolut schlagbar hält. Er sollte seine Chance bekommen.

Emotionaler Comeback-Sieg gegen Sylvia

Im Januar 2007 fiel kurzfristig der geplante Herausforderer um Sylvias Gürtel aus, und Couture informierte den UFC-Präsidenten Dana White per SMS, dass er gern einspringen würde. Angesichts der Tatsache, dass Couture zuletzt zweimal von einem Striker wie Sylvia ausgeknockt worden war und neben gut zwanzig Zentimetern Körpergröße auch noch mit einem Gewichtsnachteil von gut 20 Kilogramm in den Kampf gehen würde, hielten die Experten dies für keine gute Idee.

Am 3. März 2007 schrieb Couture abermals Geschichte. An diesem Abend war die UFC erstmals als wesentlicher Pfeiler der Fitnessmesse "The Arnold Classic" in Columbus, Ohio eingeplant, und vor dem mit 19.049 Zuschauern damals größten Publikum der UFC-Geschichte führte der Herausforderer den Weltmeister über fünf Runden hinweg vor.

Innerhalb der ersten 30 Sekunden gelang Couture der erste Knockdown mit einem angetäuschten Legkick und einem Schlag über die Deckung, und Sylvia fand nie wieder in den Kampf. Couture dominierte ihn im Boxen. Er dominierte ihn im Ringen. Und er dominierte ihn auf der Matte.

Zehn Sekunden vor Ende der Runde fing das Publikum wie zu Neujahr an, die Sekunden herunterzuzählen, und die Siegerverkündung gilt bis heute als eine der lautesten Publikumsreaktionen der Sportgeschichte. "Nicht schlecht für einen alten Sack", witzelte der frischgebackene Weltmeister nach dem Kampf, während tausende Fans in der Halle Tränen in den Augen hatten.

Einmal will es Couture noch wissen

Im August 2007 verteidigte Couture noch einmal erfolgreich seinen Titel - abermals als Außenseiter - gegen Gabriel Gonzaga, bevor er im November 2008 den Gürtel an den hünenhaften Brock Lesnar abgeben musste.

Inzwischen ist Randy Couture 47 Jahre alt und wieder zurück im Halbschwergewicht. Er hat im letzten Jahr weitere drei Siege geholt, zuletzt im August gegen den Boxer James Toney. Sein Ziel? "Ich will es noch einmal wissen. Ich fordere hiermit den amtierenden Halbschwergewichtsmeister Mauricio 'Shogun' Rua heraus. Wenn die UFC mir diesen Kampf ermöglicht, steige ich noch einmal ins Octagon", gibt das Mitglied der Ruhmeshalle der UFC zu Protokoll.

Und wenn nicht? Nach einer 13 Jahre andauernden UFC-Karriere und fünf Weltmeisterschaftsgürteln würde man meinen, dass es an der Zeit wäre, einen Haken unter die Karriere zu setzen. Doch Coutures Grinsen verrät, dass das Feuer in ihm noch immer brennt.

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