Tokio-Vibes in Turin: Alexander Zverev kann nach dem nächsten Coup gegen Novak Djokovic der erfolgreichsten Saison seiner Karriere die Krone aufsetzen. Bei den ATP Finals rang die deutsche Nummer eins in der hochklassigen Neuauflage des denkwürdigen Olympia-Halbfinales den serbischen Ausnahmespieler mit 7:6 (7:4), 4:6, 6:3 nieder greift nach dem letzten großen Titel des Jahres.
Im Endspiel am Sonntag kann sich Zverev den zweiten Triumph beim Saisonfinale nach 2018 sichern - allerdings bekommt er es dort wieder mit seinem Angstgegner zu tun. Für den perfekten Jahresabschluss muss der Olympiasieger den russischen Titelverteidiger Daniil Medvedev bezwingen.
"Es war ein fantastisches Match. Wir haben fünfmal in diesem Jahr gegeneinander gespielt, jedes Mal war es ein großartiger Kampf", sagte Zverev nach dem Sieg und holte zu einer Lobeshymne auf Djokovic aus: "Niemand auf der Welt verdient so viel Respekt wie Novak. Er ist der beste Spieler der Geschichte, das vergessen die Leute manchmal."
Doch sogleich blickte er einem "großartigen Finale" entgegen. Bereits in der Vorrunde von Turin hatte der Weltranglistendritte gegen den einen Platz besser klassierten Medvedev gespielt. Der US-Open-Champion hatte am Dienstag knapp im Tiebreak des dritten Satzes gesiegt und den fünften Sieg in Folge über den Hamburger eingefahren. "Er ist ein Grand-Slam-Sieger, ich bin Olympiasieger", sagte Zverev: "Das werden wir beide morgen zeigen wollen."
Zverev vs. Djokovic: Hochklassiges Match nimmt Fahrt auf
Für Zverev war es am Samstagabend im fünften Duell mit dem serbischen Ausnahmespieler Djokovic in diesem Jahr der zweite Erfolg, bei den vier wichtigsten Hartplatzevents kreuzten sich ihre Wege. Bei den Australian Open und den US Open behielt Djokovic die Oberhand, dafür gelang dem 24-jährigen Deutschen auf dem Weg zur Goldmedaille in Tokio der Überraschungssieg, mit dem er Djokovics Traum vom Golden Slam zerplatzen ließ.
Das Halbfinale in Turin hatte deshalb einiges versprochen, auch der Weltranglistenerste Djokovic erwartete ein weiteres hochklassiges Duell. "Es wird ein Kampf, sowohl physisch als auch mental", sagte der 20-malige Major-Sieger im Vorfeld - und er sollte Recht behalten.
Beide Spieler servierten hervorragend, lange Ballwechsel kamen zunächst kaum zustande. Das änderte sich erst gegen Ende des ersten Satzes. Eine fantastische Rally mit dem besseren Ende für den Serben quittierten die rund 7000 Fans mit frenetischem Jubel. Ein hochklassiges Match nahm Fahrt auf - und beide Spieler kamen auf einmal auch zu Chancen.
Zverev nervenstark: Satzball abgewehrt
Erst wehrte Zverev bei eigenem Aufschlag einen Satzball eiskalt ab, konnte anschließend aber zwei Breakmöglichkeiten nicht nutzen. Im Tiebreak zeigte dann Djokovic mit einem Doppelfehler Nerven, Zverev schnappte sich kurz darauf die Führung - verdient, weil er der mutigere Spieler war.
Auch im zweiten Satz war der deutsche Topspieler zunächst bissiger und setzte den Favoriten weiter unter Druck. Djokovic konnte sich aber immer wieder stark aus der Defensive befreien - und witterte seine Chance. Auf einmal wurde der Serbe dominanter, retournierte stark und nahm Zverev sogleich den Aufschlag zum 5:4 ab. Der Hamburger wehrte sich gegen den Ausgleich, den fünften Satzball nutzte Djokovic aber.
Mit offenem Visier gingen die Kontrahenten in den Entscheidungssatz, das Match war an Spannung nicht zu überbieten - und Djokovic wankte. Mit dem Break zum 3:1 schnappte sich Zverev den entscheidenden Vorteil, auch wenn er wenig später nochmal bei eigenem Aufschlag wackelte. Kurz vor Mitternacht krönte er aber seine glänzende Leistung.