An viele French-Open-Endspiele von Nadal habe ich keine ausgeprägten Erinnerungen mehr, muss ich gestehen. 6:1, 6:3, 6:0, 6:2 - irgendwann verschwimmt alles. Interessanterweise ist das beim Finale 2006 nicht der Fall, dem ersten Endspiel Nadal vs. Federer. Ich war bei Freunden im Garten, ich tippe auf Tischtennis oder Grillen. Das Finale lief im Wohnzimmer, ich verfolgte es also nur nebenher, kann mich aber noch gut an den ersten Satz erinnern, in welchem Federer den Spanier mit 6:1 förmlich deklassierte. Und ich dachte: Wow, er hat ein Rezept gegen ihn gefunden.
Hatte er nicht - und wenn, dann konnte er das geforderte Niveau dafür einfach nicht halten. 6:1, 6:4, 7:6 lauteten die nächsten drei Sätze zugunsten Nadals, der dem Schweizer in Paris danach nie wieder eine wirkliche Chance ließ.
Dabei kam - kommt? - Federer mit Sandplatzspezialisten eigentlich immer gut zurecht (17:0-Bilanz gegen David Ferrer, fünf Matches davon auf Sand), wie natürlich auch Djokovic. Beide passen in die natürliche Evolution des Sports: Federer als "Sampras 2.0", mit besserer Rückhand und besserem Spiel von der Grundlinie, Djokovic als "Agassi 2.0" mit noch stärkerem Return und Allroundspiel.
Rafael Nadal: Sein Tennis passt in keine Schablone
Aber Nadal? Der passt in keine Schablone. Was mich zu der Schlussfolgerung bringt: Nadal spielt kein Sandplatztennis. Er spielt "Nadal-Tennis". Wäre es lediglich die Evolution des Sandplatztennis (etwa Marke Thiem), er wäre zwar immer noch dominant, aber nicht unschlagbar. Doch dieses "Nadal-Tennis", dieser eigentliche Rechtshänder, der diese linke Vorhandschleuder spielen kann, das macht ihn so einzigartig. Und so einmalig erfolgreich.
So "abgehoben" ist Nadals Bilanz in Paris (100-2), dass es schwerfällt, sie angemessen zu würdigen. Dass man gewillt ist, sie zu rationalisieren wie sonst nur bei anderen GOATs. Tom Bradys sieben Super-Bowl-Siege? Ja, gut, Bill Belichick, gute Defensive, und mit dem nötigen Glück kann beim One-and-done-Format in den Playoffs ja alles passieren.
Nadal? Ja, gut, der Pool der Spieler, die auf Sand groß geworden sind, ist einfach deutlich kleiner, in weiten Teilen der Welt wird vor allem auf Hartplatz gespielt. Es ist schwer, das Spiel gegen Nadal zu trainieren, weil man es im Training kaum simulieren kann. Und er läuft auf Sand eben nicht in Gefahr, dass ein Gegner 40 Asse schlägt und drei Tiebreaks gewinnt (John Isner war in der 1. Runde 2011 übrigens nah dran!). Eine solche Serie kann es eigentlich nur auf Sand geben.
Und am Ende landet man dann doch bei 13 Titeln in 16 Teilnahmen (zwei Niederlagen, 2016 trat er zur 3. Runde aufgrund einer Verletzung nicht mehr an).
Vor 20 Jahren stand Sampras bei sieben Wimbledon-Titeln und die Sportwelt verneigte sich. Nadal hat in zwei Wochen wahrscheinlich doppelt so viele. Doppelt so viele!
Rafael Nadal bei den French Open: Wo sind die Herausforderer?
Im Laufe des letzten Jahrzehnts wurde Paris in meinen Augen immer dann besonders interessant, wenn es so aussah, als gäbe es wirkliche Herausforderer für Nadal. Wie 2012, als Djokovic mit den letzten drei Major-Titeln im Gepäck anreiste. Gleich lag der Fall 2019. 2017, als Wawrinka im Finale wartete - der hatte das Turnier ja zwei Jahre zuvor mit einer Wahnsinnsleistung gegen den Djoker gewonnen. Oder auch im vergangenen Jahr, mit dem Oktobertermin und den vermeintlich widrigen Bedingungen.
Das Ende vom Lied? 2012 verlor Djokovic in vier Sätzen, 2019 scheiterte er im Halbfinale an Thiem, 2020 war er gar völlig chancenlos. Und "Prime Stanimal"? Könnte er Nadal mit seinen gewaltigen Grundschlägen nicht ebenso schocken wie Robin Söderling damals, im legendären Achtelfinale 2009? Ähem. 6:2, 6:3, 6:1. So viel dazu.
Weshalb ich ehrlich gesagt auch in diesem Jahr mit nicht wahnsinnig viel Spannung rechne auf dem Court Chatrier. Die Hoffnung stirbt natürlich zuletzt, aber ... naja. Was ja nicht heißt, dass man das geniale Tennis von Rafa nicht trotzdem genießen kann. Die Banana Shots die Linie entlang. Die Rückhand cross, im Feld geschlagen. Die seit langem schon sehr starken Volleys. Sein unbändiges Kämpferherz. Und natürlich die kindliche Freude nach dem Sieg.
Ich suche derweil schonmal nach neuen Superlativen. Bei der Recherche für diesen Artikel ist mir mein Spielbericht vom Finale 2013 aufgefallen. Glatter Finalsieg über David Ferrer, der achte Titel war das damals. Die Überschrift, die aus meiner Feder stammen dürfte: "Rafael Nadal macht sich unsterblich".
Bei Nadal sind die Superlative eben irgendwann aufgebraucht.
French Open: Terminplan, Runden
Datum | Uhrzeit | Runde |
Sonntag, 30. Mai | 11:00 | 1. Runde |
Montag, 31. Mai | 11:00 | 1. Runde |
Montag, 31. Mai | 21:00 | 1. Runde |
Dienstag, 1. Juni | 11:00 | 1. Runde |
Dienstag, 1. Juni | 21:00 | 1. Runde |
Mittwoch, 2. Juni | 11:00 | 2. Runde |
Mittwoch, 2. Juni | 21:00 | 2. Runde |
Donnerstag, 3. Juni | 11:00 | 2. Runde |
Donnerstag, 3. Juni | 21:00 | 2. Runde |
Freitag, 4. Juni | 11:00 | 3. Runde |
Freitag, 4. Juni | 21:00 | 3. Runde |
Samstag, 5. Juni | 11:00 | 3. Runde |
Samstag, 5. Juni | 21:00 | 3. Runde |
Sonntag, 6. Juni | 11:00 | 4. Runde |
Sonntag, 6. Juni | 21:00 | 4. Runde |
Montag, 7. Juni | 11:00 | 4. Runde |
Montag, 7. Juni | 21:00 | 4. Runde |
Dienstag, 8. Juni | 12:00 | Viertelfinale |
Dienstag, 8. Juni | 17:00 | Viertelfinale |
Mittwoch, 9. Juni | 12:00 | Viertelfinale |
Mittwoch, 9. Juni | 21:00 | Viertelfinale |
Donnerstag, 10. Juni | 14:00 | Halbfinale |
Freitag, 11. Juni | 15:00 | Halbfinale |
Samstag, 12. Juni | 15:00 | Finale Damen, Finale Herren-Doppel |
Sonntag, 13. Juni | 15:00 | Finale Herren |