Kerber auf der Suche nach Houdini

SID
Angelique Kerber verlor in Antwerpen glatt gegen Francesca Schiavone
© getty

Am kommenden Montag steht Angelique Kerber erstmals seit Mai 2012 nicht mehr in den Top Ten und wird von Andrea Petkovic als deutsche Nummer eins abgelöst. Die aktuellen Leistungen der Linkshänderin geben Rätsel auf.

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Vier Tage nach dem Fed-Cup-Jubel von Stuttgart war die Aufbruchstimmung verpufft. Schlimmer noch: Angelique Kerber ergab sich bei ihrem völlig überraschenden Auftakt-K.o. in Antwerpen gegen die Italienerin Francesca Schiavone (1:6, 1:6) kampflos ihrem Schicksal. Kein Aufbäumen, kaum Wille, dafür ganz viel Frust.

Ein alarmierendes Zeichen, immerhin erwarb sich die Weltranglistenzehnte aus Kiel einst den Spitznamen Houdini - weil sie sich wie der berühmte Entfesslungskünstler auch aus schwierigsten Situationen befreien konnte.

Die unerwartete Pleite von Belgien hat auch auf dem Papier Folgen. Am Montag wird die einstige Wimbledon-Halbfinalistin Kerber, die auch bei den Australian Open Mitte Januar in der ersten Runde gescheitert war, erstmals seit Mai 2012 nicht mehr in den Top 10 des WTA-Rankings stehen.

Zudem verliert die 27-Jährige den Status als deutsche Nummer eins an ihre gute Freundin Andrea Petkovic. Die Darmstädterin traf am Freitagabend im Viertelfinale von Antwerpen auf Dominika Cibulkova (Slowakei).

"Immer schwer zu verarbeiten"

Bundestrainerin Barbara Rittner zeigte sich überrascht von der deutlichen Niederlage Kerbers gegen die Weltranglisten-81. Schiavone (34). Die French-Open-Gewinnerin von 2010 hatte zuvor gut drei Jahre kein Match mehr gegen eine Top-Ten-Spielerin gewonnen.

Und Rittner glaubt sogar, dass die positiven Erlebnisse des Viertelfinal-Sieges gegen Australien (4:1) einer der Gründe für die Kerber-Schlappe gewesen sein könnten.

"Emotional ist so ein Fed-Cup-Wochenende immer schwer zu verarbeiten", sagte Teamchefin Rittner am Freitag dem SID und fügte an: "Ich bin aber zuversichtlich. Angie trainiert gut und wird sich auf die nächsten Turniere konzentrieren."

Allerdings bleibt der Druck auf Kerber bei den anstehenden Aufgaben in Dubai (15. bis 21. Februar) und Doha (23. bis 28. Februar) hoch. Im vergangenen Jahr erreichte die introvertierte Konterspielerin in Doha das Finale - und hat dort deshalb viele Punkte zu verteidigen.

"Ich glaube, der Knoten ist geplatzt"

Dabei war Kerber, die nach einer ausgetüftelten Saison-Vorbereitung körperlich topfit ist, am vergangenen Sonntag noch so optimistisch gewesen.

Nach der bitteren Niederlage am ersten Tag gegen Jarmila Gajdosova (6:4, 2:6, 4:6) hatte sie am Sonntag den Schalter umlegen und die frühere US-Open-Gewinnerin Samatha Stosur (6:2, 6:4) besiegen können. "Ich glaube, der Knoten ist bei mir auch mit Blick auf die Saison geplatzt", hatte "Angie" gemutmaßt.

Ihre Saison hatte mit der Viertelfinal-Teilnahme in Brisbane und dem Halbfinale in Sydney ja auch relativ vielversprechend begonnen. Bei den Aussie Open folgte für Kerber mit dem frühesten K.o. bei einem Grand-Slam-Turnier seit dreieinhalb Jahren aber bereits der erste herbe Dämpfer.

Befreites Spiel im Rückstand

Die immer wieder zu Selbstzweifeln neigende Kielerin hat offenbar schwer an dem mentalen Ballast der Vorsaison zu tragen. Viermal stand sie 2014 in einem Finale, viermal verlor sie - dreimal gegen schlechter platzierte Gegnerinnen.

Nimmt man das verlorene Fed-Cup-Finale in Tschechien (1:3) noch hinzu, waren es sogar fünf schmerzhafte Niederlagen für die sensible Linkshänderin.

Auffällig ist zudem, dass Kerber meistens besser und befreiter spielt, wenn sie zurückliegt. Bei den Mental-Trainern der Republik werden da die Alarmglocken läuten.

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