Davis-Cup-Zoff um Philipp Kohlschreiber

SID
Tommy Haas und Philipp Petzschner verloren das Doppel in fünf Sätzen
© Getty

Als alles verloren war, packte Tommy Haas noch einen aus. Gerade hatte er an der Seite von Philipp Petzschner das Doppel gegen David Nalbandian/Eduardo Schwank mit 6:3, 6:4, 4:6, 3:6, 4:6 verloren, Deutschland war damit bereits vorzeitig im Erstrundenmatch des Davis Cups gegen Argentinien gescheitert: Am Ende stand es am Sonntag 1:4, eine Klatsche. Und nun zerstörte der 33 Jahre alte Rückkehrer mit einem Schlag auch noch die mühsam von Kapitän Patrik Kühnen aufgebaute Illusion von einem Teamgeist: "Aus meiner Sicht ist es nicht verständlich, dass Philipp Kohlschreiber nicht hier war."

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Schlimmer geht es wirklich nimmer. Kein Team, kein Erfolg, kein Konzept. Die deutschen Tennis-Herren präsentierten sich in den Tagen von Bamberg auf einem Tiefpunkt. Der an einer Magen-Darm-Infektion leidende Kohlschreiber sagte am Mittwoch ab, seitdem gab es keinen Kontakt, niemand weiß, wie es dem Augsburger geht. "Wir alle hätten uns gefreut, wenn er vorbei kommt und uns unterstützt", sagte Kühnen.

Kohlschreiber unersetzlich

Mehr als in der Spielerbox fehlte Kohlschreiber aber auf dem Platz. Der 28-Jährige ist unersetzlich für diese Mannschaft. Spitzenspieler Florian Mayer hat bei seinen Einzelniederlagen am Freitag gegen Nalbandian und am Sonntag gegen Juan Ignacio Chela wieder einmal gezeigt, dass er im Davis Cup nicht seine optimale Leistung abrufen kann.

Petzschner stand völlig neben sich, in Cedrik-Marcel Stebe setzte Kühnen erst Vertrauen, als alles schon verloren war. Der Debütant bewährte sich im letzten unbedeutenden Einzel gegen Eduardo Schwank und sorgte durch ein 7:6 (7:1), 7:5 für den einzigen Punkt.

Und Haas ist keine Option für die Zukunft. Der Wahl-Amerikaner sorgte mit seinem Comeback nach über vier Jahren dennoch für Aufsehen - und Unruhe. Offenbar ist er für die Olympischen Spiele in London als Doppelpartner von Petzschner vorgesehen, wenn der sich als einer der Top-Ten der Doppelweltrangliste qualifiziert.

"Dann ist Tommy meine erste Wahl", sagte der Bayreuther, der bei den US Open und in Wimbledon Grand-Slam-Titel holte - im Doppel mit dem Österreicher Jürgen Melzer. Spieler wie Kohlschreiber und Christopher Kas, die in Haas Abwesenheit verlässlich für das Team gespielt haben, können sich da zu Recht ausgebootet fühlen. Der Eindruck entsteht, dass Haas gegen Argentinien schon mal mit Petzschner üben durfte.

Relegation im September

"Es haben nur ein paar Punkte gefehlt, die Niederlage ist sehr bitter", sagte Kühnen. Der Teamchef ist mit seiner Mannschaft gescheitert, dabei war die Auslosung in diesem Jahr so günstig wie lange nicht. Im Viertelfinale hätte es Heimrecht gegen Kroatien gegeben, das Japan in Hyogo 3:2 besiegte. Stattdessen steht vom 14. bis 16. September mal wieder Relegation an, Kampf um den Klassenerhalt in der Weltgruppe. Der Gegner wird am 11. April ausgelost.

Wer dann im Herbst für Deutschland aufläuft - man weiß es nicht. Im zehnten Jahr ist Patrik Kühnen als Kapitän für das Team verantwortlich, nur einmal, 2007, hat es zum Halbfinale gereicht.

Das ist keine berauschende Bilanz. Den Mut, junge, aufstrebende Spieler aufzustellen, hatte der am Samstag 46 Jahre alt gewordene Münchner selten. Überragende Talente sind andererseits auch nicht in Sicht. Kühnens Vertrag läuft zum Jahresende aus. "Absolut kein Thema", sei er. Sagt Carl-Uwe Steeb.

Marketingfloskeln des Präsidiums

Der ehemalige Davis-Cup-Sieger gehört als Vizepräsident Sport dem neuen Präsidium an. Die im November gewählten Herren um Präsident Karl-Georg Altenburg haben einen schweren Start. Auch die hochgehandelten Damen sind im Fed-Cup ja schon gescheitert. Livebilder im Fernsehen gab es von den Männern erstmals seit Menschengedenken nicht, und das Team präsentierte sich, wie sich das Team eben präsentierte.

Da fiel auch dem neuen Präsidium nicht mehr viel ein: "Wir haben Ziele, können aber nichts versprechen", sagte Altenburg, "in Kürze" werde man etwas zu vermelden haben. "Eine Marke" wolle man aufbauen und mit ehemaligen Spielern sprechen. Viele Marketingfloskeln, konkrete Konzepte und Pläne aber konnte oder wollte er noch nicht nennen. Andererseits: viel schlimmer kann es nicht mehr werden.

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