Kvitova ist schon da, wo Lisicki noch hin will

SID
Sabine Lisicki nach der Finalniederlage im Doppel in Wimbledon mit Samatha Stosur
© Getty

Sabine Lisicki unterliegt im Endspiel um den Doppel-Titel von Wimbledon. Der Werdegang der Einzel-Siegerin Petra Kvitova aus Tschechien aber macht ihr Mut für die Zukunft.

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Die vier tollen Wochen von Sabine Lisicki endeten immerhin in der Königlichen Loge. Wer Doppel spielt, der zählt nicht ganz so viel in Wimbledon, deshalb mussten Lisicki und ihre Spielpartnerin Samatha Stosur aus Australien vom Rasen hinaufsteigen zum Herzog von Kent. Dort gab es dann auch nur den kleinen Silberteller überreicht, Erinnerung daran, in einem Endspiel im All England Club gestanden zu haben.

Der kleine wurde es, weil Lisicki und Stosur 3:6, 1:6 gegen die an Nummer zwei gesetzten Kveta Peschke (Tschechien) und Katarina Srebotnik (Slowenien) verloren hatten.

Ein paar Stunden zuvor am Nachmittag war Prinz Edward, Duke of Kent, ein Cousin von Queen Elizabeth II. und Präsident des All England Lawn Tennis and Croquet Club, persönlich hinabgestiegen auf den heiligen Rasen. Auch da galt es, eine Tschechin zu ehren.

Petra Kvitova hatte das Endspiel im Einzel gegen die favorisierte Maria Scharapowa aus Russland gewonnen, deutlich mit 6:3 und 6:4, und während die 21-Jährige Tränen der Rührung verdrückte, klatschten sich oben in der Royal Box zwei ehemalige Tennis-Königinnen die Handflächen wund: Martina Navratilova, heute US-Staatsbürgerin, und Jana Novotna.

Kvitova auf einer Stufe mit Navratilova

Hinterher traf Kvitova dann die in der früheren Tschechoslowakei geborene neunmalige Wimbledonsiegerin Navratilova sowie Novotna, die 1998 als bislang letzte Tschechin die große, mit Gold verzierte Siegerschale gewonnen hatte - und es wurde sehr emotional. "Sie waren so glücklich, und ich habe hinterher geweint", berichtete Kvitova vom Treffen mit ihren Idolen. "Es ist lustig", sagte die 54 Jahre alte Navratilova, eine Linkshänderin wie Kvitova, "es gibt nicht so viele Spieler, die mir sagen: Du bist mein Held." Als Navratilova 1990 ihren letzten Wimbledon-Titel holte, war Kvitova gerade geboren.

Kvitova kommt aus Fulnek, 300 Kilometer östlich von Prag gelegen. 6000 Einwohner, vier Tennisplätze. Kvitovas Vater Jiri, ehemals Lehrer, ist der zweite Bürgermeister. Als die berühmteste Tochter des Ortes spielte, hatten sich 200 Menschen im Gemeindezentrum versammelt, die Straßen waren leer, die Kneipen voll.

Sogar Erdbeeren mit Sahne gab es am Samstag in Fulnek. Und als das Match in Wimbledon vorüber war, sagte Bürgermeisterin Jana Movoca: "Wir sind so stolz auf sie." Selbstverständlich werde nun der Gemeinderat darüber abstimmen, ob die Ehrenbürgerwürde verliehen werde.

So klein der Wohnort, so bescheiden gab sich in Wimbledon Kvitova. Früher wollte sie Lehrerin werden, "ich dachte nie, dass ich Profi werden könnte, ich habe nur nach der Schule immer eine oder eineinhalb Stunden trainiert", sagte die derzeitige Weltranglistenachte.

Seit 2008 auf der WTA-Tour unterwegs

Im Jahre 2008 war sie eingestiegen in die WTA-Tour, sie erreichte gleich das Achtelfinale bei den French Open. Ende 2010 wurde sie zur Newcomerin des Jahres gewählt - unter anderem hatte sie da schon im Halbfinale von Wimbledon gestanden, war dort aber der damaligen Weltranglistenersten und späteren Turniersiegerin Serena Williams unterlegen.

Einige Experten, allen voran der frühere Top-Ten-Spieler Brad Gilbert, hatten die 183 Zentimeter große Tschechin von Turnierbeginn an als Favoritin auf dem Zettel. Weil sie so kraftvoll schlägt, einen sehr guten Aufschlag hat - und eben Linkshänderin ist, was wiederum Vorteile beim Aufschlag bringt.

Ihr einziges Ass im Endspiel gelang Kvitova aber dennoch erst beim Matchball. Auch ihre Vorbereitung war ungewöhnlich: Wie jeden Abend vor dem Spiel aß sie mit ihrem Fitness-Coach eine Ananas, und zur Bekämpfung der Aufregung bildete sie sich vor dem Endspiel ein, "dass es nur ein Viertrundenmatch ist".

Erfolgreiches Fazit der Rasensaison von Lisicki

"Letztes Jahr war sie im Halbfinale, diesmal hat sie gewonnen...", sagte später am Abend Sabine Lisicki und betonte: "Das gefällt mir." Das war wohl einerseits ein Kompliment für die neue Wimbledonsiegerin, andererseits: Auch Lisicki selbst war diesmal ja im Halbfinale ausgeschieden, gegen Scharapowa.

Dass es dann auch im Doppel nicht zum Titel reichte, geschenkt: "Es war eine super Rasensaison", sagte Lisicki. "Zuerst der Turniersieg in Birmingham, dann die Wildcard für Wimbledon, der Sieg gegen Li Na nach zwei Matchbällen, das Spiel gegen Bartoli und dann noch das Doppelfinale - vier tolle Wochen."

Wie Kvitova, so will sich auch Lisicki erst mal erholen. Ein paar Tage Pause in Berlin, Ende Juli erst folgt das Turnier im kalifornischen Stanford. Und in elfeinhalb Monaten ist ja schon wieder Wimbledon.

WTA: Die Weltrangliste der Damen

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