Furzende Sprinter und Leitplanken-Surfer

Von Torsten Adams
Mark Cavendish hat bisweilen Probleme mit seinem Schließmuskel
© Getty
Cookie-Einstellungen

Die Flops der ersten Tour-Woche

 

- Der Untergang der drei Musketiere. Oder: Last man standing

Gebeutelt, gebeutelter, RadioShack. Ursprünglich mit vier Musketieren angetreten, raffte es einen nach dem anderen dahin. Nach mehreren Stürzen auf den ersten Etappen musste Janez Brajkovic als erster die Heimreise antreten: Gehirnerschütterung, Schlüsselbeinbruch. Am siebten Tag erwischte es Chris Horner. Der Amerikaner schaffte es zwar noch ins Ziel - wenn auch benommen - aber am Start der achten Etappe fehlte er bei der Einschreibkontrolle. Gehirnerschütterung, Nasenbeinbruch, so die Diagnose bei ihm. Levi Leipheimer ist zwar noch im Rennen, im Klassement aber nach seinem Leitplanken-Surfen bei der 6. Etappe weit abgeschlagen. Beim Massensturz auf der Peyrol-Abfahrt traf es dann auch den "Last man standing", Andreas Klöden. Der 36-Jährige musste zum Röntgen ins Krankenhaus, gebrochen ist zum Glück nichts. Mit Gesamtrang acht und nur sechs Sekunden hinter Andy Schleck ist "Hilde" vielleicht sogar der große Coup zuzutrauen. Ja, genau das, was seinem Kumpel Jan Ullrich 1997 als einzigem Deutschen bislang gelang. Einen Teilerfolg hat Klödi jedenfalls schon einmal eingeheimst: Er fährt im virtuellen Grauen Trikot, der inoffiziellen Wertung für den besten Seniorenfahrer der Tour.

 

- Andre Greipel. Oder: Aller Anfang ist schwer

Das Tour-Debüt des Rostockers startete schon denkbar schlecht. Noch vor dem scharfen Start der ersten Etappe machte Greipel mit dem rauen Asphalt in der Vendee Bekanntschaft. Sein Trostpreis: der erste Fahrer, der beim Tourarzt vorstellig wurde. Als wäre dieser Schicksalsschlag nicht genug gewesen, wird er vier Tage später auch noch vom eigenen Teamkollegen böse geschnitten. Am Cap Frehel brach Philippe Gilbert die Teamabsprache und fuhr im Etappenfinale auf eigene Rechnung, statt Greipel den Sprint anzuziehen. Der Deutsche reagierte stocksauer: "Wir sind kein Team", moserte Greipel und machte Gilbert dafür verantwortlich, dass er selbst nicht mehr als Platz sechs erreichte: "Philippe brachte die Leute mit, die später mit mir gesprintet sind." Zu allem Überfluss gewann auch noch Greipel-Rivale Cavendish die Etappe.

Blog von mySPOX-User UnrealFabian: Die erste Tourwoche

 

- Alberto Contador. Oder: Aus Hass wurde Mitleid

"Ich habe gut geschlafen, alles in Ordnung", stammelte der Spanier vor der 6. Etappe etwas verlegen ins Reporter-Mikrofon. Sein Sturz ein Tag zuvor habe ihm ja gar nichts ausgemacht, so die offizielle Version. Allerdings kratzen Stürze immer auch am Nervenkostüm der Fahrer. Und der Abflug auf dem Weg zum Cap Frehel war bereits sein zweiter bei dieser Rundfahrt. Der dritte sollte auf der 9. Etappe folgen. Zudem dürften ihm auch die heftigen Pfiffe bei der Teamvorstellung schwer im Magen liegen - auch wenn die Einstellung der Franzosen zu Contador von Hass in Mitleid übergeht. Durch den 1:20-Minuten-Rückstand, den er sich am ersten Tag abholte, sieht der Pistolero seine Chance auf Sieg Nummer vier dahinschwinden. Aber Vorsicht: Angeschlagene Boxer sind besonders gefährlich.

 

- Italiener bei der Tour. Oder: Die Pizzabäcker von Eurosport

Können die etwa nur Giro? Nehmen wir das Team Lampre: Die stellen mit Alessandro Petacchi immerhin den Sieger der Sprintwertung aus dem letzten Jahr. Mehr als ein zweiter Platz in Chateauroux sprang für den 37-Jährigen nicht heraus. In der Sprintwertung rangiert er abgeschlagen auf Rang 16. Und was ist mit Damiano Cunego, dem einstigen Giro-Sieger? Gesamtrang 12, lediglich in Super-Besse und Saint-Flour kam er unter den besten Zehn ins Ziel. Und da wäre noch das Team Liquigas. Auffällig waren die Neongrünen bisher nur am der Brücke von Saint-Nazaire. Dort wurde Kapitän Ivan Basso von der Windkante überrascht und musste von vier Teamkollegen wieder an das Feld herangeführt werden. Ansonsten trat Basso bisher nur in den Werbepausen von Eurosport als "Pizzabäcker" für den Radschuh-Hersteller "Sidi" in Erscheinung. Rückstand im Klassement: 1:10 Minuten auf Evans. Und das als einer der Topfavoriten auf das Podium.

 

- Das Sturzfestival. Oder: Das Fallen der großen Namen

"Stürze gehören zum Radsport einfach dazu, aber das ist verrückt", twitterte Leipheimer dieser Tage. Vor allem die erste Woche der Tour ist berüchtigt dafür, dass die Fahrer hypernervös sind und jeder der 200 Fahrer als erstes in die Kurve einbiegen will. Doch diese erste Woche war wohl die sturzträchtigste seit Ewigkeiten. Vor allem die großen Namen erwischte es: Brajkovic, Horner, Wiggins, van den Broeck, Winokurow und Boonen mussten das Rennen bereits aufgeben. Contador, Gesink, Leipheimer, Greipel, Farrar, Hesjedal, Sörensen, Popovych, Kreuziger, Chavanel und viele andere erwischte es ebenfalls. Leipheimers Abschlusskommentar: "Diese Straßen gehören nicht zur Tour." Doch bisweilen gehen die Crashs auch auf das Konto der Fahrer. In der Peyrol-Abfahrt war ein derart hohes Risiko jedenfalls nicht vonnöten.

Tour de France 2011: Alle Infos auf SPOX