UCI unter Druck - Bruyneel droht Tour-Aus

SID
Der Mann hinter Lance Armstrong: Johan Bruyneel (r.)
© Getty

Über den Teamchef des Radrennstalls RadioShack-Nissan, Johan Bruyneel, und seinen ehemaligen Schützling Lance Armstrong braut sich im Zuge der Dopinganklage durch die amerikanische Anti-Doping-Agentur USADA ein heftiger Sturm zusammen und könnte den Radsport - pünktlich zur 99. Tour de France - wieder einmal vor eine Zerreißprobe stellen.

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Denn was in dem 15-seitigen Schreiben der USADA an Armstrong und dessen mitangeklagter Entourage angedeutet wird, birgt höchste Brisanz in sich. So werden auch auf den Radsport-Weltverband UCI und dessen damaligen Präsidenten Hein Verbruggen unangenehme Fragen zukommen.

So heißt es in dem Schreiben auf Seite elf, dass Dr. Martial Saugy, Direktor des Anti-Doping-Labors in Lausanne, bei einem Gespräch mit der USADA bestätigt habe, dass eine Urinkontrolle Armstrongs bei der Tour de Suisse 2001 Spuren von Epo aufgewiesen habe.

Ähnliches hatte bereits Floyd Landis bei seinem umfangreichen Dopinggeständnis vor zwei Jahren behauptet. Demnach habe Armstrong ihm erzählt, dass er ein finanzielles Abkommen mit Verbruggen geschlossen habe und der positive Test unter den Tisch gekehrt wurde.

Gerade bei diesem Vorwurf hatte die UCI geradezu allergisch reagiert, gleichwohl aber zwei Geldzahlungen Armstrongs in Höhe von insgesamt 125.000 Dollar kleinlaut eingeräumt. Lediglich eine Spende oder doch womöglich Schweigegeld? "Die UCI hat so viel Dreck am Stecken, da kann man Blumen drauf pflanzen", hatte Chefankläger Werner Franke damals schon gesagt.

Armstrong: "Werde alle Optionen prüfen"

Als die US-Staatsanwaltschaft im Februar dieses Jahres die Ermittlungen gegen Armstrong eingestellt hatte, war die Erleichterung am UCI-Sitz in Aigle groß. "Der Radsport hat so sehr gelitten. Es ist gut, dass wir nun die Vergangenheit hinter uns lassen können", sagte UCI-Präsident Pat McQuaid. Womöglich hatte sich der Ire zu früh gefreut.

Denn die dunkle Vergangenheit von Armstrong, Bruyneel und allem, was an der gut zehnjährigen Partnerschaft dranhing, könnte nun in dem Prozess vor der USADA ans Tageslicht kommen. Bis zum 22. Juni hat Armstrong Zeit, eine Stellungnahme abzugeben. Und so herrscht im Lager des siebenmaligen Toursiegers rege Betriebsamkeit.

Armstrong-Anwalt greift USADA an

"Ich werde alle Optionen prüfen. Dabei geht es nicht nur um das Schiedsverfahren, sondern auch um das Verhalten und der Taktik der USADA", sagte Armstrong der Nachrichtenagentur AP. Aktuell hält sich der Texaner noch in Frankreich auf, in der Hoffnung womöglich doch noch am Ironman in Nizza am 24. Juni teilnehmen zu können. Der Triathlon-Verband WTC hatte ihm dies zunächst verwehrt.

Unterdessen hat Armstrong-Anwalt Robert Luskin ein Schreiben an die USADA versandt und darin moniert, dass sie mit verdeckten Karten spiele. "Wir können nicht die Rechte Armstrongs schützen, ohne zu wissen, wer was gesagt hat. Selbst in diesem frühen Stadium ist ihr Vertrauen auf geheime Zeugen gewissenlos", schrieb Luskin. Die USADA hatte sich bei der Dopinganklage auf mehr als zehn Zeugen berufen. Dabei handelt es sich um frühere Teamkollegen Armstrongs und Betreuer des einstigen US-Postal-Rennstalls.

Chef der damaligen Mannschaft war Bruyneel und die Liste der Anklagepunkte gegen ihn ist lang. Besitz, Handel und Verabreichung von verbotenen Substanzen sowie Komplizenschaft beim Verstoß gegen Anti-Doping-Richtlinien werden ihm vorgeworfen. Bruyneel wies die Anschuldigungen in einer via Twitter veröffentlichten Stellungnahme zurück.

Bruyneel: "Ich bin unschuldig"

"Ich bin bestürzt darüber, dass wieder Dopinganschuldigungen gegen mich erhoben werden. Ich habe noch nie an irgendwelchen Doping-Aktivitäten teilgenommen und bin in allen Punkten unschuldig", sagte Bruyneel und ergänzte: "Nach einer Untersuchung des US-Justizministeriums wurde keine Anklage gegen mich erhoben. Es kann nicht richtig sein, dass ich oder irgendjemand sonst von Gericht zu Gericht verfolgt werde, nur weil den Anklägern die Entscheidung nicht gefällt."

Die Angelegenheit könnte aber Folgen haben. Gut möglich, dass die am 30. Juni beginnende Tour ohne den Belgier stattfindet. Ohnehin hat sich Bruyneel beim harmoniebedürftigen Bruderpaar Andy und Fränk Schleck seit seinem Amtsantritt im Januar äußerst unbeliebt gemacht.

So soll der Rechtsanwalt der beiden, die im Vorjahr Platz zwei und drei bei der Tour belegten, nach Informationen der französischen Sporttageszeitung "L'Equipe" bereits Kontakt zu anderen Teams aufgenommen haben. Andy Schleck wird in diesem Jahr wegen einer Fraktur des Steißbeins bei der Tour nicht an den Start gehen, doch im Blickpunkt dürfte das größte Radsport-Ereignis der Welt seit der USADA-Anklage so oder so stehen.

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