Die Deutschen in der Saison 2011
John Degenkolb (HTC - Highroad)
"Heeeere's Johnie.... this new kid on the block John Degenkolb is good! Super strong in the uphill sprint today. He is pure class."
Am 5. März, kurz nach der ersten Etappe von "Driedaagse van West-Vlaanderen", war diese Lobeshymne als Nachricht auf Twitter zu lesen. Absender: Mark Renshaw. Der australische Sprinter von HTC - Highroad ist Teamkollege von John Degenkolb - dem aktuell wohl größten deutschen Radsport-Talent.
Der 22-Jährige aus Gera sprintete gerade zu seinem zweiten Profisieg innerhalb eines Monats. Drei Wochen zuvor hatte Degenkolb bereits eine Etappe der Algarve-Rundfahrt gewonnen. Seine bislang größten Erfolge feierte er allerdings bei Junioren-Weltmeisterschaften: 2007 wurde er Vizeweltmeister im Zeitfahren, 2008 gewann er im Straßenrennen Bronze.
Degenkolbs Schwächen liegen im Hochgebirge, deshalb wird er bei großen Rundfahrten im Gesamtklassement nicht auf den vorderen Plätzen erscheinen. Seine Ziele sind andere. "Ich denke, dass meine Zukunft in den Frühjahrsklassikern und in den Eintagesrennen liegen wird. Ich bin ein guter Allrounder und komme mit relativ vielen Rennsituationen zurecht", so seine Selbsteinschätzung.
Jens Voigt (Leopard-Trek)
Nach seinem brutalen Sturz auf der letztjährigen 16. Tour-Etappe, als ihm bei 80 km/h der Vorderreifen platzte, dachten viele, dass die Tour-Karriere des Jens Voigt vorbei sei.
Doch der mittlerweile 39-Jährige und sechsfache Familienvater erholte sich erstaunlich schnell und macht im Gespräch mit SPOX klar: "Klar will ich zur Tour. Ich habe zwar nur noch eine begrenzte Anzahl an Jahren, in denen ich Radrennen fahren kann. Aber so bin ich halt. Ich bin keiner, der sagt 'Jetzt nehme ich das Geld und fahre meine Karriere ruhig zu Ende'. Nein, das will ich nicht. Ich habe nach wie vor ein hohes Anspruchsdenken an mich selbst."
Bei den Leoparden trifft Voigt auf zahlreiche alte Bekannte aus dem Team Saxo Bank. Ein weiterer Grund für den Wahl-Berliner war "der Wechsel um des Wechsels Willen". Voigt habe am Ende gemerkt, dass er sich angepasst hat. "Ich war sechs Jahre bei Credit Agricole und sieben Jahre bei Bjarne (Riis, Teamchef Saxo Bank; Anm. d. Red.). Die Herausforderung war weg und sicherlich auch ein wenig der Druck, der einen zwingt, härter an sich zu arbeiten", so Voigt.
Bei Leopard-Trek ist das nun sicherlich wieder anders.
Tony Martin (HTC - Highroad)
Gleich zu Beginn der Saison hatte Martin ordentlich einen rausgelassen. Bei der Fernfahrt Paris-Nizza holte sich der 25-Jährige das Zeitfahren und den Gesamtsieg - der größte Erfolg seiner Karriere.
So liegt die Messlatte für die weiteren Auftritte des Eschborners in diesem Jahr extrem hoch. Seinen 137. Platz bei der letztjährigen Tour dürfte er mit Leichtigkeit verbessern.
Ein weiteres Saisonhighlight Martins ist die Weltmeisterschaft Ende September. Beim tellerflachen Zeitfahr-Kurs quer durch Kopenhagen will er endlich nach Gold greifen. Nach dem dritten Platz im vergangenen Jahr stehen die Chancen nicht schlecht, denn Weltmeister Fabian Cancellara hat bereits angekündigt, das Zeitfahren zugunsten des Straßenrennens auszulassen.
Andre Greipel (Omega Pharma-Lotto)
Mit satten 21 Siegen war Greipel der erfolgreichste Profi des Jahres 2010. Beim Team HTC - Highroad, für das er einen Triumph nach dem anderen einfuhr, wollte das Sprint-Ass allerdings nicht bleiben. Der Grund: Mark Cavendish. Der Radsport-Rüpel von der Isle of Man ließ keine Möglichkeit aus, gegen Greipel zu feuern. Die beiden Erzrivalen in einem Team - das konnte nicht lange gut gehen.
In seinem neuen Team ist Greipel der alleinige Sprintkapitän. Die Saison startete für den 28-Jährigen allerdings denkbar schlecht. Nach Startschwierigkeiten bei der Tour Down Under im Januar war Greipel beim Warmfahren für das Auftaktzeitfahren der Tirreno-Adriatico schwer gestürzt und hatte sich dabei Gesichtsverletzungen zugezogen. Zur zweiten Etappe trat er nicht mehr an.
Bis zum Gipfeltreffen bei der Tour im Juli wird der Hürther allerdings wieder genesen und in Topform sein. Und dann schaut die ganze Radsport-Welt auf das Sprint-Duell Greipel vs. Cavendish.
Gerald Ciolek (Quick Step)
Bei Milram war er neben Linus Gerdemann Co-Kapitän und konnte die Erwartungen nicht erfüllen. Vor allem 2010 war für den U-23-Weltmeister ein gebrauchtes Jahr.
Der Wechsel zu Quick Step könnte Cioleks ins Stocken geratene Karriere einen Wendepunkt geben. Im Schatten des unumstrittenen Kapitäns Tom Boonen kann "Gerry" ohne Druck zu seiner alten Stärke zurückfinden.
Im belgischen Team, das vor allem auf die Frühjahrsklassiker ausgelegt ist, stehen dem 24-Jährigen zahlreiche Helfer zur Seite, die ihn bei seiner erhofften Rückkehr in die Beletage unterstützen.
Andreas Klöden (Radioshack)
Er gilt als ewiger Zweiter und hat schon so manchen Toursieger die Berge hinauf eskortiert. Nach Lance Armstrongs Abgang von der großen Radsport-Bühne fährt Klöden die Frankreich-Rundfahrt in diesem Jahr voraussichtlich zum ersten Mal als Kapitän seines Teams.
Dass der 35-Jährige noch lange nicht zum alten Eisen gehört, zeigte "Hilde" bei Paris-Nizza. Die Fernfahrt, die er 2000 gewann, beendete er in diesem Jahr als Gesamtzweiter hinter Martin. Nun heißt es: die Form bis zur Tour konservieren.
Von Null auf Hundert: Team Leopard-Trek