"Mercedes hat sich unter Wert verkauft"

Von Interview: Alexander Mey
Ralf Schumacher freut sich über die Steigerung seines Bruders Michael in der Formel 1
© Imago

Ralf Schumacher geht für Mercedes in seine fünfte DTM-Saison. Die neuen Autos wecken bei ihm entfernte Erinnerungen an die Formel 1. Die Königsklasse beobachtet er immer noch genau, vor allem Bruder Michael und das Mercedes-Team. Im SPOX-Interview spricht Schumacher zudem über den möglichen DTM-Segen BMW, seine berufliche Zukunft und seine Lieblingsstrecke.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

SPOX: Herr Schumacher, mit wie viel Grauen denken Sie noch an das Rennen am Norisring 2011 zurück? Pole-Position, den ersten DTM-Sieg vor Augen - und dann einen Frühstart hingelegt.

Ralf Schumacher: Das ist abgehakt. An der Vergangenheit kann ich ohnehin nichts mehr ändern. (lacht)

SPOX: Gehen Sie generell so gelassen mit Rückschlägen um?

Schumacher: Ich ärgere mich schon über mich selbst, gerade in einem Fall wie diesem, wo es mein eigener Fehler war. Aber ich brauche ungefähr einen Tag, dann passt wieder alles.

SPOX: 2012 soll es dann aber endlich mit dem ersten Sieg klappen, nehme ich an.

Schumacher: In erster Linie will ich im Vergleich zu meinem Teamkollegen gut aussehen und konstanter in Richtung Podium unterwegs sein. 2011 hatten wir auch manchmal Pech. Wenn wir regelmäßig ein Stückchen weiter vorne unterwegs wären als im Vorjahr, wäre es schon okay.

SPOX: Klingt bescheiden. Dabei geht es doch auch darum, wer im Familienduell die besseren Ergebnisse für Mercedes einfährt. Sie in der DTM oder Michael in der Formel 1.

Schumacher: Na ja, wir haben darüber jetzt keine Wetten abgeschlossen. Aber so, wie es im Moment aussieht, hätte Michael gute Chancen, eine solche Wette zu gewinnen.

SPOX: Bisher hatte er aber viel Pech in den Rennen, dafür hat Nico Rosberg in China das große Los gezogen. Tut es Ihnen trotzdem gut, den Bruder wieder in den Regionen der Startaufstellung zu sehen, in die er gehört?

Schumacher: Fahrerisch habe ich Michael immer dort gesehen, wo er jetzt wieder ist. Für die Fahrer und für die Marke Mercedes ist es aber entscheidend, jetzt dort vorne zu stehen. Denn sie haben sich allesamt in den letzten beiden Jahren unter Wert verkauft.

SPOX: 2011 haben Sie in Indien Ihre Meinung zur Formel 1 als TV-Experte vertreten. Ihr DTM-Kollege David Coulthard macht das in England für die "BBC" regelmäßig. Wäre das auch etwas für Sie?

Schumacher: Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Ich bin seiner Zeit nur für Niki Lauda eingesprungen. Es ist eine schöne Sache, hier und da mal wieder zurückzukommen und ein paar alte Bekannte im Fahrerlager zu treffen. Aber damit ist es dann auch gut.

SPOX: Planen Sie demnach noch länger mit der DTM oder geht es weiterhin nur von Jahr zu Jahr?

Schumacher: Das läuft alles wie gehabt. Wir schauen, wie es läuft und setzen uns dann ab Mitte der Saison zusammen.

SPOX: In der DTM 2012 ist nichts mehr wie gehabt. Kommen Sie sich vor wie in einer anderen Rennserie?

Schumacher: Man kann sie als neue Serie sehen, klar. Aber auf der anderen Seite auch als das, was sie in den 80er und 90er Jahren einmal war. Die letzten Jahre waren eine schwierige Zeit, aber man muss den Herstellern Mercedes und Audi ein großes Kompliment machen und ihnen danken. Ohne Ihren Einsatz würden wir hier heute nicht sitzen und über eine neue Ära in der DTM reden.

SPOX: Ist die neue Konkurrenz von BMW auch für Sie als Fahrer ein Kick?

Schumacher: Die Herausforderung ist nicht anders als vorher, weil der Anspruch der gleiche geblieben ist. Aber ich bin schon neugierig auf die neuen Fahrer, die BMW, aber auch Mercedes und Audi in dieser Saison in die DTM mitbringen. Hoffentlich bringen die neuen Piloten auch neue Fans an die Rennstrecken, das würde allen Beteiligten gut tun.

SPOX: Nicht nur BMW hat ein neues Auto sondern alle Hersteller. Was unterscheidet Ihren neuen Mercedes vom alten?

Schumacher: Das neue Auto hat etwas mehr mechanischen Grip als das alte, ist deshalb ein wenig umgänglicher im Fahrverhalten. Auch das neue Format der Reifen macht sich bemerkbar. Das Fahren ist etwas leichter. Besonders angenehm sind für mich aber die Schaltwippen am Lenkrad. Endlich muss ich nicht mehr an diesem Hebel ziehen! Die Schaltwippen sind zwar anders als die, die ich noch aus der Formel 1 kenne, aber für unsere Anforderungen im Tourenwagen sind sie hervorragend.

SPOX: Sie sind in Ihrer Karriere viele Autos auf vielen Strecken gefahren. Haben Sie ein Lieblingsauto und einen Lieblingskurs?

Schumacher: Meine Lieblingsstrecke ist nach wie vor Suzuka. Doch da komme ich mit der DTM ja leider nicht mehr hin. An mein Lieblingsauto kann ich mich gar nicht wirklich erinnern. Generell mag man als Rennfahrer ja immer die Autos am liebsten, mit denen man am schnellsten war. Welches das bei mir war, weiß ich aber gar nicht mehr so genau. (lacht)

SPOX: Gibt es ein Auto oder eine Rennserie, die Sie gerne noch einmal ausprobieren würden?

Schumacher: Im Moment bin ich in der DTM sehr glücklich. Was danach eventuell noch kommt, schauen wir mal.

Der DTM-Rennkalender