Leichtathletik-WM: Shelly-Ann Fraser-Pryce holt fünften Titel über 100 Meter und schreibt Geschichte

SID
Shelly Ann Fraser Pryce
© getty

Die Jamaikanerin Shelly-Ann Fraser-Pryce schreibt in Eugene mit ihrem fünften WM-Titel über 100 m Geschichte. Gina Lückenkemper sprintet am Finale vorbei.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Die schnellste Mama der Welt hat wieder zugeschlagen, die kleinste Sprinterin der WM-Geschichte ist erneut die größte: Shelly-Ann Fraser-Pryce hat zum fünften Mal den Titel über 100 m gewonnen und damit Historisches geleistet. 13 Jahre nach ihrem ersten Triumph 2009 in Berlin setzte sich die Jamaikanerin in Eugene in 10,67 Sekunden durch. Es war die beste Zeit bei einer Weltmeisterschaft.

"Ich kann gar nicht sagen, wie oft ich Rückschläge hinnehmen musste. Aber ich habe immer zurückgeschlagen - und hier bin ich wieder", sagte die nur 1,52 m große "Pocket Rocket" und ergänzte: "Ich fühle mich gesegnet, dass ich dieses Talent habe und mit 35 Jahren und einem Kind immer noch dabei bin und hoffentlich Frauen inspirieren kann, ihren eigenen Weg zu gehen." Söhnchen Zyon ist mittlerweile fünf Jahre alt.

Fraser-Pryce, für die es der insgesamt zehnte WM-Titel war, hat damit als einzige Leichtathletin fünfmal Gold in derselben Einzeldisziplin gewonnen. Bei den Männern haben dies Stabhochspringer Sergej Bubka (sechs Titel) und Diskuswerfer Lars Riedel (fünf) geschafft.

Nach dem Erfolg in Berlin über 100 m hatte Fraser-Pryce auch 2013 in Moskau, 2015 in Peking und 2019 in Doha gewonnen. Hinzu kommen einmal 200-m-Gold und vier WM-Titel mit der Staffel. Auf mehr WM-Triumphe bringen es nur die US-Amerikanerin Allyson Felix (13) und der Jamaikaner Usain Bolt (11).

Shelly-Ann Fraser-Pryce schreibt über 100 m Geschichte

In Eugene wies Fraser-Pryce ihre Teamkolleginnen Shericka Jackson (10,73) und Olympiasiegerin Elaine Thompson-Herah (10,82) mit ihrem unwiderstehlichen Laufstil in die Schranken. Am Tag nach der Sprint-Gala der US-Männer machten damit auch die Jamaikanerinnen einen Dreifach-Triumph perfekt.

"Ich bin stolz, dass mir so etwas mit Jamaika zum dritten Mal gelungen ist", sagte "SAFP". 2008 bei Olympia in Peking hatte sie vor Sherone Simpson und Kerron Stewart triumphiert, 2021 hieß die Reihenfolge in Tokio Thompson-Herah, Fraser-Pryce, Jackson.

Die deutsche Top-Sprinterin Gina Lückenkemper war zuvor am Sonntag im Halbfinale über 100 m ausgeschieden. Die 25-Jährige vom SCC Berlin kam im dritten und abschließenden Lauf am Sonntag in 11,08 Sekunden auf den vierten Platz.

"11,08 ist nicht das, was ich mir vorgenommen habe für hier, ich wollte definitiv mehr", sagte Lückenkemper. Zum Finaleinzug fehlten ihr zwölf Hundertstel.

Allerdings wurde der Ablauf vor dem Rennen empfindlich gestört, als nach einer Disqualifikation für Tynia Gaither (Bahamas) das Publikum mitten in die folgende Konzentrationsphase der Läuferinnen buhte. "Ich kann den Frust verstehen, aber das war einfach unfair allen anderen Sportlern gegenüber", sagte Lückenkemper: "Dreimal in den Startblock zu gehen, um einmal zu rennen, das war schon heavy."

Hürdensprint-Finale: Holloway Weltmeister - Favoritenraus

Nach dem Ausfall zweier Topfavoriten unmittelbar vor dem Finallauf hat der US-Amerikaner Grant Holloway den WM-Titel über 110 Meter Hürden verteidigt. In 13,03 Sekunden landete der 24-Jährige fünf Hundertstel vor Teamkollege Trey Cunningham (13,08). Bronze holte der Spanier Asier Martinez (13,17).

Devon Allen (USA) und Olympiasieger Hansle Parchment konnten nicht am Showdown teilnehmen. Der Jamaikaner Parchment hatte sich kurz vor dem Endlauf beim Warmmachen verletzt.

Allen, der vor Kurzem einen Vierjahresvertrag in der NFL bei den Philadelphia Eagles als Wide Receiver unterschrieben hatte, wurde nach einem Fehlstart disqualifiziert.

Weltrekordler Crouser erstmals Kugelstoß-Weltmeister

Weltrekordler Ryan Crouser hat das Giganten-Duell der US-Kugelstoßer gegen Titelverteidiger Joe Kovacs gewonnen und seinen ersten Weltmeistertitel geholt. Der 29-Jährige setzte sich mit dem Meisterschaftsrekord von 22,94 Metern vor dem drei Jahre älteren Kovacs (22,89) durch, der seinen dritten Titel nach 2015 und 2019 verpasste.

Bronze ging an Josh Awotunde 22,29), der damit den nächsten "Sweep" der Amerikaner nach dem Dreifach-Erfolg über 100 m am Samstag perfekt machte. Kovacs hatte im vorletzten Versuch die Führung übernommen, Crouser schlug aber sogleich zurück.

Crouser, Olympiasieger 2016 und 2021, hatte im Vorjahr ebenfalls in Eugene den 31 Jahre alten Weltrekord seines Landsmann Randy Barnes um gleich 25 Zentimeter auf 23,37 Meter verbessert. Crouser hatte in Eugene ein Heimspiel, er ist in Boring/Oregon geboren.

Der Sindelfinger Simon Bayer war am Freitagabend in der Qualifikation ausgeschieden. David Storl, Weltmeister von 2011 und 2013, hatte sich nicht qualifiziert.

Siebenkampf: Weißenberg Neunte nach dem ersten Tag

Sophie Weißenberg (Leverkusen) ist ordentlich in den Siebenkampf gestartet. Die 24-Jährige steht zum Abschluss des ersten Tages nach vier Disziplinen auf einem guten neunten Platz und hält mit 3692 Punkten Anschluss an die vorderen Ränge.

Weißenberg erzielte über 100 m Hürden (13,51 Sekunden) eine persönliche Bestleistung und im Kugelstoßen (13,57 m) eine Saisonbestleistung. Im abschließenden 200 Meter-Lauf ging ihr ein bisschen die Puste aus, in ihrem Lauf wurde sie mit einer Zeit von 24,06 Sekunden nur Vorletzte.

"Ich wollte deutlich unter 24 laufen. Das war ein langer Tag. Erste Weltmeisterschaften, viele Eindrücke. Ich weiß noch nicht, ob ich damit zufrieden sein kann", sagte Weißenberg im ZDF.

Die Belgierin Nafissatou Thiam, Olympiasiegerin 2016 und 2021, führt nach dem ersten Tag mit 4071 Punkten vor der Niederländerin Anouk Vetter (4010) und der US-Amerikanerin Anna Hall (3991). Die britische Titelverteidigerin Katarina Johnson-Thompson liegt mit 3798 Punkten nur auf Rang sechs.

Carolin Schäfer (Frankfurt), die 2017 in London mit Silber für die bislang letzte deutsche Medaille gesorgt hatte, ist wegen Trainingsrückstandes in Eugene nicht am Start.

Stabhochsprung: Otchere Zehnte - Doppelsieg der USA

Stabhochspringerin Jacqueline Otchere hat bei der Leichtathletik-WM in Eugene im Finale den zehnten Platz belegt. Beim Doppelsieg der USA übersprang die erst kurz vor den Titelkämpfen nachnominierte Mannheimerin am Sonntagabend 4,45 Meter.

Gold ging an Olympiasiegerin Katie Nageotte, die gleich im ersten Versuch 4,85 Meter übersprang. Zweite wurde US-Teamkollegin und Vizeweltmeisterin Sandi Morris, die die Siegeshöhe erst im zweiten Versuch schaffte. Bronze ging an Nina Kennedy aus Australien (4,80 m).

"Ich wäre gerne noch höher gesprungen, ich wäre gerne die 4,60 Meter gesprungen. Ich habe alles gegeben. Aber mir fehlt einfach die Routine, im Training, mit den Stäben und dem hohen Griff, daher hat es heute leider nicht geklappt", sagte Otchere: "In den vorherigen Wettkämpfen habe ich mir das nicht zugetraut, daher hat das heute ein bisschen gefehlt, und die Sprünge sahen nicht so aus, wie sie sollten. Eigentlich bin ich aber super stolz, dass das alles so gut geklappt hat. Ich bin ja erst letzte Woche informiert worden, dass ich dabei bin, hatte eine super Quali, da bin ich echt richtig gut gesprungen, und abgesehen davon, dass bei 4,60 Metern die Latte gefallen ist, war das auch ein guter Wettkampf."