Schäfer holt erste deutsche Medaille

SID
Carolin Schäfer holt die erste Medaille für Deutschland
© getty

Einen Tag nachdem die Ära von Megastar Usain Bolt mit einer krachenden Niederlage beendet und Robert Harting ohne Medaille von der WM-Bühne abgetreten war, sorgte Siebenkämpferin Carolin Schäfer in London für den ersten Jubel im deutschen Team: Am dritten Wettkampftag der Leichtathletik-WM (jeden Tag im LIVETICKER) erkämpfte sich die Frankfurterin Silber und weinte noch auf der Bahn Tränen der Freude.

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"Das ist ein Moment zum Genießen nach jahrelanger Arbeit, die dahinter steckt. Ich kann kaum in Wort fassen, was mir diese Medaille bedeutet", sagte Schäfer im ZDF, während der zweimalige Kugelstoß-Weltmeister David Storl (Leipzig) eine herbe Enttäuschung erlebte und mit 20,80 m das Finale der besten Acht um drei Zentimeter verpasste. Der 27-Jährige sprach später von einem "desaströsen Abschneiden", der Titel ging überraschend an Tom Walsh aus Neuseeland (22,03).

Auch Bolt hatte bei seinem letzten großen Auftritt nicht überzeugt. "Ich habe alles gegeben, was ich hatte - aber es hat nicht gereicht", sagte der Jamaikaner. Vor 60.000 Fans im Olympiastadion reichte es für Bolt im 100-m-Finale nur zu Bronze. In 9,95 Sekunden lag der elfmalige Weltmeister knapp hinter dem bereits 35 Jahre alten Justin Gatlin (9,92) und dessen jungem US-Landsmann Christian Coleman (9,94).

Bolt lobt Justin Gatlin

"Gatlin hat es verdient, ich habe gegen einen großartigen Wettkämpfer verloren", sagte Bolt, der mit minutenlangen Ovationen gefeiert wurde. Gatlin, der zwölf Jahre nach seinem Triumph von Helsinki wieder WM-Gold über 100 m holte, wurde derweil auf seiner Ehrenrunde gnadenlos ausgebuht. Der mehrfach als Dopingsünder überführte Sprinter bleibt der unbeliebteste Leichtathlet der Welt.

Kein Happy End gab es wie für Bolt, der noch in der Staffel antreten wird, auch für den dreimaligen Diskus-Weltmeister Harting. Vor den Augen seines Bruders Christoph, der sich ein Jahr nach seinem Olympiasieg nicht für die Titelkämpfe qualifizierte hatte, blieb Robert Harting mit 65,10 m im Rahmen seiner Möglichkeiten, der Rückstand auf die Medaillen war am Ende gewaltig. "Ich hatte technische Probleme, und wenn man im WM-Finale damit anfängt, die zu lösen, dann kann man nicht mehr richtig werfen", sagte Harting. Gold sicherte sich überraschend der Litauer Andrius Gudzius (69,21).

Schäfer (25) musste sich im Siebenkampf mit 6696 Punkten nur der hochfavorisierten Belgierin Nafissatou Thiam (6784) geschlagen geben. Lisa Ryzih (Ludwigshafen) verpasste Bronze im Stabhochsprung nach 4,65 m nur knapp.

Völlig aus dem Häuschen war dagegen Gina Lückenkemper, die durch ihren Vorlauf-Coup über 100 m am Samstagmorgen in die Weltspitze rannte. Grandiose 10,95 Sekunden, die im Finale für Bronze gereicht hätten, legte die 20 Jahre alte Dortmunderin hin, als zuvor letzte Deutsche war Kathrin Krabbe mit 10,91 bei ihrem WM-Titel 1991 in Tokio unter elf Sekunden geblieben.

Lückenkemper zeigt sich zufrieden

Dass sie nach 11,16 Sekunden im Halbfinale am Sonntag ausschied, ärgerte Lückenkemper nicht zu sehr. "Eine 10,95 kann man nicht jeden Tag laufen", sagte die erst 20-Jährige lächelnd im ZDF: "Gestern hatte ich ja schon alles erreicht, was ich mir für die WM vorgenommen hatte: unter elf Sekunden zu laufen und das Halbfinale." Trotz des Ausscheidens habe sie ein Zeichen gesetzt, "nämlich, dass deutscher Sprint geil ist". Gold ging am Sonntagabend in 10,85 Sekunden an Tori Bowie (USA) vor Marie Josée Ta Lou (10,86/Elfenbeinküste) und Dafne Schippers (10,96/Niederlande).

Am ersten WM-Wochenende räumten vor allem die Afrikaner mächtig ab. Im Marathon holte Geoffrey Kirui das erste Gold für Kenia. Der 24-Jährige setzte sich auf einem Rundkurs mit Start und Ziel auf der weltberühmten Tower Bridge in 2:08:27 Stunden durch. Bei den Frauen gewann die gebürtige Kenianerin Rose Chelimo (2:27:11) den ersten Titel in London für ihre Wahlheimat Bahrain. Gold im Weitsprung sicherte sich als erster Afrikaner Luvo Manyonga aus Südafrika mit 8,48 m. Über 10.000 m war Äthiopiens Weltrekordlerin und Olympiasiegerin Almaz Ayana (30:16,32) eine Klasse für sich.

Der frühere Stabhochsprung-Weltmeister Raphael Holzdeppe und Titelverteidigerin Katharina Molitor im Speerwerfen erreichten derweil das Finale. Der 27-jährige Holzdeppe (Zweibrücken) übersprang am Sonntagmorgen in der Qualifikation im dritten Versuch 5,70 m, das reichte für den Einzug in den Kampf um die Medaillen am Mittwoch (20.55 Uhr MESZ). Molitor (Leverkusen/33) warf mit 65,37 m so weit wie seit ihrem Triumph in Peking 2015 nicht mehr und greift am Dienstag (20.20 Uhr) erneut nach Edelmetall.

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