"Van Gerwen ist ein gefährlicher Jäger"

Mensur Suljovic hat in Riesa seinen ersten PDC-Titel geholt
© PDC Europe

Mensur Suljovic ist in der Form seines Lebens und zum besten deutschsprachigen Darts-Spieler avanciert. Wenn die Nummer 13 der Order of Merit weiterhin so konstant für Furore sorgt, ist der Sprung in die Top Ten nur noch eine Frage der Zeit. Vor dem World Grand Prix of Darts in Dublin (So., ab 20 Uhr live auf DAZN) hat The Gentle mit SPOX über Fankultur beim Darts, die Dominanz von Michael van Gerwen und das Vermächtnis von Phil Taylor gesprochen.

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SPOX: Herr Suljovic, viele Kritiker stempeln Darts als Kneipensport ab. Was entgegnen Sie diesen?

Mensur Suljovic: Wenn ich jemandem erkläre, dass ich Darts-Spieler bin, sagen die Personen immer: "Das habe ich auch gemacht." Ich frage dann begeistert nach und dann kommt so etwas wie "Ich habe im Pub getrunken und dann Darts gespielt." Entschuldigung? Heißt das, wenn ich einen Ball zwischen den Füßen habe, habe ich schon Fußball gespielt? Die Bezeichnung Kneipensport ist eine Beleidigung für Darts. Darts-Spieler trainieren viel mehr als Fußballspieler. Ich kenne keine Sportler, die mehr trainieren als Darts-Spieler.

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SPOX: Wie sieht Ihr Training aus?

Suljovic: Normalerweise trainiere ich jeden Tag meine eigenen Systeme, weil ich davon überzeugt bin, dass hartes Training zu 80 Prozent entscheidet. Bei der Dauer kommt es darauf an, wie viel Zeit ich habe. Manchmal trainiere ich zehn Stunden am Tag, manchmal auch ein paar Tage gar nicht.

SPOX: Kann man es auch trainieren, von 3.000 Zuschauern in der Halle ausgepfiffen zu werden?

Suljovic: Mal sind die Fans für dich, mal gegen dich. Mit dieser Situation muss man umgehen können, und das geht nur durch Training. In solchen Situationen konzentriere ich mich nur auf mein eigenes Spiel und beschäftige mich nicht mit dem Gegner. Wenn die Fans auf deiner Seite sind, kann dir das nochmal rund zehn Prozent geben.

SPOX: Ihr Training hat sich ausgezahlt, mittlerweile stehen Sie in den Top 16 der Order of Merit. Angefangen haben Sie aber eigentlich mit E-Darts. Warum sind Sie umgestiegen?

Suljovic: Ich will E-Darts keineswegs schlechtreden und ich habe dort auch einige Titel geholt, aber es mischen einfach zu viele Firmen mit. Die Umstellung ist überhaupt kein Problem und ich spiele immer noch die gleichen Darts, nur die Spitzen haben sich verändert. Viele E-Darts-Spieler trauen sich nicht, weil sie dann plötzlich rechnen müssen. Ich würde aber jedem Talent dazu raten, auf Steeldarts zu gehen, weil da mehr Geld im Umlauf ist.

SPOX: Bei Ihnen war es die goldrichtige Entscheidung. Nur ein Jahr nach Ihrem Wechsel haben Sie erstmals bei der PDC für Aufsehen gesorgt. Bei der WM haben Sie James Wade und Michael van Gerwen aus dem Weg geräumt. Hat sich damals schlagartig das Medieninteresse erhöht?

Suljovic: Als ich Wade besiegt habe, war ich überall auf dem Cover und die Zeitungen in Österreich waren ausverkauft. Das grundlegende Problem ist aber, dass während der WM zwar jeder Darts schaut und begeistert ist, im Januar ist der Rummel aber wieder vorbei. Danach vergisst in Österreich jeder Darts. Das wird uns nicht gerecht, wir bestreiten über das ganze Jahr hinweg viele Turniere und verdienen viel mehr Anerkennung.

SPOX: Wie steht es derzeit um Ihre Popularität?

Suljovic: Gott sei Dank habe ich Freunde, die bei verschiedenen Medien arbeiten und über mich berichten. Aber diese Kontakte habe ich erst seit ein paar Jahren, davor war ich ein Niemand. Da ist Deutschland auf jeden Fall schon ein Stück weiter.

SPOX: Inwiefern?

Suljovic: Wenn dort ein Spieler herauskommt und gute Leistungen liefert, wird er sofort unterstützt. Max Hopp ist ein super Freund von mir und ein toller Darts-Spieler, aber ohne die Medien wäre er noch nicht so weit. Wenn Max so weitermacht, können wir ihn in zwei bis drei Jahren ganz oben erwarten. Er ist auf einem sehr, sehr guten Weg. Hätten wir in Österreich eine ähnliche Medienlandschaft, hätten wir auch hierzulande mehr Darts-Profis.

SPOX: Wie realistisch ist ein Darts-Boom in Österreich in den nächsten Jahren?

Suljovic: Keine Chance! Aber bis ich meine Karriere beende, will ich die Jugend von der Straße holen und zum Darts bringen. Dafür habe ich extra ein Gebäude mit 150 Quadratmetern gekauft und irgendwann mache ich da eine Darts-Schule auf. Versprochen. Dort wird dann übrigens beides gespielt: Elektronik- und Steeldarts.

SPOX: Ganz neu wäre dieses Metier nicht für Sie. Immerhin betreiben Sie bereits eine Art Kneipe.

Suljovic: Ja, bis vor kurzem hatte ich sogar noch zusätzlich ein Pub, aber das habe ich an Rowby-John Rodriguez verkauft. Jetzt habe ich noch den Darts-Klub PM in Wien und betreibe nebenher mit meinem Bruder zusammen ein Restaurant.

SPOX: Das klingt nach jeder Menge Arbeit. Sind Sie finanziell gesehen auf ihren Darts-Klub angewiesen?

Suljovic: Seit dem Erfolg bei dieser WM geht es mir finanziell sehr gut. Mittlerweile kann ich gut von Darts leben, aber es gab schon andere Zeiten. Jetzt brauche ich Titel, um mich zu etablieren.

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