Basketball-WM 2023: DBB übersteht "Stinker" von Dennis Schröder: Die bösen Geister der DomRep vertrieben

Von Robert Arndt
82-schroeder
© getty

Deutschland steht zum zweiten Mal nach 2002 im Halbfinale der Basketball-WM - und das, obwohl Dennis Schröder gegen Lettland das vielleicht schlechteste Spiel seiner Karriere macht. Es ist erneut ein Anzeichen dafür, wie gut diese deutsche Mannschaft wirklich ist.

Cookie-Einstellungen

Hier geht es zum Spielbericht des Viertelfinals Deutschland gegen Lettland.

Deutschland - Lettland 81:79 (36:34)

Beste Werfer: F. Wagner (16), Obst (13), M. Wagner (12), Thiemann (10) für Deutschland - Zagars (24), Bertans (20), Smits (14) für Lettland

Basketball WM 20231. Viertel2. Viertel3. Viertel4. ViertelGesamt
Deutschland1323261981
Lettland1618252079

Alle Spiele der Basketball-WM gibt es live auf MagentaTV. Die Spiele des DBB-Teams sind für alle kostenlos.

81-dennis-thiemann
© getty

Am Ende konnte Dennis Schröder nur mit dem Kopf schütteln und lachen. Wenige Sekunden zuvor hätte Deutschland beinahe ein bisher grandioses Turnier weggeworfen. Ausgerechnet Davis Bertans stieg bei -2 aus dem Dribbling noch einmal hoch. Jener Bertans, der schon sechs Dreier in den Korb genagelt hatte, entschied in diesen Momenten darüber, ob der DBB hier ein erfolgreiches Turnier spielen würde oder eben nicht.

Ob Schröder in diesen Momenten daran dachte? Andi Obst teilte bei MagentaSport seine Gefühlswelt: "Es kam mir vor wie eine Stunde. Ich habe da alles gesehen, was passieren könnte", meinte der Bayern-Guard. Viele dieser Gedanken konnten schnell verworfen werden, der "Latvian Laser" packte etwas zu viel Pfeffer in seinen Wurf. Der Ball klatschte auf die Hinterseite des Rings, weit nach oben und Lettland bekam keine Chance mehr auf den Rebound.

Schlusssirene, Erleichterung, Umarmungen von Moritz Wagner, Freudenschreie von Johannes Thiemann.

82-schroeder
© getty

DBB: Schröder spielt in der Crunchtime Hero Ball

Man spricht in solchen Spielen gerne davon, dass man mit einem blauen Auge davongekommen ist, im Falle der Deutschen war aber schon das komplette Gesicht verfärbt. 6:42 Minuten vor dem Ende führte Deutschland noch mit 74:60, danach sah die deutsche Offense wie folgt aus:

  • Schröder-Layup MISS
  • Schröder-Pullup-Zweier MISS
  • Schröder Pullup-Zweier MISS
  • Schröder Korbleger MADE
  • Schröder Turnover (schlechter Pass)
  • Schröder And-1
  • Schröder-Dreier MISS
  • Schröder-Layup BLOCKED
  • Voigtmann-Dreier MISS
  • Schröder-Floater MISS
  • Theis-Freiwürfe nach Offensiv-Rebound
  • Schröder-Floater MISS

Man muss dieses Spiel nicht gesehen haben, um nachzuvollziehen, woran es in der Schlussphase und im Prinzip auch 40 Minuten lang gehapert hat. Das deutsche Team ist zwar sehr tief besetzt, letztlich dreht sich aber im Angriff alles um Dennis Schröder. Nach Luka Doncic kreiert der Braunschweiger prozentual die meisten Zähler für das eigene Team und tat dies in den ersten fünf Spielen auch sehr effizient.

Und gegen Lettland? Nur 9 Punkte bei 26 (!) Wurfversuchen, 0/8 von Downtown, 4 Ballverluste sowie ein Plus-Minus-Wert von -20 in einem Spiel, welches Deutschland gewann. "Das war vermutlich das schlechteste Spiel meiner Karriere", meinte der Point Guard nach dem Spiel.

Die Letten schafften es als erstes Team, den Rhythmus von Schröder zu brechen. Mit Rodions Kurucs stellten sie einen langen Gegenspieler gegen den deutschen Kopf der Schlange, dazu brachte Coach Luca Banchi seinen besten Switch-Verteidiger mit Andrejs Grazulis in die Starting Five, womit das Schröder-Theis-Pick'n'Roll beinahe komplett eliminiert wurde.

83-schroeder
© getty

DBB: Schröder tappt in die lettische Falle

Letztlich kopierten die Letten in Teilen den defensiven Gameplan der Australier, als Deutschland mit deren Switch-Defense ähnliche Probleme hatten. Mit unfassbaren Shotmaking konnten Schröder und Lô das damals kaschieren, das funktionierte gegen die Letten nicht.

"Dennis ist menschlich. Er hatte heute ein schweres Spiel", drückte es Coach Gordon Herbert noch diplomatisch aus. Der Korb war wie zugenagelt für den Raptors-Guard, der satte zwölf Würfe in Serie zum Start vergab. Erst nach 22 Minuten ging der Ball mal durch die Reuse, doch Rhythmus hatte Schröder keinen. Auch Herbert erkannte dies, wartete etwas länger als sonst im vierten Viertel, um den Kapitän zurückzubringen. Bei +11 tat er es und prompt bekam Deutschland wieder Probleme.

Es war einfach nicht sein Spiel, das kann passieren. Was allerdings umso unglücklicher war, war der Umstand, dass Schröder die Partie am Ende doch im Alleingang gewinnen wollte. Es war schlichtweg Hero Ball, was in den letzten fünf Minuten zu sehen war. Das Ball-Movement war nicht mehr existent, genau das wollten die Letten erreichen.

Gleichzeitig vergab Schröder auch jede Menge Würfe, die er sonst im Schlaf verwandelt. Einfache Leger hoppelten wieder raus, auch einige Jumper hätten durchaus fallen können. Das alles trug aber dazu bei, dass sich Schröder nie wirklich wohl fühlte. In Halbzeit eins verweigerte er einige Male den Drive, als er Mismatches gegen Bertans hatte, nach dem Wechsel wurde er in der Crunchtime von "Latvian Laser" sogar abgeräumt.

84-wagner
© getty

DBB: Schröder von der Second Unit gerettet

Die Starting Five funktionierte in diesen Momenten nicht mehr, Herbert reagierte hier sehr spät und brachte zumindest Johannes Thiemann und Isaac Bonga für mehr Defense in den letzten beiden Minuten zurück. Offensiv halfen beide nicht, stattdessen scorte Deutschland nur noch nach einem Offensiv-Rebound von Daniel Theis. Das letzte Field Goal markierte Schröder selbst per And-1 - 2:56 Minuten vor dem Ende.

Der zuvor nicht zu stoppende Franz Wagner sah dagegen kaum noch einen Ball, dabei war er es doch, der zu Beginn des vierten Viertels Deutschland das letztlich entscheidende Polster verschafft hatte, was auch Schröder anerkannte. "Ich bin so stolz auf meine Mitspieler, dass sie heute ihr Spiel noch einmal auf ein neues Level gehoben haben. (...) Alle haben mich getragen und sehr geil gespielt."

Angesprochen dürfen sich auch Moritz Wagner und Johannes Thiemann fühlen, die sinnbildlich für die bärenstarke zweite Fünf der Deutschen standen. Deutschland ist nicht mehr nur Dennis Schröder, vor einigen Jahren hätte man solch ein Spiel zu 100 Prozent verloren.

Man erinnere sich nur an den schwärzesten Tag der jüngeren deutschen Basketball-Geschichte, als der DBB der Dominikanischen Republik unterlag und schon in der Vorrunde ausschied. Auch damals hatte Schröder einen schwarzen Tag (20 Punkte, 5/18 FG), die Kritik am Point Guard war (zurecht) enorm.

85-wagners
© getty

DBB: Die Wagner-Brüder machen den Unterschied aus

Der Unterschied heute? Vor allem die Wagner-Brüder, ohne allen anderen Spielern im Kader etwas wegzunehmen. Franz Wagner ist mit seiner Größe, seinen Skills und seiner Beweglichkeit ein absoluter Luxus, Bruder Moritz spielt ebenfalls ein famoses Turnier und agiert in jedem Spiel, als ob es sein Letztes wäre. Das ist nicht selbstverständlich, spricht aber erneut für diese Mannschaft.

Zur Belohnung gibt es jetzt das Date mit den USA, was ein komplett anderes Spiel werden dürfte. All das, was heute gegen Lettland passiert ist, kann weggewischt werden. Deutschland steht in einem WM-Halbfinale, ist ungeschlagen und hat auch dank des kanadischen Siegs gegen Slowenien das Olympia-Ticket in der Tasche.

"Irgendwann kommt ein Stinker", merkte Herbert an, diesen hat Deutschland überlebt. "Deutschland ist im Halbfinale der WM, alles andere ist mir scheißegal", meinte Moritz Wagner und dagegen lässt sich nicht argumentieren. Deutschland gehört zur Weltspitze und wird den USA einen großen Kampf bieten. Und eines sollte sicher sein: Noch einmal wird Dennis Schröder nicht einen solch gebrauchten Abend haben.