Basketball-WM - DBB-Zeugnisse der Weltmeisterschaft: Der Star war immer die Mannschaft

Von Robert Arndt
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Deutschland ist Weltmeister und das gelang vor allem dank einer grandiosen Teamleistung. Wir bewerten alle zwölf WM-Helden und natürlich auch den Coach.

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Acht Spiele, acht Siege. Besser geht es nicht. Der DBB schrieb sein eigenes Sommermärchen. Dennis Schröder ragte natürlich als MVP heraus, doch wie der Braunschweiger auch selbst immer wieder betonte, ist dieser Titel vor allem ein Erfolg einer perfekt funktionierenden Mannschaft, was sich auch in den Noten widerspiegelt.

DBB: Die Ergebnisse bei der Basketball-WM 2023

GegnerErgebnisPhase
Japan81:63 (S)Gruppenphase
Australien85:82 (S)Gruppenphase
Finnland101:75 (S)Gruppenphase
Georgien100:73 (S)Zwischenrunde
Slowenien100:71 (S)Zwischenrunde
Lettland81:79 (S)Viertelfinale
USA113:111 (S)Halbfinale
Serbien83:77 (S)Finale
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Dennis Schröder

  • Alter: 29
  • Verein: Toronto Raptors (USA)
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828,619,143,532,76,11,4

Wir schieben an dieser Stelle die Partie gegen Lettland zur Seite, denn abgesehen von diesem Horrorspiel machte der Braunschweiger im Verlaufe des Turniers fast alles richtig. Mit nun fast 30 Jahren ist Schröder zu einem Spielmacher und Anführer herangereift, der versteht, was sein Team in welcher Situation braucht.

Exemplarisch dafür standen seine Spiele gegen die USA und Serbien. Schröder trat nicht so balldominant wie in früheren Jahren auf, stattdessen vertraute er seinen Mitspielern und machte selbst kaum Fehler. Auch defensiv war er das komplette Turnier über voll auf der Höhe und nahm Herausforderungen wie Duelle gegen Bogdan Bogdanovic oder Anthony Edwards an.

Es ist der beste Schröder, den wir je gesehen haben. Und wenn nötig, drückte er in der Crunchtime noch einmal aufs Gaspedal. Der kurze Jumper nach Iso gegen Austin Reaves, der Korbleger gegen Klette Aleksa Avramovic im Finale. Als es wichtig wurde, war Schröder bereit für den Moment und brachte die Siege über die Ziellinie. Das alles macht ihn zu einem verdienten MVP. Es ist sein persönliches Vermächtnis.

Note: 1

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Andreas Obst

  • Alter: 27
  • Verein: FC Bayern München
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823,610,448,144,72,00,4

Was sollen wir zu Andi Obst noch sagen? Das Halbfinale wird als das Andi-Obst-Spiel in die deutsche Basketball-Geschichte eingehen. Noch heute fragen sich diverse US-Amerikaner, wer denn eigentlich dieser deutsche Klay Thompson ist. Wie er in der Schlussphase Tyrese Haliburton fliegen ließ, ist eines der Bilder des Turniers und war umgehend ein Meme.

Vor dem Turnier hatten wir Obst als X-Faktor ausgemacht und genau das war er dann auch. Nach einem etwas holprigen Start fing Obst im Verlauf des Turniers ordentlich Feuer und zählte wie schon im Vorjahr zu den besten Dreierschützen.

Was dem Ganzen aber die Krone aufsetzt, war sein verbessertes Playmaking. Obst ist nicht mehr nur ein Shooter, sondern hat Counter Moves entwickelt, um so seinem Team zu helfen. So hat sich Obst zu einem der besten Rollenspieler in Europa entwickelt. Die Bayern können sich glücklich schätzen, dass sie den Vertrag mit Obst schon im Frühjahr um drei Jahre verlängerten.

Note: 1,5

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Maodo Lô

  • Alter: 30
  • Verein: Olimpia Milano (Italien)
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816,36,645,543,82,50,6

Lô hatte seinen großen Moment vor allem gegen Australien, als er mit seinem Run zu Beginn des Viertels den DBB über Wasser hielt und mit half, dass man ohne große Probleme die K.o.-Runde erreichte. Auch seine sechs verwandelten Dreier gegen Georgien bei sechs Versuchen werden hängenbleiben.

In den Do-or-Die-Spielen nahmen seine Minuten dann deutlich ab, dennoch war er in seiner Spielzeit ein kompetenter Ballhandler, dem Gordon Herbert zurecht vertraute.

Note: 2,5

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Justus Hollatz

  • Alter: 22
  • Verein: Anadolu Efes (Türkei)
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69,62,038,533,31,00,5

Es war aufgrund kleinerer Verletzungen eine Vorbereitung zum Vergessen für Hollatz, während des Turniers deutete der 22-Jährige aber an, dass er auch in den kommenden Jahren in der Nationalmannschaft eine größere Rolle übernehmen könnte.

Sein Ballvortrag ist sehr gut, gleiches gilt für seine Übersicht. Setzte auch defensiv mit hohem Druck gegen den Ball in seinen Minuten immer wieder Zeichen. Hollatz war bereit für dieses Niveau, nun gilt es weiter am eigenen Shotmaking zu arbeiten. Wenn der Hamburger irgendwann auch in der Lage ist, besser und mehr für sich selbst zu kreieren, dann hat der DBB einen weiteren Point Guard auf sehr gutem Niveau. Und mit 22 Jahren bleibt noch jede Menge Zeit für seine Entwicklung.

Note: 3

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David Krämer

  • Alter: 26
  • Verein: Covirán Granada (Spanien)
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54,22,850,050,01,00,5

Es war von vornherein klar, dass Krämer als zwölfter Mann mitfahren würde und der Shooter erledigte entsprechend seinen Job. Blieb auf der Bank immer positiv und wenn er dann gebracht wurde, lieferte er sofort. In den 17 Minuten Garbage Time, die er erhielt, verwandelte Krämer drei seiner sechs Dreier und wirkte stets bereit. Mehr kann man von einem zwölften Mann nicht erwarten.

Note: 3

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Franz Wagner

  • Alter: 22
  • Verein: Orlando Magic (USA)
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429,616,842,925,06,53,0

Gott sei Dank bekamen die deutschen Physios Wagners Knöchel für die K.o.-Spiele wieder in Ordnung. Schon gegen Lettland war schnell ersichtlich, wie wichtig Wagner für diese Mannschaft war, als er mit seinem Bruder den entscheidenden Run einläutete. Was dieser Junge mit 22 Jahren schon spielt und mit welcher Selbstverständlichkeit er das macht, war beeindruckend.

Schon jetzt ist Wagner einer der besten Spieler in Transition, weil er mit Tempo und seinem sicheren Ballhandling kaum noch zu stoppen ist. Der Eurostep bleibt eine Augenweide, aber auch sein Post Game ist noch einmal besser geworden und aufgrund seiner Größenvorteile eine echte Waffe.

Das gilt auch für die Defense, was vor allem im Finale ersichtlich war. Wagner nahm hier Serbiens Point Guard Stefan Jovic komplett aus dem Spiel, sammelte drei Steals ein und ging im Angriff elfmal an die Freiwurflinie. Wagner ist schon jetzt einer der besten Flügelspieler Europas und wird auch in der NBA seinen Weg gehen, dafür muss man inzwischen kein Prophet mehr sein.

Note: 1,5

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Isaac Bonga

  • Alter: 23
  • Verein: FC Bayern München
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820,27,870,042,92,31,4

Wer hätte vor dem Turnier gedacht, dass Isaac Bonga so wichtig werden würde? Nicht nur vertrat er Franz Wagner in dessen Abwesenheit phänomenal, sondern war in den K.o.-Spielen defensiv so gut, dass Gordon Herbert mit ihm im Lineup Spiele beendete. Und Bonga bestätigte dieses Vertrauen.

Sowohl gegen die USA als auch gegen Serbien lieferte der Bayern-Forward defensive Big Plays in der Crunchtime und rieb sich gegen die besten Scorer auf dem Flügel leidenschaftlich auf. Seine Fähigkeit, sowohl Guards als auch Forwards zu checken, passt einfach hervorragend zum System von Herbert und machte Deutschland defensiv auch so stark.

Das alles war auch möglich, weil Bonga im Angriff gerade so viel machte, dass er kein Minus war. Mit Ausnahme des Auftaktspiels gegen Japan verwandelte der 23-Jährige immer mindestens einen Dreier aus der Ecke und konnte auch beim Ballhandling aushelfen, als zum Beispiel Schröder im Finale massiv unter Druck gesetzt wurde. All das machte Bonga in diesem Turnier zu einem Rollenspieler, wie ihn sich jeder Coach wünscht.

Note: 2

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Niels Giffey

  • Alter: 32
  • Verein: FC Bayern München
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710,43,142,141,70,90,7

Durch die Anwesenheit von Bonga gingen die Minuten von Giffey im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurück, in den letzten drei Partien fielen für den Bayern-Shooter nur noch zusammengerechnet drei Minuten ab.

Aber auch Giffey rechtfertigte schon viel früher das Vertrauen in ihn. Durch den Wagner-Ausfall war er gefragt und fügte sich nahtlos ein. Sein Dreier fiel, er lief kluge Cuts und spielte Defense im Rahmen seiner Möglichkeiten.

Note: 3

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Johannes Voigtmann

  • Alter: 30
  • Verein: Olimpia Milano (Italien)
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820,35,458,640,06,33,0

Das Beste hob sich "Jumbo Joe" für den Schluss auf. Wie Voigtmann im Finale den bis dahin besten Center dieses Turniers - Nikola Milutinov - kalt stellte, war großes Kino, dazu kamen weitere Big Plays im Angriff wie ein verwandelter Eckendreier im vierten Viertel. Ein Wurf, welcher im Vorjahr so nicht fallen wollte.

Seine Stats erzählen ohnehin nicht die ganze Geschichte. Voigtmann hatte eine enorme Präsenz unter dem Korb, zog Rebounds fast schon magnetisch an und war offensiv mit einem hohen IQ eine beruhigende Präsenz für das DBB-Team. Hin und wieder hätte man sich ein wenig mehr Egoismus gewünscht, so ist Voigtmann aber einfach nicht gepolt.

Stattdessen war er stets auf der Suche nach dem Extrapass oder dem freien Schützen. Wie viele Center gibt es schon, die den Ball an der Dreierlinie bekommen, per Fake den Drive starten und dann immer wieder punktgenau die Mitspieler finden? Voigtmann kann es und war ein wichtiges Element der deutschen Offense.

Note: 2

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Daniel Theis

  • Alter: 30
  • Verein: Indiana Pacers (USA)
SpieleMINPTSFG%3P%REBAST
821,810,959,410,05,41,9

Es gab durchaus Zweifel vor dem Turnier, ob Theis aufgrund seiner gebrauchten Saison in Indiana bei der WM liefern könnte, im Nachhinein war das Unsinn. Theis war der Anker der deutschen Defense, wirkte so spritzig wie seit Jahren nicht mehr und war auch im Angriff ein wichtiger Faktor.

Das Schröder-Theis-Pick'n'Roll bleibt eine Konstante, dazu war der Big Man stets in der Lage das Feld breit zu machen und seine Jumper zu versenken. Auch mit seiner Gravity als Roll Man enorm wichtig. Erstaunlich war dazu, wie sicher sein Abschluss war. Hier bewies Theis guten Touch, vor allem bei seinen kurzen Floatern.

Trotzdem war es vor allem seine Defense, die für Deutschland so wichtig war. Theis verteidigte Center, switchte auf Guards und konnte dann auch vor diesen bleiben, wenn es nötig war. Im Vergleich zur EuroBasket war das noch einmal eine Steigerung.

Note: 1,5

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Moritz Wagner

  • Alter: 26
  • Verein: Orlando Magic (USA)
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817,611,960,447,14,81,1

Wagners einziges Vergehen bei diesem Turnier war der fragwürdige Oberlippenbart, doch wer so aufspielt, dem sei das vergönnt. Wenn Wagner auf dem Feld war, dann war dies sofort spürbar. Sein Scoring und die Fähigkeit, selbst mal den Ball in die Hand zu nehmen, wurde bei der EuroBasket vermisst, meist hatte er auf der Vier Größenvorteile und nutzte dies mit seiner Power gnadenlos aus.

Kein anderes Team hatte auf den großen Positionen so viel Qualität, das lag auch an Wagner, der in limitierten Minuten mit zwei Ausnahmen stets zweistellig scorte und mit Ausnahme des USA-Spiels immer ein positives Plus-Minus vorweisen konnte. Seine Energie mit der Second Unit war ansteckend und auch defensiv ein wichtiger Faktor.

Hier und da verschlief Wagner zwar eine Rotation, das machte er mit seinem unermüdlichen Einsatz aber meist wett. Dafür sprechen auch seine 8 Steals, die er in ebenso vielen Spielen ansammelte.

Note: 2

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Johannes Thiemann

  • Alter: 29
  • Verein: Alba Berlin
SpieleMINPTSFG%3P%REBAST
818,57,075,940,04,31,0

Alles, was wir über Wagner schrieben, trifft auch auf Thiemann zu. Der Alba-Big glänzte als switchender Fünfer, starker Rebounder und als Büffel unter dem Korb. Wann auch immer Thiemann den Ball in Korbnähe hatte, waren dies fast schon zwei sichere Punkte.

Dabei räumte Thiemann nicht nur den Müll auf, sondern kreierte per Drive oder aus dem Post-Up auch beständig für sich selbst. Die Mischung aus Athletik und Skill war ein weiterer Luxus für die Deutschen, die so zwischen Voigtmann, Theis, Wagner und Thiemann munter durchwechseln und je nach Matchup sich anpassen konnten.

So hatte Thiemann zum Beispiel gegen die Letten seinen großen Auftritt, Voigtmann gegen die Serben und Theis gegen die USA.

Note: 2

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Gordon Herbert

Was muss bei Herbert nach dem letzten Buzzer da alles abgefallen sein? Das Bild des zusammengekauerten Bundestrainer, der über drei Wochen kaum Emotionen zeigte, sagte vieles über den Mann aus, der im September 2021 dieses Team übernahm und inzwischen so sehr an Profil gewonnen hat.

Herbert hat eine Einheit geformt, die Spieler folgen ihm beinahe blind. Vor allem die Beziehung zu Schröder war ein Schlüssel und das zeigte sich vor allem in den Spielen gegen Slowenien und Lettland. Der Zoff in der Auszeit hätte ein Wendepunkt sein können, doch Herbert meisterte diese Situation, indem er Schröder kurz auf die Bank setzte und sich auch selbst entschuldigte, weil er dezent handgreiflich wurde.

Es zeugte von Größe und war gutes Krisenmanagement. Gleiches galt für das Viertelfinale, als er Schröder dabei zusah, wie dieser Deutschland fast aus dem Turnier schoss. Herbert vertraute seinem Star, der zahlte es in den beiden letzten Spielen zurück.

Note: 1

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