Sollten nicht nur Einzeltäter, sondern ein gesamter Verband in die Manipulationen verstrickt gewesen sein, müsse man umfassende Sanktionen ins Auge fassen. "Dann stellt sich die Frage nach einer Kollektivstrafe. Doch dafür müssten klar Beweise vorliegen", sagte der Top-Funktionär im Interview mit dem SID.
Mit den Ergebnissen des ersten McLaren-Reports allein habe man juristisch jedoch noch keine klare Handhabe, sagt Kasper. "Bislang gibt es ja nur - so wie ich gehört habe - die Aussagen des früheren Moskauer Laborleiters und Kronzeugen Grigori Rodtschenkow. Ich weiß nicht, ob die Aussage einer einzelnen Person ausreicht, solche Strafen auszusprechen."
Der 72 Jahre alte Schweizer ist überzeugt, dass der Abschlussbericht von McLaren weitere brisante Belege für das russische Staatsdoping liefern wird. "Man hat ja im ersten Teil des Berichts gesehen, wohin die Reise geht", sagte Kasper.
Bei der Präsentation des ersten Teils seines Reports am 18. Juli hatte der Kanadier Russland ein von höchsten staatlichen Stellen gelenktes und weit verbreitetes Doping-System in der Zeit von 2011 bis 2015 bescheinigt. Kasper und die weiteren Mitglieder der mächtigen IOC-Exekutive, die unter der Leitung von Präsident Thomas Bach am Mittwoch und Donnerstag in Lausanne tagt, werden vor der Veröffentlichung des Abschlussberichts von McLaren oder der WADA nicht über Inhalte informiert.