Ein Jahr wie Urlaub in Minas Morgul

Von SPOX
Das Jahr 2016 hatte allerhand zu bieten
© getty

Was war 2016 doch für ein herausragendes Kackjahr. Das Sommermärchen war gekauft, ganz Russland gedopt, Olympia elend und die Frage bleibt: Braucht es Cristiano Ronaldo wirklich? Wenigstens in Jogis Hose war am Ende alles gut. Ein immer vollkommen ernst gemeinter Rückblick.

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A wie Aedes aegypti: Das Positive vorneweg: Die Olympischen Spiele in Rio fanden statt. Es ist niemand im Todestümpel Guanabara Bay verendet und es gab sogar eine Hand voll netter Geschichten. Stabhochspringer Hiroki Ogita riss die Latte mit seinem Penis, Usain Bolt nahm völlig überraschend drei Siegerurkunden mit heim und im Hockey (das ohne Eis) gab's dieses Jahrhundertspiel. Solche Sachen. Auf der anderen Seite: Leere Stadien, pfeifende Zuschauer, Amerikas dümmste Seekuh, die einen Überfall erfand und ein grünes Siffbecken für die Turmspringer. Dazu eine Neckbreaker-Radstrecke vom allerfeinsten, Schüsse auf einen Journalistenbus und als Kirsche obendrauf eine putzige Mücke mit dem putzigen Namen Aedes aegypti, die als Zika-Überträger für Panik sorgte. Die schlechtesten Spiele aller Zeiten, polterten nicht wenige Athleten. Der dunkle Lord Thomas Bach und das IOC beweihräucherten sich nach dem Event, für das durch Dopingskandale und die Umsiedlung und Vertreibung tausender Menschen der Olympische Gedanke endgültig zu Grabe getragen wurde, trotzdem noch selbst...

B wie Blumenbeet: Egal, ob man jeden Morgen zum Wachwerden erstmal sein CR7-Poster ableckt, oder ihm bei jedem Ballkontakt am liebsten eine knallen würde - man muss zugeben: 2016 war das Jahr von Cristiano Ronaldo. Europameister, Champions-League-Sieger, Klub-Weltmeister, Supercup-Sieger, Europas Fußballer des Jahres, Weltfußballer... da ist Luft nach unten. Und als er im Juli im EM-Finale weinend auf dem Rasen lag und später als Abwehrmaßnahme von der Bank aus die französischen Außenstürmer beinahe mit seinem eigenen Coach beworfen hätte, da fühlten viele Ronaldo-Hasser eine beklemmende Sympathie. Doch CR7 wäre nicht CR7, wenn er das in der Zwischenzeit nicht wieder in den Griff bekommen hätte. Denn er ist nun mal der Typ, der sich in Unterwäsche im Blumenbeet liegend fotografieren lässt, der vollkommen deplatzierte PR-Ansagen an syrische Kinder in die Welt schießt und Weihnachten per Selfie mit sich selbst als Wachsfigur feiert. Keine Angst also, man darf sich gerne wieder fragen: Braucht's diesen Menschen wirklich?

C wie Cavaliers Way: Wenn die Leute anfangen, Straßen nach einem zu benennen, dann hat man etwas verdammt richtig gemacht. Diese vollkommen geisteskranken NBA-Finals 2016 gewonnen, zum Beispiel. Für alle, die nicht wirklich firm auf dem Gebiet des Korbballs sind: Die Cavs drehten als erstes Team der Geschichte ein 1:3 in den Finals, angeführt von einem gewissen LeBron James, der sich nicht nur dank The Block (siehe unten) endgültig unsterblich machte. Das alles auch noch gegen die Warriors, die noch nie dagewesene 73 Siege und einen noch nie dagewesenen, gegenstimmenlosen MVP Steph Curry - der seinerseits noch nie dagewesene 402 Dreier in der kompletten Season geworfen hatte - in der Bewerbungsmappe für den Titel stehen hatten. Tja, manchmal läuft's eben. In Independence, Ohio, gibt's jetzt jedenfalls einen Cavaliers Way, in Akron einen King James Way und in Mexico, Missouri, den Tyronn Lue Boulevard. Für Golden State gab's als Trostpreis einen Kevin Durant. Als Mensch. Immerhin.

D wie Defense Wins Championships: Schöner hätte der grundsätzlich zu Pathos neigende US-Amerikaner den Super Bowl nicht planen können: Peyton Manning gewann entgegen aller Unkenrufe fast schon märchenhaft seinen zweiten Ring und gab kurz darauf unter Tränen seinen Rücktritt bekannt. Klingt auch viel geiler, als ein halbinvalider und Dead Ducks werfender Opa, der von einer surreal guten Broncos-Defense irgendwie ins Ziel gerettet wurde. Naja, besser als Brock Osweiler muss er ja gewesen sein (Grüße an dieser Stelle nach Houston. Haha. Trottel). Auf jeden Fall darf Kollege Manning nach seinem Rücktritt jetzt endlich seine liebsten Hobbies zum Beruf machen: Papa John's Pizza mampfen und Budweiser saufen, bis der Nabel glänzt.

E wie Ethisch nicht vertretbar: War laut IOC die Teilnahme von Julia Stepanowa an den Olympischen Spielen in Rio. Kurzer Reminder: Stepanowa war es, die als Whistleblowerin entscheidend dazu beigetragen hatte, das russische Staatsdopingsystem (siehe L wie Loch in der Wand) aufzudecken. 271 andere russische Athleten durften trotzdem an den Start. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt...

F wie Fußballgott, Schweinsteiger: Nach 121 Spielen als Weltmeister und profiliertester Spieler der jüngeren DFB-Geschichte zurückgetreten, dazu Ana Ivanovic langfristig gebunden - war ganz schön was los beim Herrn Schweini im Sommer. Nur bei Manchester United läuft's nicht wirklich rund. Dort hat Welttrainer Jose Mourinho bei der erfolgreichen Mission, seine Kirmestruppe um Paul, Zlati und Henrich im oberen Mittelfeld der Premier League zu etablieren, keine Verwendung für den Fußballgott. Im defensiven Mittelfeld spielt eben schon Marouane Fellaini. Und an dessen Haaren gibt's leider kein Vorbeikommen.

G wie Gammaeulen: Das Einzige, worauf sich die SPOX-Redaktion 2016 mehr gefreut hatte, als auf das neue Metallica-Album, war die Europameisterschaft in Frankreich. Konnte ja keiner ahnen, dass ein paar Huh-rufende Wikinger und eine Hand voll besoffener Iren die Highlights werden sollten. Die räudige EM fand dann wenigstens in Portugal einen angemessen räudigen Sieger: Als drittbester Gruppendritter - drei Unentschieden, immerhin - ins Achtelfinale gemogelt und mit einem einzigen gewonnen Spiel nach 90 Minuten Europameister. Na herzlichen Glückwunsch. Wahre Champions. Aber Hauptsache dafür vor dem Finale das Licht im Stadion über Nacht anlassen, tausende Autographa gammas - dem unkundigen Insektenlaien wohl eher als Gammaeule ein Begriff - herbei locken und dann verrecken lassen. UND dann noch David Guetta engagieren. Keine Ahnung, was schlimmer ist.

H wie Hundertfünfmillionen Euro: Hat Manchester United für Paul Pogba gezahlt. Reicht als Witz, oder?

I wie Ich weiß von nix!: Was, das Sommer-Märchen 2006 war gekauft? Gibt's ja nicht. Wolfgang Niersbach von der Ethik-Kommission der FIFA suspendiert? Och. Ermittlungen gegen Theo Zwanziger und Kaiser Ichweißvonnixundunterschreibeeinfachalles lebt mittlerweile vollkommen aus der Öffentlichkeit zurückgezogen? Hau mir eine mit der Schaufel. Dabei geht das bei der FIFA und den WM-Vergaben doch immer so sauber zu. Und jetzt unsere WM? Die in DEUTSCHLAND?!

J wie Jogis Hodensack: Einen kurzen korrigierenden Eingriff und einen flüchtigen Schnüffler - mehr brauchte es nicht, um im Juni eine mittelschwere Staatskrise heraufzubeschwören. Der Bundes-Jogi hatte sich am Hodensack gerochen. O. M. G. Ein ARD-Brennpunkt wurde ganz knapp nicht ausgestrahlt, eine Flutwelle an Empörung, voll witzigen Social-Media-Reaktionen, Kommentaren bis hin zu Experten-Interviews gab's natürlich trotzdem. Der Einzigartigkeit der Sache angemessen. Am Schluss musste Poldi einschreiten und entschärfen: "80 Prozent von euch kraulen sich doch auch an den Eiern." Mach 100 draus, Poldi. *kratz* *schnüffel*

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