Sinkewitz mit Rückenwind

SID
Patrick Sinkewitz wird nach dem Pechstein-Urteil ebenfalls klagen
© getty

Nach dem juristischen Coup von Eisschnellläuferin Claudia Pechstein vor dem Oberlandesgericht München lassen weitere Prozesse vor nationalen Gerichten nicht lange auf sich warten.

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Radprofi Patrik Sinkewitz kündigte im Gespräch mit dem "SID" an, bis spätestens März seine Klage einzureichen. Die verurteilte Dopingsünderin Evi Sachenbacher-Stehle könnte die nächste sein.

"Das Urteil in Sachen Claudia Pechstein untermauert unsere Rechtsauffassung. Die Klage des Herrn Sinkewitz auf Nicht-Anerkennung des CAS-Urteils wird voraussichtlich noch im Februar oder März vor dem zuständigen nationalen Zivilgericht in Deutschland eingereicht", sagte Sinkewitz-Anwalt Rainer Cherkeh dem "SID".

Sinkewitz war im Februar 2014 durch den Internationalen Sportgerichtshof CAS wegen Dopings für acht Jahre gesperrt worden. Die drei CAS-Richter hatten den Freispruch durch das deutsche Schiedsgericht DIS aufgehoben und den heute 34-Jährigen wegen eines positiven Tests auf das Wachstumshormon HGH bei einem Rennen in Lugano 2011 für schuldig befunden. Der CAS ist die letzte Instanz der Sportgerichtsbarkeit.

"Die Uhr tickt"

Ex-Biathletin Evi Sachenbacher-Stehle erwägt ebenfalls eine Klage gegen den Weltverband IBU. Sie behalte sich "rechtliche Schritte in Form einer Schadenersatzklage vor", hatte die im November zurückgetretene Sportlerin gesagt. Die IBU hatte die 34-Jährige nach einem positiven Dopingbefund bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi zunächst für zwei Jahre gesperrt, der CAS reduzierte die Strafe später auf sechs Monate.

Nach Auffassung von Cherkeh werden schnell weitere Schadenersatzklagen folgen und den deutschen Sport vor große Probleme stellen, da die derzeit praktizierte Schiedsgerichtsbarkeit nicht haltbar sei: "Die Uhr tickt. Da muss sich rasch etwas ändern, sonst haben die deutschen Verbände bald ein Regress-Problem."

Michael Vesper, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), sieht nach dem Pechstein-Urteil noch keinen Grund zur Sorge. "Es handelt sich um ein Zwischenurteil, das jetzt vom Bundesgerichtshof noch einmal überprüft werden muss", betonte der Ex-Politiker. Das Gericht habe generell die Sportgerichtsbarkeit bestätigt, betonte Vesper, räumte aber auch ein, dass das OLG beim CAS Reformen angemahnt habe.

4,4 Millionen-Klage zugelassen

Cherkeh teilte die Kritik des OLG, das im Pechstein-Prozess den Schiedszwang sowie die Monopolstellung des CAS für unwirksam erklärt hatte. Er sieht in ähnlichen Fällen derzeit keine Alternative für deutsche Sportler, als vor ein staatliches Gericht zu ziehen, zumal es dort anders als beim CAS Prozesskostenhilfe gibt und der Athlet nicht alles nur in Englisch oder Französisch lesen und verstehen muss. In Pechsteins Fall glaubt Cherkeh an einen Erfolg der Athletin: "Ich gehe davon aus, dass der BGH wie das OLG urteilt."

Das OLG München hatte am Donnerstag in München die Schadenersatzklage über 4,4 Millionen Euro der fünfmaligen Olympiasiegerin Pechstein gegen den Weltverband ISU zugelassen. Damit eröffnete die Kammer der Athletin die Chance, ihr Verfahren wegen einer zweijährigen Sperre vor einem staatlichen Gericht neu aufrollen zu lassen.

"Ganz klar Opfer gewesen"

Die ISU kündigte Revision an, damit wird der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einigen Monaten entscheiden, ob und wann es zu einer neuen Verhandlung kommt.

Derweil erhielt Pechstein Unterstützung von der Experten-Kommission des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). "Für mich ist sie ganz klar Opfer gewesen. Die Experten sind sich sicher, dass ein Fehlurteil vorgelegen hat", sagte der Vorsitzende der Kommission, Wolfgang Jelkmann, in der "MDR"-Reportage "Der Fall Pechstein" über den Schiedsspruch durch die Sportgerichte, die Pechstein gesperrt hatten. Der Leiter des Instituts für Physiologie in Lübeck steht der im Oktober 2014 eingesetzten Expertengruppe vor, die den Fall Pechstein neu bewerten soll.