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NBA Playoffs - Erkenntnisse zu Warriors vs. Lakers: Stephen Currys Notfallplan und LeBrons möglicher Konter

Von Stefan Petri
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Die Golden State Warriors haben sich bei den Los Angeles Lakers für die Pleite in Spiel 1 revanchiert und die Playoff-Serie in den Western Conference Semifinals ausgeglichen. Dabei zeigte der Champion mehrere taktische Kniffe, mit denen LeBron James und Co. überhaupt nicht klarkamen.

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Brauchen die Warriors einfach nur vier Shooter auf dem Court, um Stephen Currys Stärken voll auszuspielen? Baut Steve Kerr seine Starting Five erneut um? Was war mit Anthony Davis los? Und wie kann LeBron in der Serie doch noch glänzen? Die Erkenntnisse zu Spiel 2.

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Golden State Warriors: Stephen Curry und der Notfallplan

Machen wir uns nichts vor: Die Warriors bilden sich schon ein bisschen was darauf ein, dass sie im Gegensatz zum Großteil der Liga nicht dem schnöden Pick-and-Roll verfallen sind. Stattdessen setzt das Team von Steve Kerr seit Jahren auf Ball Movement, auf Bewegung abseits des Balls, auf Read-and-React-Spielzüge, die gar nicht so leicht zu erlernen und noch schwerer zu meistern sind.

Aber manchmal wird die Pick-and-Roll-Dosis dann doch erhöht. Wenn gar nichts anderes mehr hilft, Stichwort: "Im Notfall Scheibe einschlagen". Dann bekommt Curry den Ball in die Hand gedrückt und darf 08/15-Basketball spielen: viel dribbeln, viele Picks von Draymond Green, Kevon Looney und Konsorten. Das war in Spiel 7 gegen die Kings soweit, als Steph den Ball so dominierte wie vielleicht noch nie zuvor.

Diesmal war es ebenfalls vonnöten, in einem Must-Win-Spiel gegen die Lakers: Von 22 Pick-and-Rolls in Spiel 1 (in 38 Minuten) auf 24 Pick-and-Rolls in gerade mal 30 Minuten - wäre es im Schlussviertel eng gewesen, hätten wir es wohl noch deutlich öfter gesehen (gegen die Kings waren es in Spiel 7 stolze 42).

Es ist nicht gerade Currys bevorzugte Spielweise, den Ball so zu dominieren. Aber er kann, wenn er es muss - und dann zeigt sich auch, dass der 35-Jährige ein ganz hervorragender Spielmacher ist, wenn auch manchmal ein bisschen zu leichtsinnig. 12 Assists verteilte er gegen die Lakers, so viele wie in den Playoffs seit 2015 (!) nicht mehr. 8/10 trafen seine Teamkollegen nach seinen Pässen in Halbzeit eins, eine unglaubliche Quote. "Wir können unterschiedliche Stile spielen. Auch ich kann das", sagte Curry.

Und dann wären da noch die 9 Assists von Draymond Green, die zu einem nicht unbeträchtlichen Teil ebenfalls Curry zuzurechnen sind. Denn der bekam den Ball aus dem Pick-and-Rolle, wenn der Big Big Man der Lakers doppelte - und walzte dann im 4-gegen-3 auf den gegnerischen Korb zu, um entweder selbst abzuschließen, oder den freien Schützen zu finden. So, wie es die Warriors mittlerweile seit gut einem Jahrzehnt spielen. Aufhalten kann es immer noch niemand.

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Golden State Warriors: JaMychal Green bereitet den Lakers Probleme

Zur Erinnerung: Als sich Draymond Green nach seinem Stampfer gegen Domantas Sabonis in der ersten Playoff-Runde eine Sperre einhandelte, rückte Jordan Poole für ihn in die Starting Five. Die Warriors gewannen Spiel 3 deutlich und Green blieb auf eigenen Wunsch erst einmal draußen - never change a winning team.

Gegen die Lakers könnte Kerr ebenfalls ein unverhoffter und erwarteter taktischer Kniff in die Arme gesprungen sein: Kurz vor dem Tip-Off gaben die Warriors bekannt, dass Center Kevon Looney krank auszufallen drohe. Der Monster-Rebounder der letzten Wochen - gegen die Kings hinter Curry klar zweitbester Spieler der Dubs - könne vielleicht von der Bank kommen, wenn überhaupt.

Also musste die Starting Five angepasst werden. Diesmal aber war es nicht Jordan Poole, sondern Forward JaMychal Green, der die Lücke schließen sollte. Zu klein wollte Kerr also nicht werden. Green hatte gegen die Kings in 23 Minuten insgesamt keinen einzigen Punkt erzielt, in Spiel 1 gegen L.A. aber mit 2/4 Dreiern in 8 Minuten angedeutet, was seine Stärken sind: Er hat Erfahrung (seit 2014 in der Liga) und er kann den Dreier treffen.

Nun spielte JaMychal Green auch nur 13 Minuten in den drei Vierteln, in denen das Spiel noch nicht entschieden war - aber in diesen Minuten gab er den Dubs eine andere Dimension: Plötzlich waren mit Draymond und Looney nicht zwei Non-Shooting-Bigs auf dem Parkett, stattdessen waren es vier Shooter - und als die Lakers sich dazu entschieden, den 32-Jährigen in der Ecke zu ignorieren, sollte sich das rächen. 6/9 insgesamt, 3/6 Dreier: macht schlanke 15 Punkte in 13 Minuten. "Es war schwer für uns, vier Shooter zu verteidigen", gab Lakers-Forward Rui Hachimura zu. "Seine Minuten haben sich wie 24 oder 30 Minuten angefühlt", sagte James.

Hat sich Green damit einen Startplatz in Spiel 3 gesichert? Das hängt wohl auch von Looneys Gesundheitszustand ab. Aber der zeigte sich auch von der Bank kommend stark (6 Punkte und 8 Rebounds in 12 Minuten). Insofern sollte Kerr so lange auf vier Shooter auf dem Court setzen, bis den Lakers ein passender Konter einfällt ...

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Los Angeles Lakers: LeBron James muss in den Post

Wer übermenschliche Leistungen von LeBron James erwartet oder sogar einfordert, muss sich bewusst machen, dass der nicht nur bereits 38 ist und seine 20. Saison spielt, sondern auch eine schwierige Fußverletzung mit sich herumschleppt, die bei manch anderem vielleicht schon zum vorzeitigen Saisonende geführt hätte.

Insofern sind 23 Punkte bei 10/18 aus dem Feld nicht zu verachten, endlich fiel sogar der Wurf von draußen (3/8 3FG). Gleichzeitig waren es nach einem heißen Start aber nur noch 2 mickrige Pünktchen in der zweiten Halbzeit - und nach den ersten beiden getroffenen Dreiern war bei weiteren sechs Versuchen nur noch ein Buzzer-Beater mit Brett dabei. Dafür aber ein Plus-Minus von -27 nach drei gespielten Vierteln: Eine derart schlechte Bilanz auf dem Parkett hatte LeBron in den Playoffs seit 2006 nicht mehr ...

In seiner aktuellen Verfassung kann der Superstar die Serie nicht im Alleingang gewinnen. Anthony Davis muss vorangehen, die Rollenspieler müssen liefern. Aber natürlich muss auch LeBron seinen Beitrag leisten - und das geht nur aus dem Post. Seine Jumper fallen einfach zu unbeständig, er hat nicht die Geschwindigkeit, um seine Gegenspieler regelmäßig aus dem Dribbling zu schlagen.

Aber er ist immer noch massiv und den meisten Gegenspielern körperlich überlegen. Und das muss er nutzen - gerade wenn die Dubs mit nur einem Big Man spielen und der dann Anthony Davis verteidigen muss. So bekommt es LeBron dann wie in Spiel 2 mit Andrew Wiggins oder Klay Thompson zu tun. Ein machbares Matchup. Er hatte sogar ein paar Touches im Post, und wie er dann zum Korb kam, sah teilweise schon recht leicht aus.

Insofern müssen die Lakers derartige Matchups unbedingt attackieren - wenn LeBrons Fuß durchhält. Immerhin waren es angesichts des Blowouts nur 28 Minuten Spielzeit, der Tank sollte für das erste Heimspiel also einigermaßen voll sein.

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Los Angeles Lakers: Anthony Davis mal wieder abgemeldet

Es ist ein übles Auf und Ab mit Anthony Davis. Kaum spielt die Braue mal absolut spektakulär und zeigt, dass ein derartiges Paket aus Offense und Defense in der NBA eigentlich nur bei ihm existiert, folgt fast schon zwangsläufig ein Durchhänger. 30 Punkte, 23 Rebounds, 5 Assists und 4 Blocks in Spiel 1 - 11, 7, 4 und 3 in Spiel 2. Ein einziger Freiwurf. Das reicht nicht gegen den Champion.

"Es waren die gleichen Würfe wie in Spiel 1", verteidigte er seine Performance. "Ich habe sie einfach nicht getroffen. Das ist alles." Aber ganz so einfach ist es nicht. Klar, manchmal fallen die Würfe nicht, aber bei Davis ist eben auch zu beobachten, dass das Aktivitätslevel von Spiel zu Spiel extrem unterschiedlich ausfallen kann. Und meistens weiß man schon nach ein paar Minuten, ob es ein gutes oder nur ein mittelmäßiges AD-Spiel wird.

Zu seiner Ehrenrettung sei gesagt, dass die Adjustments der Warriors auch etwas mit seiner schwächeren Leistung zu tun hatten: Offensiv hatte er diesmal Draymond als primären Verteidiger gegen sich, der ein bärenstarkes Spiel machte. In Spiel 1 war es noch Center Looney, gegen welchen er deutlich besser ausgesehen hatte. "Wir haben Kraft mit Kraft gekontert", posaunte Green anschließend.

Umgekehrt wurde Davis durch die vier Shooter von Golden State immer wieder aus der Zone herausgezogen, was seine nur 7 Rebounds erklärt. Wenn er gegen Draymond absank, setzte der am Perimeter umgehend einen Pick, um Shootern wie Klay Thompson einen Wurf zu ermöglichen - und gegen diese schnellen Schützen war dann auch für Davis kein Kraut gewachsen. Zumal die Perimeter-Defense der Lakers-Guards wie etwa von Austin Reaves diesmal keinen guten Eindruck machte. Und die Warriors auch einfach heiß waren.

Das Gesetz der Serie schreibt für AD eigentlich wieder ein überragendes Spiel 3 vor. Das hängt aber auch davon ab, ob Darvin Ham die taktischen Anpassungen von Kerr zu kontern weiß und Möglichkeiten findet, Davis nah am Korb zu halten.

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Lakers vs. Warriors: Trotzt L.A. dem Dreierregen?

Das Faszinierende an Spiel 1 waren die krass unterschiedlichen Spielstile der beiden Teams: Die Lakers unter dem Korb mit mehr Blocks, Rebounds und Freiwürfen, die Warriors dafür mit viel mehr Firepower aus der Distanz (21:6 Dreier, aber 6:29 Freiwürfe).

Diese krasse Diskrepanz gab es in Spiel 2 nicht mehr: Die Warriors hatten mehr Rebounds (55:40), gleich viele Blocks (3:3), fast gleich viele Freiwürfe (16:17) - aber immer noch viel mehr Treffer von draußen (21:10).

Gut, wenn Curry, Thompson und Co. bei 42 Dreierversuchen genau 50 Prozent treffen, dann sagt man "gutes Spiel", packt seine Sachen und hofft auf mehr Glück im nächsten Spiel - viel mehr kann man nicht machen. Aber die Dreier-Bilanz ist schon nach zwei Spielen so krass (42:16, einen größeren Unterschied gab es nach zwei Partien erst zweimal in der Playoff-Geschichte), dass sich die Lakers Sorgen machen sollten.

Was ist zu tun? Zum einen besteht die Hoffnung, dass Golden State diesen Schnitt nicht über eine komplette Serie halten kann: In den kommenden Spielen in der Crypto.com Arena fehlt ja zum Beispiel das eigene Publikum. Auch eine konsequentere Defensivarbeit ist vonnöten, um die Schützen von der Dreierlinie in die Zone zu treiben, wo sie dann erst einmal finishen müssen. "Wir sind immer noch die beste Defense der Liga, zumindest eine der besten", betonte James. "Daran richten wir uns auf."

Aber vielleicht ist ja auch bei der eigenen Bilanz noch Luft nach oben. Mehr Minuten für Rui Hachimura etwa, der in den Playoffs bisher von draußen brandheiß ist (52,4 Prozent)? Mehr Post-Play, das Double-Teams erzwingt und so Schützen offen lässt?

Die Warriors haben nach Spiel 1 gekontert und neue Mittel und Wege gefunden, um dem Gegner wehzutun. Jetzt sind die Lakers am Zug.

Warriors vs. Lakers: Die Serie im Überblick

SpielDatumUhrzeitHeimAuswärtsErgebnis
13. Mai4 UhrGolden State WarriorsLos Angeles Lakers112:117
25. Mai3 UhrGolden State WarriorsLos Angeles Lakers127:100
37. Mai2.30 UhrLos Angeles LakersGolden State Warriors
49. Mai4 UhrLos Angeles LakersGolden State Warriors
5*11. MaitbaGolden State WarriorsLos Angeles Lakers
6*13. MaitbaLos Angeles LakersGolden State Warriors
7*15. MaitbaGolden State WarriorsLos Angeles Lakers

 

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