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NBA-Kolumne Above the Break: Players to Watch im Saison-Endspurt - Der X-Faktor in Dallas heißt …

Von Ole Frerks
Evan Mobley
© getty

Die NBA-Saison geht weiter, und in nicht einmal zwei Monaten stehen bereits die Playoffs an. Welche Spieler sind bis dahin - und darüber hinaus - besonders interessant? Wir stellen fünf von ihnen vor.

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Offiziell ist zum All-Star Break die "Hälfte" der Saison erreicht, inoffiziell ist das Blödsinn: Von jetzt an wird es hektisch, bis zum Playoff-Start Mitte April haben die Teams bloß noch 21 bis 25 Spiele vor der Brust. Es bleibt also nicht mehr ewig viel Zeit, um zur Trade Deadline oder via Buyout akquirierte Spieler zu integrieren, es muss alles relativ schnell gehen.

Nachdem über besagte Spieler in den vergangenen Wochen viel gesagt und geschrieben wurde, rücken wir heute fünf andere Spieler in den Fokus - die hier aufgeführten Spieler sind nicht neu in ihren Teams, könnten durch ihre Leistungen in (teilweise) neuen Rollen aber mitentscheidend für das Abschneiden einiger sehr ambitionierter Teams sein.

Ohne weiteres Vorgeplänkel - auf diese fünf Spieler blicke ich im Saison-Endspurt.

Jamal Murray
© getty

Jamal Murray (Guard, Denver Nuggets)

Stats: 20,2 Punkte, 4,1 Rebounds, 5,8 Assists, 57,5 Prozent True Shooting

Über die letzten Wochen und Monate hat sich Denver als bestes und konstantestes Team im Westen etabliert. Mittlerweile ist es kein Ausreißer mehr, dass die Nuggets auch defensiv sehr gut dabei sind (die achtbeste Defense seit Anfang Dezember), offensiv ist das Team ohnehin über fast jeden Zweifel erhaben. Wäre ein gewisser Kevin Durant nicht, vielleicht würde es mittlerweile großflächig akzeptiert werden, dass Denver der Topfavorit des Westens ist.

Dabei haben die Nuggets durchaus noch Baustellen beziehungsweise Bereiche, in denen sie Entwicklungspotenzial haben - sogar offensiv. Denn während Nikola Jokic aktuell wohl tatsächlich Kurs auf den dritten MVP-Award in Serie nimmt, hat sein Co-Star dessen höchstes Niveau noch nicht erreicht. Er ist aber womöglich auf dem Weg dorthin.

Murray begann die Spielzeit nach rund anderthalb Jahren Pause erwartungsgemäß zögerlich. Es gab regelmäßige Ausbrüche, aber auch Szenen, bei denen er sich selbst im Nachhinein darüber aufregte, dass er zögerlich agierte. Noch im Januar ärgerte er sich gegenüber The Athletic über diese Szene, in der er eigentlich einfach hätte dunken sollen.

Jamal Murray bricht den Drive ab, statt zum Korb durchzugehen.
© nba.com/stats

Insgesamt kann Murray dabei eigentlich sehr zufrieden mit seinen Leistungen sein. Seine Effizienz ist auf einem vergleichbaren Niveau wie vor der Verletzung, der Jumper ist noch immer eine Waffe, und er kommt durchaus zum Ring, wenn er gewillt ist, das Risiko einzugehen. Es sind oft eher Nuancen, die daran erinnern, dass er nicht exakt derselbe Spieler ist wie vor dem Kreuzbandriss.

Nach dem besagten Interview ging es für einige Spiele bergauf - Murray legte unmittelbar danach 25, 22, 32, 33 und 41 Punkte auf, sein bisher bester Scoring Stretch in dieser Spielzeit. Er wurde danach jedoch prompt aus dem Verkehr gezogen, die letzten sechs Spiele vor der All-Star Pause konnte er nur zusehen. Das Knie machte wieder Ärger.

Es bleibt daher die zentrale Frage in Denver, welchen Murray wir in der restlichen Saison und vor allem in den Playoffs zu sehen bekommen. Es fehlt diesem Team eigentlich nicht an Optionen - dank Jokic bekommen die Nuggets in jedem Angriff einen guten Wurf. Dafür muss der Serbe allerdings auf dem Court stehen; in dieser Spielzeit ist die Nuggets-Offense um über 18 Punkte pro 100 Ballbesitzen besser, wenn Jokic spielt.

Im Umkehrschluss heißt das, dass es ohne ihn ziemlich problematisch aussieht - wie schon in den letzten Jahren. In den Playoffs wird es zwar nicht allzu viele dieser Minuten geben, aber Murray als Creator ist der wichtigste Spieler, wenn es darum geht, diese Diskrepanz ein bisschen zu verringern.

Und auch wenn Jokic spielt - fast alle Nuggets leben offensiv davon, dass er sie füttert. Murray ist der eine Spieler, der sich in Bestform beständig selbst Würfe erarbeiten kann, er war bekanntlich auch beim tiefen Playoff-Run in der Bubble der Spieler mit den 50-Punkte-Spielen. Bei aller Brillanz des Jokers ist es daher essenziell, dass auch Murray in der Lage ist, seinem Team Spiele zu gewinnen.

NBA
© getty

Derrick White (Guard, Boston Celtics)

Stats: 11,8 Punkte, 3,3 Rebounds, 3,9 Assists, 59,3 Prozent True Shooting

Ein Titelfavorit sind die Celtics natürlich ohnehin, der Vorjahres-Finalist hat schließlich schon die gesamte Saison über die beste Bilanz und das beste Net-Rating der Liga (auch wenn der Vorsprung zuletzt geschmolzen ist, die Bucks und Nuggets sind fast dran). Dennoch gibt es auch bei ihnen wichtige Variablen, und neben der Gesundheit von insbesondere Robert Williams ist hier spielerisch gerade White zu nennen.

Die vergangene Postseason zeigte gut die zwei Seiten des Combo-Guards: Ist er aggressiv und selbstbewusst, was seinen Wurf betrifft, macht er die Celtics fast unschlagbar. Er gehört immer zu den besten Defensiv-Guards der Liga (zwischen ihm und Teamkollege Marcus Smart zu entscheiden, wäre schwierig - gut, wenn man beide hat), offensiv ist es etwas mehr von der Tagesform abhängig.

In seiner besten Version entscheidet White blitzschnell zwischen Wurf, Drive oder Pass, er hat quasi keine Verzögerungen im Spiel. Das hat er bei den Spurs gelernt und in Boston eingebracht, in gewisser Weise hat er es auch auf das restliche Team übertragen. Die Celtics sind durch ihn im Kollektiv entschlussfreudiger und gedankenschneller geworden.

Es gibt jedoch die Phasen, in denen sein Selbstvertrauen schwindet und in denen er eben doch ein Spieler wird, der Würfe verweigert. Das kann hemmen - das machten sich in den Finals auch die Warriors zunehmend zunutze. Zum Ende der Serie war White fast unspielbar, in jedem der letzten fünf Spiele verlor Boston seine Minuten zweistellig.

In dieser Spielzeit bekommen die Celtics hingegen fast immer den aggressiven White zu sehen. Er trifft den Dreier besser als je zuvor in seiner Karriere (38,5 Prozent), nicht aus Zufall hat er nach Jayson Tatum den besten On/Off-Wert beim besten Team der Liga (+6,6). Über die vergangenen Wochen schaltete White sogar noch einen Gang höher, auch aufgrund der Ausfälle. Im Februar legte er bisher 21 Punkte und 7 Assists im Schnitt auf.

Solche Counting Stats braucht Boston nicht immer von ihm - aber die Aggressivität eben schon. Eine der Herausforderungen der Celtics im Saisonendspurt, neben den Themen "Gesundheit" und "First Seed" lautet daher: Sie müssen Derrick White in genau dem Rhythmus behalten, den er gerade hat.

Josh Green
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Josh Green (Guard/Forward, Dallas Mavericks)

Stats: 9,2 Punkte, 2,7 Rebounds, 1,6 Assists, 66,3 Prozent True Shooting

Wir sind hier erwiesenermaßen Fans von Josh Green. Selbst bei meiner Preseason-Kolumne hatte ich aber nicht damit gerechnet, dass der Australier sich dermaßen rasant entwickeln und zu den effizientesten Scorern der Liga reifen würde - wie denn auch?

Green wurde noch in der vergangenen Postseason "entblößt" und in einigen Matchups gar nicht mehr verteidigt, diese Herausforderung hat er offensichtlich angenommen. Jämmerliche 64,5 PSA (Points per 100 Shot Attempts) erzielte er in den Playoffs, unglaubliche 133,7 in dieser Saison - das ist der beste Wert unter allen Flügelspielern der Liga laut Cleaning the Glass. Eh klar.

Der verbesserte Wurf hat dabei auch alles andere nochmal amplifiziert, was Green ohnehin schon mitbringt - er bringt Chaos, einen weiteren Driver in Dallas, der sehr gerne und gut auch am Ring abschließt, auch wenn er seine linke Hand kaum bis gar nicht benutzt. In einem Team, das abgesehen von Luka Doncic lange ziemlich bieder daherkam, war er (neben Spencer Dinwiddie) der zusätzliche Kreative. Immer etwas wild, in der Regel aber mit positivem Einfluss.

Den Großteil der Saison kam Green dabei noch von der Bank, Anfang Februar hat sich dies aber geändert und es ist damit zu rechnen, dass er den Platz auch behalten wird. Der Trade für Kyrie Irving war in gewisser Hinsicht eine Wette darauf, dass Green dafür bereit ist, die 40+ Minuten, die Dorian Finney-Smith in den Playoffs gerne abspulte, von jetzt an zu übernehmen.

DFS war zwar ein anderer Spielertyp, aber die Verantwortung als Flügelverteidiger kommt jetzt in erster Linie Green zu, und natürlich Reggie Bullock, der ja ebenfalls noch da ist. Die Liste kompetenter Verteidiger ist in Dallas durch den Trade noch kürzer geworden, entsprechend wichtig ist es, dass die wenigen Verbliebenen ihren Job gut erledigen.

(Vielleicht noch wichtiger ist dabei Maxi Kleber, der nach seinen Oberschenkelproblemen "nah" am Comeback ist, wie es kürzlich aus Dallas hieß ... er wird dafür verantwortlich sein, das restliche Team abzusichern. Was wiederum eine ziemliche Herkulesaufgabe sein dürfte.)

Für die Mavs wird es in der restlichen Saison einerseits um das Feintuning bei Doncic und Kyrie Irving gehen. Andererseits, und das ist vielleicht noch wichtiger, muss Dallas Balance finden. "Das macht mir keine Sorgen. Es geht für uns darum, mehr Punkte zu erzielen als die anderen. Niemand will ein 80:80 sehen", sagte Jason Kidd zwar vor kurzem - aber das war (hoffentlich) nicht ganz ernst gemeint.

Dallas kam vergangene Saison in die Conference Finals, weil Doncic genial war, weil die Rollenspieler ihre Dreier trafen und weil die Defense funktionierte - kann das auch dieses Jahr klappen? Hat ein Lineup aus Doncic, Irving, Green, Kleber und Christian Wood (beispielsweise) genug? Man darf gespannt sein.

Evan Mobley
© getty

Evan Mobley (Big, Cleveland Cavaliers)

Stats: 15,7 Punkte, 8,9 Rebounds, 2,7 Assists, 58,9 Prozent True Shooting

Es ist eine interessante Spielzeit für die Rookies von 2021, die auch mal wieder verdeutlicht, wie schnell sich das Blatt in der Wahrnehmung wenden kann. Vergangene Saison wurden Mobley, Scottie Barnes oder Cade Cunningham sehr gehypt, in dieser Spielzeit häuft sich dagegen schon Kritik, weil diese Anfang-Zwanziger bisweilen die Frechheit besitzen, sich nicht linear zu entwickeln und von jetzt an Superstars zu sein.

Bei Mobley ist diese Kritik ("Wo zur Hölle ist Evan Mobley?", um es mit Kendrick Perkins zu sagen) ganz besonders unangebracht. Er spielt erstens in einem der besten Teams des Ostens mit mindestens zwei besseren Offensiv-Optionen, wo logischerweise nicht in jedem Spiel 20 Würfe für ihn abfallen.

Er dominiert zweitens regelmäßig Spiele mit seiner defensiven Vielseitigkeit und ist neben Jarrett Allen der Hauptgrund dafür, warum Cleveland die drittbeste Defense der Liga stellt (er war auch im von Perkins kritisierten Spiel überall). Und drittens: Auch offensiv ist eine Entwicklung durchaus zu erkennen. Man muss dafür nur etwas genauer hinsehen.

Mobley nimmt über die Saison etwas weniger Würfe als in seinem Rookie-Jahr, ist dabei jedoch effizienter unterwegs - die effektive Wurfquote ist von 52 auf 56 Prozent gestiegen, kein kleiner Schritt. Am Jumper ist das nicht zu erkennen, Mobley trifft fast exakt wie im Vorjahr nur rund ein Drittel dieser Würfe und sucht hier noch Konstanz. Dafür aber an anderen Abschlüssen.

Der 21-Jährige fühlt sich in Korbnähe zunehmend wohler und profitiert von der guten Chemie, die er sowohl mit den Guards Donovan Mitchell und Darius Garland als auch mit Jarrett Allen hat, der ihn gerne als abrollender Spieler mit High-Low-Pässen füttert. Er hat mehr Geduld und ist besser darin, Mismatches zu attackieren. Er ist immer noch schmal, aber fast immer entweder größer oder schneller (oder beides) als seine Gegenspieler.

Insgesamt hat er seinen Wirkungsbereich als Scorer etwas näher zum Korb verlagert, die durchschnittliche Entfernung bei seinen Würfen ist geringer als im Vorjahr. Das ergibt auch Sinn: Laut Cleaning the Glass trifft er am Ring über die Spielzeit 78 Prozent seiner Würfe, ein Top-Wert und eine klare Steigerung gegenüber der Vorsaison.

Es ist gleichzeitig klar, dass für Mobley noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Er demonstriert regelmäßig sein starkes Passing Game, kann als Shortroll-Passer oder Handoff-Option eingesetzt werden. Der Jumper ist noch nicht konstant, aber vielversprechend - vermutlich ist der Tag nicht weit entfernt, an dem auch dieser Wurf für Mobley eine Waffe sein kann.

Und auch die Aggressivität wächst. Seit dem besagten "Perkins-Spiel" legt Mobley 19 Punkte im Schnitt auf und lieferte unter anderem einen neuen Karrierebestwert (38 Punkte). Seine Usage ist um 5 Prozent gestiegen. Er wird bei den Cavs bis auf Weiteres nicht die erste Option sein, über die letzten Wochen wirkte es aber zunehmend so, als würde ihn das Team gerade zu Beginn der Partie öfter suchen.

Seine Kernkompetenz ist dabei aktuell definitiv die Defense - die Liste der 21-Jährigen in der NBA-Historie, die hier so viel Einfluss ausüben konnten wie Mobley, ist nicht lang. Aber auch offensiv geht es absolut in die richtige Richtung. Gut für Cleveland: Auch wenn Mobley noch nicht der beste Spieler der Cavs ist, ist er der Schlüssel, um zu den Milwaukees oder Bostons der Conference aufzuschließen ...

Chris Paul, Deandre Ayton
© imago images

Deandre Ayton (Big, Phoenix Suns)

Stats: 18,7 Punkte, 10,1 Rebounds, 2 Assists, 62 Prozent True Shooting

Nach dem Durant-Trade war häufig zu hören, dass die Suns statt Mikal Bridges vielleicht lieber Ayton abgegeben hätten. Das ist beziehungsweise wäre verständlich, aber Ayton ist in dieser Hinsicht eigentlich kein Trostpreis - es ist vielmehr ein Gewinn, dass Phoenix diesen Deal machen konnte, ohne den Center auch noch abzugeben.

Die Stimmung zwischen Ayton und dem restlichen Team beziehungsweise Coach Monty Williams wirkte seit den vergangenen Playoffs und der Vertragssaga im Sommer zwar zunächst etwas angeknackst und noch während der Saison frustrierte Ayton bisweilen mit einer passiven Körpersprache. Doch das Blatt wendete sich schon vor dem Trade, der Phoenix zu einem der Topfavoriten im Westen machte.

Seit dem 19. Januar hat bei Ayton etwas Klick gemacht - Williams lobt vor allem seine Physis in diesem Abschnitt. Ayton legte zuletzt 23 Punkte im Schnitt bei fast 62 Prozent aus dem Feld auf, dazu kamen immerhin 4,5 Freiwürfe pro Spiel. Das klingt nicht nach viel, ist für Ayton (Karriere: 2,6 pro Spiel!) aber tatsächlich ein großer Fortschritt.

Und es ist ein gutes Zeichen für Phoenix. Denn die Suns können bei aller Brillanz von Durant, Devin Booker und Chris Paul einen athletischen Play-Finisher durchaus gut gebrauchen - die drei Stars sind allesamt keine Spieler, die im klassischen Sinne Druck auf den Ring ausüben, sondern eher Jumpshooter. Das hindert sie (offensichtlich) nicht daran, legendäre Offensivspieler zu sein, aber eine zusätzliche Komponente schadet nicht.

Ayton kann aufposten, er kann hart zum Korb rollen und hat hier sowohl mit Paul als auch Booker eine gute Chemie, er hat einen der besten Hakenwürfe der Liga und selbst einen soliden Mitteldistanzwurf. Er nimmt für einen Big immer noch recht wenige Abschlüsse direkt am Ring, aber vielleicht ist sein Auftreten der letzten Wochen ein Indiz, dass er hier auch selbst noch Steigerungspotenzial sieht.

In jedem Fall werden die Suns gut daran tun, ihn offensiv nicht zu "vergessen" und ihm weiter seine Touches zu geben - schließlich brauchen sie sein Engagement auch defensiv. Er ist gemeinsam mit KD dafür verantwortlich, die Defense zu verankern. Er ist auch dazu in der Lage, was er nicht zuletzt beim Finals-Run 2021 demonstrierte, auch wenn das vergangene Saison (primär dank Luka Doncic) ein bisschen in Vergessenheit geriet.

Kurzum: Wenn die Suns Meister werden wollen, brauchen sie Ayton. Daher ist es bei allem Fokus auf Durant vor allem eine spannende Frage, wie sich seine Rolle in den nächsten Saisonwochen verändern wird.

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