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WM 2023: DFB-Team mit Auftakt nach Maß! Drei Erkenntnisse zum 6:0-Sieg gegen Marokko

Von Justin Kraft
Klara Bühl, Jule Brand, DFB-Team, WM 2023
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Das DFB-Team schlägt Marokko zum Auftakt der WM 2023 in Australien und Neuseeland mit 6:0. Neben Doppelpackerin Alexandra Popp überzeugt vor allem die nominelle Flügelzange mit Jule Brand und Klara Bühl. Aber ein paar Sorgen bleiben. Drei Erkenntnisse zum deutschen Start in die Weltmeisterschaft.

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Zwei frühe Tore in den beiden Halbzeiten bringen Deutschland gegen zunächst stark verteidigende Marokkanerinnen auf Kurs, am Ende ist es eine deutliche Nummer. Das DFB-Team startet damit souverän in die Weltmeisterschaft.

Vor den Partien gegen Kolumbien und Südkorea gibt es dennoch kleinere Stellschrauben, an denen die Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg drehen kann. Drei Erkenntnisse zum 6:0-Erfolg gegen Marokko.

Melanie Leupolz, Sara Däbritz, DFB-Team, WM 2023
© getty

DFB-Team: Im Mittelfeld passt die Ordnung noch nicht

6:0 gewonnen, souverän ins Turnier gestartet - das ist längst nicht jedem Favoriten bei dieser WM gelungen. Im Spielaufbau der Deutschen ist aber trotzdem noch ordentlich Sand im Getriebe. Die Idee von Martina Voss-Tecklenburg war es, mit drei Verteidigerinnen aufzubauen und Svenja Huth auf der rechten Seite höher zu schieben. Immer wieder war der Versuch zu erkennen, den rechten Flügel zu überladen.

Dafür rückte Jule Brand vom rechten Flügel ein und Lina Magull ließ sich vom Flügel ebenfalls in den Halbraum fallen. Mitunter besetzten aber zu viele DFB-Spielerinnen eine zu kleine Fläche an Raum. Das ließ den Ballvortrag ebenso stocken wie die nicht immer gut abgestimmte Staffelung der Sechserinnen.

Sara Däbritz und Melanie Leupolz hatten merklich Schwierigkeiten damit, die Abwehr mit dem offensiven Mittelfeld zu verbinden. Mal standen beide zu hoch, mal beide zu tief. In wenigen Situationen kam es sogar vor, dass die beiden mit Magull auf einer vertikalen Linie standen.

All diese Positionierungsprobleme ließen das deutsche Spiel bisweilen etwas träge werden und so gelang es fast nie, Marokkos Defensivstruktur zu gefährden. Dass die ersten beiden Tore nicht aus eigenen Ballbesitzphasen, sondern aus einer Gegenpressing- (1:0) und einer Standardsituation (2:0) fielen, verwundert daher nicht.

Tiefstehende Gegner zu bespielen, wird in dieser Gruppenphase die große Herausforderung für das deutsche Team bleiben. Immerhin: Mit Marina Hegering und Lena Oberdorf dürften bald zwei Spielerinnen zurückkehren, die die Qualität haben, mehr Struktur in die Ballzirkulation zu bringen.

Kathrin Hendrich, Alexandra Popp, DFB-Team, WM 2023
© getty

DFB-Team: Hohes Verteidigen bleibt die große Stärke

Umso wichtiger war der Brustlöser nach nur elf Minuten, als Kathrin Hendrich das deutsche Team auf Kurs brachte. Die Innenverteidigerin blieb aggressiv an ihrer Gegenspielerin dran und verteidigte anschließend auch nach einem Rückpass weiter nach vorne. Die 31-Jährige eroberte den Ball, flankte mustergültig auf Popp und es stand 1:0.

Es sieht so aus, dass Deutschland wie schon bei der Europameisterschaft im vergangenen Jahr zu den stärksten Teams zählt, wenn es um hohes Pressing geht. Giulia Gwinn sprach im ZDF von der "Lust aufs Verteidigen", die dazu beigetragen habe, dass man bei der EM so erfolgreich war.

Deutschland hatte auch damals schon das eine oder andere Defizit bei eigenem Ballbesitz, schaffte es aber immer wieder, das durch Aggressivität und schnelles Umschalten zu kompensieren.

In der Tiefenverteidigung gab es hingegen ein paar kleinere Schwierigkeiten. Zwar hatte Marokko nicht die Qualität, um das nutzen zu können, doch die Abstände waren in der Viererkette hin und wieder zu groß - beispielsweise beim zu Recht wegen Abseits aberkannten Treffer der Marokkanerinnen zu Beginn der zweiten Halbzeit.

Ob Huth als Rechtsverteidigerin tatsächlich die Lösung für dieses Turnier sein kann, wird sich vermutlich schon gegen Kolumbien und Südkorea zeigen. Beide sind schneller und technisch sauberer in Kontersituationen, beide können die Lücken besser bespielen, die Huth bei ihren Offensivläufen hinterlässt.

Dem Team sei es laut Gwinn gelungen, "die Kritik erstmal an die Wand zu spielen". Es wird in den kommenden Tagen auch eine Herausforderung sein, die Mitte zwischen Euphorie und realistischer Selbstkritik zu finden. "Wichtig ist, dass wir etwas in der Hinterhand haben", erklärte Voss-Tecklenburg. Mit Hegering und Oberdorf käme ein wenig mehr Wucht hinzu, die man nun einbauen müsse.

Klara Bühl, Jule Brand, DFB-Team, WM 2023
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DFB-Team: Jule Brand und Klara Bühl sind die Erfolgsfaktoren

Ja, Popp ist die Spielerin, um die sich beim DFB-Team vieles dreht. Sie ist diejenige, die die ersten beiden Tore erzielte und die mit ihrer Kopfballstärke auch dann zur Stelle ist, wenn offensiv sonst wenig geht. Aber mindestens genauso wichtig für die Offensive sind Jule Brand und Klara Bühl.

Vor allem im zweiten Durchgang wirbelten die beiden die Defensive der Marokkanerinnen mächtig durcheinander. Bühl spielte ihre Stärken auf dem linken Flügel aus, wo sie sehr breit stand, um nach Verlagerungen mit Platz die Defensive Marokkos zu attackieren. Brand rückte auf der anderen Seite regelmäßig ein, weil Svenja Huth als Außenverteidigerin offensiv eingestellt war.

Die Wolfsburgerin bewegte sich dort sehr clever, lief immer wieder in die Schnittstellen und brachte Unordnung in die gegnerische Defensive. Sowohl Bühl als auch Brand schafften es mehrfach, das Publikum mit Einzelaktionen von den Plätzen zu reißen - sie waren aber auch gut ins Kombinationsspiel eingebunden.

In der Vergangenheit fehlte beiden die Konstanz, um solche Leistungen über mehrere Spiele hinweg zu bestätigen. Insbesondere mit Blick auf das sich selbst suchende Mittelfeld wäre es wichtig für das deutsche Team, wenn das bei dieser WM gelingt. Bühl und Brand haben das Potenzial, dieses Turnier zu prägen.

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