Real Madrid: "In der Kabine riecht es nach Alkohol!" Auf- und Abstieg der Galacticos

Von SPOX
Real Madrid, Galacticos, Galaktische, La Liga, Champions League, Florentino Perez, Zinedine Zidane, David Beckham, Ronaldo, Luis Figo, Raul, Geschichte, Hintergründe
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Real Madrid prägte die 2000er Jahre. Die "Galaktischen" rund um Superstars wie Zinédine Zidane, David Beckham, Ronaldo oder Luís Figo kosteten viel Geld und gewannen einige Titel. Aber längst nicht so viele, wie man sich erhofft hatte. Das ist die Geschichte über den Auf- und Abstieg der "Galacticos".

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Real Madrid hatte zu Beginn der 2000er Jahre eine absurde Ansammlung von Mega-Stars - aber die garantieren nicht immer Mega-Erfolg. Das zeigt sich an der Geschichte der Galacticos, die wir nun erzählen. Film ab!

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Real Madrid: Champions-League-Sieger 2000

Real Madrid gewinnt im Stade de France gegen Ligakonkurrent FC Valencia (3:0) zum achten Mal den Europapokal (und zum zweiten Mal die Champions League) und rettet damit eine ansonsten desaströse Saison. In der Liga waren die Königlichen nur Fünfter geworden und hatten die CL-Quali verpasst.

Der bisherige Nachwuchstrainer Vicente del Bosque steigt nach der Entlassung von John Toshack zum Chef- und in der Nacht von Paris zum Erfolgscoach auf. Raúl sagte: "Nach allem, was wir in diesem Jahr durchlitten haben, ist dieser Sieg der schönste Lohn."

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Der Beginn der Ära Florentino Pérez bei Real Madrid

Im Juli 2000 stehen bei Real Präsidentschaftswahlen an. Wegen des zweiten Champions-League-Titels in drei Jahren gilt Amtsinhaber Lorenzo Sanz als klarer Favorit, doch sein Konkurrent, der Bauunternehmer Florentino Pérez hat einen Plan ...

Pérez, der 1995 bereits mit einer Kandidatur gescheitert war, wirbt neben seiner Kritik an der Vereinsführung mit einer aggressiven Transferpolitik für sich. "Wenn ich Präsident werde, wird Figo Spieler von Real", verspricht er großmütig.

Figo solle einen Vorvertrag unterschreiben, weil Pérez ihm dafür umgerechnet zwei Millionen Euro bietet. Das Geld dürfe er behalten, auch wenn Pérez nicht gewählt würde und der Vertrag damit nichtig wäre - angesichts der Favoritenrolle von Sanz ein No-Brainer.

Doch es kommt anders. Die Real-Mitglieder finden Gefallen an Pérez' Versprechen, den besten Spieler des Erzrivalen FC Barcelona zu holen und wählen ihn am 16. Juli 2000 zum neuen Präsidenten. Figo kommt für 60 Millionen Euro und die Ära der Galaktischen beginnt.

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Saison 2000/01: Real Madrid endlich wieder Meister

Roberto Carlos, Raúl, Fernando Hierro, Iker Casillas, der ebenfalls neu gekommene Schlüsselspieler Claude Makélélé, Steve McManaman, Fernando Morientes und jener Figo gewinnen mit Real die erste Meisterschaft seit 1997.

17 Punkte liegen am Ende zwischen den Königlichen und Barça auf Platz vier, Real ist wieder das Nonplusultra in Spanien. Doch damit soll nicht Schluss sein. Das Ziel von Pérez heißt "La Novena" - der neunte Europapokal.

Dieser wird den Königlichen in der Saison 2000/01 noch verwehrt, weil der FC Bayern im Halbfinale auf seiner Mission, den Albtraum Manchester United endgültig abzuschütteln, auch von einer stargespickten Real-Mannschaft nicht aufzuhalten ist.

Pérez handelt und macht Zinédine Zidane am 8. Juli 2001 zum teuersten Spieler der Welt. Umgerechnet 77,5 Millionen Euro zahlt Real an Juventus. "Der größte Klub braucht die besten Spieler der Welt. Das sind wir unseren Fans schuldig", sagt der Präsident.

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Real Madrid: Der galaktische Höhepunkt in Glasgow

Pérez' Prinzip der "Zidanes y Pavones" - teure Neuzugänge wie Zidane sollen mit talentierten Eigengewächsen wie dem damals aufstrebenden Francisco Pavon zusammen funktionieren - erlebt in Glasgow am 15. Mai 2002 seinen Höhepunkt.

Als Zidane in der 45. Minute im Hampden Park ausholt und eines der schönsten Tore der Champions-League-Geschichte erzielt, geht der Pérez-Plan endgültig auf. Real holt gegen Underdog Leverkusen "La Novena". Die Galaktischen sind die Könige von Europa.

Daraufhin gelingt ihm sein großes "Meisterstück" (Sportdirektor Valdano). Real angelt sich im September den WM-Torschützenkönig und Superstar Ronaldo von Inter Mailand. Kostenpunkt: umgerechnet 45 Millionen Euro. "Der König kommt", titelt die AS.

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Saison 2002/03: Die beste Offensive der Liga, aber ...

Real wird mit zwei Punkten Vorsprung vor Real Sociedad erneut Meister mit der besten Offensive der Liga (86 Tore), in der Champions League scheitern die Königlichen im Halbfinale knapp an Juventus, im Pokal an RCD Mallorca.

Einen Tag nach dem Titelgewinn dann der Schock: Pérez entlässt del Bosque aus "technischen Motiven". Die Real-Führung soll dem Trainer bereits zuvor zu verstehen gegeben haben, mit seiner Spielweise nicht zur neuen Marketing-Strategie zu passen.

Diese trägt schließlich den Namen "Los Galacticos" und erhält mit dem Transfer von Mode-Ikone David Beckham weiteren Zuwachs. Real erschließt dank Beckham den asiatischen Markt und ist seit 2005/06 der einkommensstärkste Fußballklub der Welt.

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Abstieg der Galaktischen: Der erste große Fehler

Sportlich aber beginnt mit der Ankunft des britischen Superstars der Niedergang dieser Weltauswahl. Pérez hat zwei entscheidende Fehler begangen: Der eine besteht für zwei Mitglieder der Übermannschaft in der Entlassung del Bosques.

"Vicente del Bosque hat uns perfekt verstanden. Wir brauchten keine Regeln. Die Spieler wussten, was zu tun ist", sagt Roberto Carlos rückblickend bei Canal 11: "Er hat das Training nie für 11 Uhr angesetzt, weil er wusste, dass keiner kommen würde."

Del Bosque ließ seinen Stars freie Hand, anders verhielt es sich bei seinen Nachfolgern. José Antonio Camacho setzte beispielsweise das Training für 7 Uhr an. "Wir hatten unsere Gewohnheiten, er war nicht lange Trainer", erklärt Carlos vielsagend.

Gleiches gilt auch für Vanderlei Luxemburgo, der den Spielern Alkohol untersagt. Weil das aber für Roberto Carlos und Co. dazugehört, "ging eine Nachricht an den Vorstand und 'ciao'", sagt der Brasilianer nun über die wilde Zeit der Galaktischen.

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Real Madrid: Superstars verselbstständigen sich

Es war eine Zeit, in der die Spieler ihre Privilegien genossen. "Wir hatten einen privaten Terminal. Beckham, Figo, Zidane, Ronaldo, alle flogen woanders hin. Ich betete, dass unsere Spiele samstags waren, damit ich zur Formel 1 fliegen konnte", erzählt Carlos.

Auch für Ronaldo steht fest: "Wie alle mittlerweile wissen, war es ein großer Fehler von Pérez, del Bosque zu feuern. Wir hätten sicher noch sehr viel mit ihm gewonnen." Mit Real holt Ronaldo bis zu seinem Abschied 2007 keine Trophäe mehr.

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Abstieg der Galaktischen: Der zweite große Fehler

Der zweite Fehler von Pérez ist ebenfalls gravierend. Sein Hauptaugenmerkt bei Transfers liegt auf weltbekannten Offensiv-Stars mit hohem Vermarktungs- und Attraktivitätspotenzial. Geld für die Defensive will er nicht verschwenden, was im Sommer 2003 zum Bruch zwischen dem so wichtigen Sechser Makélélé und dem Klub führt. Der Franzose will eine Verlängerung zu besseren Bezügen, Pérez lehnt ab und Makélélé geht. Kapitän Hierro bezeichnet das 2005 als "Anfang vom Ende für Los Galacticos".

Hierro soll Recht behalten. Nach der Entlassung del Bosques verlassen er selbst, Steve McManaman und Morientes Real. Alle sprachen sich für eine Vertragsverlängerung Makélélés aus. Die, die Pérez als Nachfolger holt, können sich nicht durchsetzen.

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Real Madrid: Der Zusammenbruch 2004

Real verliert als Tabellenführer der Liga das Finale der Copa del Rey gegen Underdog Real Zaragoza mit 2:3. Nach der Pleite bricht die Mannschaft zusammen. Meister wird Valencia, in der Champions League ist gegen Monaco im Viertelfinale Schluss.

Besonders die Aufstellung gegen Zaragoza verdeutlicht die Probleme, die Pérez geschaffen hat: Sechs Offensiv-Spieler stehen auf dem Platz (Zidane, Raúl, Beckham, Figo, Guti, Solari), die Tore resultieren aus Freistößen, aus dem Spiel klappt nichts.

Nach dem verpassten Triple-Traum 2003/04 muss Trainer Carlos Queiroz gehen. Bis heute halten sich Gerüchte, Pérez habe ihn und auch seine Nachfolger angehalten, die großen Stars spielen zu lassen, ungeachtet von Formschwäche oder Taktik.

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Verzweifelte Transfer-Versuche von Florentino Pérez

Zur Saison 2004/05 kommt mit Michael Owen der nächste große Star nach Madrid, doch der Erfolg kehrt nicht zurück. Real wird 2005 und 2006 nur Vizemeister, scheidet jeweils im Champions-League-Achtelfinale aus, während Barca 2006 die Königsklasse gewinnt.

Nach dieser Saison sind von den Neuzugängen, die zum Namen "Los Galacticos" beigetragen haben nur noch Ronaldo und Beckham in Madrid. Zidane beendet 2006 seine Karriere, Figo ist bereits 2005 zu Inter gewechselt und Owen nach nur einem Jahr zu Newcastle.

Weltfußballer Fabio Cannavaro, Ruud van Nistelrooy, Mahamadou Diarra und Fernando Gago werden in der Saison 2005/06 verpflichtet. Trainer Fabio Capello übernimmt die königlichen Zügel. Unter ihm flüchten auch die letzten beiden Galacticos.

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Real Madrid: Das Ende der Galacticos

Ronaldo wechselt in der Winterpause zur AC Milan, Beckham wird immer mal wieder aus dem Kader gestrichen. Als Antonio Reyes am letzten Spieltag Real zur 30. Meisterschaft schießt, steht der Wechsel von "Becks" in die MLS bereits fest.

Doch gerade der Abschied von Superstar Ronaldo soll maßgeblichen Einfluss auf das erfolgreiche Ende der letzten "Galacticos"-Saison gehabt haben. Das verriet Ex-Trainer Capello in einem Interview mit Sky Sport.

Einerseits sei Ronaldo "das größte Talent" gewesen, "das ich je trainiert habe", sagte Capello: "Gleichzeitig war er aber auch derjenige, der mir in der Umkleidekabine die meisten Probleme bereitete. Er hat immer Partys veranstaltet."

"Einmal", so erzählte es Capello, "sagte Ruud van Nistelrooy zu mir: 'Trainer, bei uns in der Umkleidekabine riecht es nach Alkohol.'" Für Capello steht noch heute fest: "Als Ronaldo ging, fingen wir an zu gewinnen."

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Florentino Pérez: Ende einer alten, Anfang einer neuen Ära

Der Architekt der Galaktischen ist da schon längst nicht mehr Präsident. Pérez tritt am 27. Februar 2006 nach einem 0:0 gegen Arsenal von seinem Amt zurück. Er kehrt drei Jahre später aber zurück und läutet eine neue Ära ein.

Nur 25 Tage nach seiner Wahl holt Pérez einen gewissen Cristiano Ronaldo für die damalige Rekordsumme von 94 Millionen Euro zu den Königlichen. Mit ihm gewinnt Real später zwischen 2013 bis 2018 viermal die Champions League. Im Anschluss geht er - und Real braucht vier Jahre bis zum nächsten CL-Titel.

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