Tu es nicht, Leo! Ein Transfer nach Saudi-Arabien wäre der Beweis, dass es auch Messi nur ums Geld geht

Von Mark Doyle
messi1
© getty

Weltmeister Lionel Messi steht vor einer wegweisenden Zukunftsentscheidung. Dass er überhaupt einen Wechsel zu Al-Hilal in Betracht zieht, ist befremdlich.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Jorge Messi war empört. Am Dienstag trat der Vater und Berater von Superstar Lionel Messi entschieden einer Meldung entgegen, welche die französische Agentur AFP verbreitet hatte: Sie schrieb, der Wechsel des Stürmers von PSG zu Al-Hilal im Sommer sei "beschlossene Sache". Jorge Messi wies die Geschichte als "bösartiges Gerücht" zurück und bekräftigte, dass es noch keine Entscheidung darüber gebe, wo der Kapitän der argentinischen Nationalmannschaft in der nächsten Saison spielen wird.

Nach Informationen von SPOX und GOAL hat sich an Messis Vorhaben, am Ende der Spielzeit eine Entscheidung über die Zukunft zu fällen, tatsächlich nichts geändert. Ein Wechsel nach Saudi-Arabien ist dabei aber nicht ausgeschlossen. Ganz im Gegenteil, für den 35-Jährigen und seine Familie bleibt dies eine realistische Option - was für diejenigen, die von Sportstars ein soziales Gewissen erwarten, deprimierend ist.

In diesem Zusammenhang waren Messis jüngste Schritte auf und abseits des Spielfelds ohnehin enttäuschend. Sein wahrgenommener Mangel an Ethik wird am besten durch die Tatsache illustriert, dass er kürzlich von Paris Saint-Germain, das sich in katarischem Besitz befindet, suspendiert wurde, weil er seinen Werbeverpflichtungen für Saudi-Arabien nachgekommen war.

messi-1200-13
© getty

Lionel Messi: Welchen Sinn ergäbe ein Wechsel nach Saudi-Arabien?

Die argentinische Schriftstellerin Marcela Mora y Araujo sagte einmal in der Fußball-Show Off The Ball: "Ich glaube, Messi ist superschlau. Aber ich glaube nicht, dass er sich allzu sehr mit größeren Themen beschäftigt."

Aus diesem Grund ignorierte er einen öffentlichen Appell der Familien mehrerer politischer Gefangener in Saudi-Arabien, das lukrative Angebot zur Förderung des Tourismus in einem Land mit einer beklagenswerten Menschenrechtsbilanz abzulehnen.

Die Tatsache, dass Messi offensichtlich keine Skrupel hätte, sich Al-Hilal anzuschließen, ist also zumindest aus moralischer Sicht nicht überraschend.

Aus sportlicher Sicht ergibt dieser Transfer jedoch wenig bis gar keinen Sinn.

Messi sehnt sich schon lange nach einem fünften Champions-League-Titel. In den letzten fünf Jahren hat er immer wieder zugegeben, dass dies sein einziger verbliebener "Traum" auf Vereinsebene ist. Bei Al-Hilal könnte er sich von diesem Traum verabschieden.

messi-1
© getty

Lionel Messi bei PSG: "Hilflos und verzweifelt"

Rückblende: Nachdem Messi im Sommer 2021 im Anschluss an die schmerzhafte Trennung von Barcelona im Parc des Princes anhgeheuert hatte, behauptete er, dass er hier am "besten Ort" sei, um Europa ein letztes Mal zu erobern.

"Ich denke, wir haben hier das Team, um es zu schaffen", sagte er. "Ich hoffe, dass es uns gelingt."

Pustekuchen. In den beiden Spielzeiten, die Messi in Paris verbrachte, scheiterte PSG in der Königsklasse jeweils im Achtelfinale.

Das Aus in der aktuellen Saison war dabei besonders schwer zu verkraften. Bei der Niederlage gegen Real Madrid 2021 im Santiago Bernabeu hatte PSG zwar in der Schlussphase kapituliert, aber immerhin über weite Strecken des Spiels gut gespielt.

Das gilt nicht für das jüngste Ausscheiden, bei dem sich PSG im Rückspiel in der Allianz-Arena einer klar überlegenen Mannschaft des FC Bayern München geschlagen geben musste und so gut wie keinen Widerstand leistete.

Bezeichnen war dabei, wie Philipp Lahm Messis Auftritt in München bewertete. Der Ex-Bayern-Star und Messis Finalgegner bei der WM 2014 schrieb in seiner Kolumne für die Zeit später: "Messi zeigte auch in München in Momenten seine Extraklasse. Doch sein Können wird ohne Zweck, Ziel und Richtung eingesetzt. Der Einzelne weiß bei PSG einfach nicht, wie man gemeinsam ein Tor erzielen will und was er dazu beitragen soll."

"Messi war hilflos und verzweifelt", so das harte Fazit des ehemaligen DFB-Kapitäns.

Sollte dies das letzte Mal gewesen sein, dass wir Messi auf der größten Bühne des Klubfußballs gesehen haben, wäre das ein ziemlich mieser Abgang für ihn.

messi-heult
© getty

Lionel Messi: Warum keine Gehaltskürzung für eine Rückkehr zum FC Barcelona?

Dabei muss man aber festhalten: Messi hält sein Schicksal in den eigenen Händen. Sollte es wirklich so kommen, wird ihn niemand gezwungen haben, nach Saudi-Arabien zu gehen. Er gehört schon jetzt zu den reichsten Sportlern der Welt, angewiesen ist er auf das Geld ganz sicher nicht.

Es gibt immer noch mehrere europäische Spitzenklubs, die ihn nur zu gerne unter Vertrag nähmen, wären da nicht die verständlichen Bedenken bezüglich des Financial Fair Play (FFP) - und es gibt absolut nichts, was Messi davon abhalten könnte, seine exorbitanten Gehaltsforderungen zu senken, um sich selbst viel erschwinglicher zu machen.

Seien wir ehrlich: Wenn er wirklich zu seinem geliebten Barcelona zurückkehren möchte, könnte er eine erhebliche Gehaltskürzung in Kauf nehmen, um es zu ermöglichen - und er müsste trotzdem nicht am Hungertuch nagen.

Messi war verständlicherweise verärgert über den Vorschlag von Klubpräsident Joan Laporta, er hätte anbieten sollen, "umsonst zu spielen", um 2021 im Camp Nou zu bleiben. Er war sicher nicht für die wirtschaftlichen Probleme der Katalanen verantwortlich - also war es auch nicht seine Aufgabe, diese zu lösen.

Aus rechtlicher Sicht wäre dies auch gar nicht möglich gewesen, so dass es sich um einen boshaften Schachzug Laportas handelte, der offensichtlich versuchte, die Schuld für den Verlust des größten Spielers in der Geschichte des Klubs auf andere abzuwälzen.

Abgesehen davon hat uns aber die Geschichte gelehrt: Messi ist sich seiner Strahlkraft sehr wohl bewusst, und er hat sich nie unter Wert verkauft.

messi-argentinien
© getty

Lionel Messi: Die Weltmeisterschaft 2026 als großes Ziel

Das hat PSG bei den jüngsten Gesprächen wegen einer Vertragsverlängerung eindrucksvoll erfahren. Ein geringere Salär war angesichts der FFP-Problematik vom Klub angestrebt, Messi aber hatte anderes im Sinn.

Er hat sich natürlich das Recht verdient, zu tun, was er will. Vor allem, wenn es um seine Einkünfte geht. Wenn er vor seinem Ruhestand so viel Gewinn wie möglich machen will, ist das sein gutes Recht. Es ist auch erwähnenswert, dass er offensichtlich ein großzügiger Mensch ist. Er hat im Laufe der Jahre beträchtliche Summen für wohltätige Zwecke gespendet und mehrere karikative Initiativen finanziert.

Fans sind trotzdem auch egoistisch. Sie wollen, dass er weiter auf höchstem Niveau spielt und am besten die begeisternden Leistungen abliefert, die er in den vergangenen zwei Jahrzehnten geboten hat. Niemand kann dabei nachvollziehen, wie hoch der Druck sein mag, unter dem er steht.

Kein Spieler, auch wenn er lange Zeit als übermenschlich galt, ist gegen den Zahn der Zeit immun, und ein Wechsel in eine schwächere Profiliga könnte es Messi höchstwahrscheinlich ermöglichen, seine Karriere zu verlängern und den Stress und die Belastung, die auf seinem 35-jährigen Körper lasten, deutlich zu reduzieren.

Ein Faktor, den es zu berücksichtigen gilt, wenn man an Messis langfristiges Ziel von der Teilnahme an der Weltmeisterschaft 2026 denkt.

messi-pokal-1200
© getty

Lionel Messi hat noch eine Menge zu geben

Die Weltmeisterschaft in Katar hat aber eigentlich gezeigt, dass Messi noch nicht aufs Altenteil gehört. Noch immer kann er dominieren, und noch immer kann er auf allerhöchstem Niveau den Unterschied machen.

Dass Messi zusammen mit Cristiano Ronaldo in den luxuriösesten Altersruhesitz des Fußballs in Saudi-Arabien einzieht, passt also aus sportlicher Sicht nicht. Auch im Alter von 35 Jahren hat der Edeltechniker noch Top-Leistungen im Tank und es wäre eine Verschwendung, wenn er sie in der Saudi Pro League abriefe.

messi
© getty

Lionel Messi: Leben wie ein Gott in Argentinien

Aber gerade weil er so viel erreicht hat, sind die Erwartungen an La Pulga auch so hoch. Aufgrund seiner fast einzigartigen Mischung aus Talent, Disziplin und Willen hat er sich in die seltene und privilegierte Lage gebracht, frei von finanziellem Druck zu sein und somit tun zu können, was ihm gefällt.

Wenn die Qualität der Konkurrenz für ihn kein Thema mehr ist, könnte er doch einen noch romantischeren Schritt als den nach Barcelona machen: Eine Rückkehr zu Newell's Old Boys, seinem ersten Verein.

Mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft ist Messi in Argentinien nun ein Gott - er könnte genauso gut nach Hause gehen und in seiner Heimatstadt Rosario wie ein solcher leben. Finanziell wäre das sicher nicht besonders lohnend, aber es wäre ein märchenhaftes Ende.

Natürlich ist es sehr unwahrscheinlich, dass dies geschieht. Zum jetzigen Zeitpunkt scheint ein Wechsel nach Saudi-Arabien unausweichlich, allein schon wegen der absurden Höhe des Angebots, das auf dem Tisch liegt.

Eines bleibt festzuhalten: Auch Messi wird nicht von Träumen getrieben, der GOAT ist ein knallharter Geschäftsmann. Geht er nun den hauptsächlich durch Geld motivierten Schritt nach Saudi-Arabien, wird das nur schwer zu akzeptieren sein.

Artikel und Videos zum Thema