Ein "Bremsklotz" stümpert weiter herum, während Jadon Sancho nichtmal im Kader steht: Der Ex-BVB-Angreifer sollte Manchester United verlassen

Von James Westwood / Christian Guinin
sancho
© getty

Während Marcus Rashford auf dem Rasen da anknüpft, wo er in seiner miserablen Vorsaison aufgehört hat, schafft es Jadon Sancho bei Manchester United im Moment nicht einmal in den Kader. Für den Ex-BVB-Star ist es an der Zeit, Englands Rekordmeister zu verlassen.

Cookie-Einstellungen

"Dieser Verein braucht gute Spieler, und eines ist sicher: Jadon ist ein wahnsinnig guter Spieler", sagte Erik ten Hag am Rande des Vorbereitungsspiels von Manchester United gegen die Glasgow Rangers im Juli. "Ich hoffe, dass es bei ihm noch Klick macht und er zu unserem Erfolg beitragen wird."

Ten Hag betonte auch, "einen Schlussstrich" unter seine Differenzen mit Sancho gezogen zu haben. Nachdem der 24-Jährige den Niederländer zu Beginn der Saison 2023/24 öffentlich kritisiert hatte, wurde er zunächst suspendiert und dann für die vergangenen Rückrunde an Borussia Dortmund verliehen. Beim BVB zeigte Sancho dann innerhalb kürzester Zeit, wozu er tatsächlich fähig ist. Dieser deutliche Leistungssprung hätte eigentlich ausreichen müssen, um ihm im Old Trafford, wo er noch bis 2026 unter Vertrag steht, eine frischen Start zu ermöglichen.

Doch bislang hat Sancho noch keine Chance bekommen, sich in die Startelf der Red Devils zu spielen. In den ersten beiden Premier-League-Spielen gegen Fulham und Brighton saß der 24-Jährige nicht einmal auf der Bank, was zu neuerlichen Spekulationen um seine Zukunft im Old Trafford führte.

Denn während United gegen Fulham noch ein knapper Sieg gelang, setzte es gegen Brighton eine 1:2-Niederlage, die wiederum die Kritiker Ten Hags auf den Plan rief. Sancho, so der Vorwurf, hätte ManUnited im Gegensatz zum schwach spielenden Marcus Rashford die dringend benötigte Qualität im letzten Drittel des Spielfelds geben können.

Seit seinem rund 85 Millionen Euro teuren Wechsel zu United im Jahr 2021 hat Sancho gewiss die Erwartungen nicht erfüllt. Blickt man auf die Leistungen Rashfords, muss sich allerdings die Frage stellen, warum der 24-Jährige unter Ten Hag keine Chance bekommt - vor allem unter der Gesichtspunkt, dass ihm vom niederländischen Coach eigentlich das Versprechen eines Neuanfangs gegeben wurde.

sancho-1600
© getty

Jadon Sanchos Dilemma deutete sich bereits im Community Shield an

Dass ten Hag Rashford im Community Shield gegen Manchester City (6:7 n.E.) auf dem linken Flügel auflaufen ließ, war schon ein erstes Zeichen dafür, dass es für Sancho auch im kommenden Jahr in Old Trafford schwierig werden könnte. Rashford vergab in der besagten Partie eine Reihe großartiger Chancen für die Red Devils, ehe er in der 83. Minute durch Sancho ersetzt wurde.

Der Zeitpunkt der Einwechslung war für den ehemaligen Dortmunder allerdings zu spät, um tatsächlich noch etwas bewirken zu können. Vielmehr sammelte er im anschließenden Elfmeterschießen sogar noch Minuspunkte, als er mit seinem Versuch an Ederson scheiterte. City holte sich den Sieg, und Sancho war einer der Sündenböcke. Ten Hag nahm ihn aber in Schutz: "Ich hatte keine Zweifel an ihm. Er ist ein sehr guter Elfmeterschütze. Heute hat er verschossen, aber das gehört zum Spiel dazu. Ich bin sicher, dass er in Zukunft Elfmeter schießen wird."

Zum Saisonauftakt gegen Fulham stand Sancho noch zur Verfügung, dann setzte ihn eine Ohrenentzündung außer Gefecht. "Er war fit, aber wir haben die Entscheidung so getroffen. Wir haben es vorgezogen, andere auf der Bank zu haben. Aber das kann sich ändern. Es wird sich ändern", erklärte Ten Hag die Frage nach Sanchos Fehlen im Kader. "Wir können nicht alle gleichzeitig spielen lassen. Man hat heute gesehen, wie wichtig die Auswechselspieler sind. Manchmal ist das frustrierend für die Spieler, aber es geht um die Mannschaft, den Verein. Es wird noch mehr Spieler auf dieser Position geben. Wir erwarten, dass sie für den Verein kämpfen."

Am Samstag reiste Sancho zwar mit nach Brighton, verpasste aber erneut einen Platz im finalen Kader. "Ich musste eine Entscheidung treffen", sagte Ten Hag gegenüber TNT Sport. "Wir hatten einige Probleme, wir brauchen einen vollen Kader."

Erik ten Hag, Jadon Sancho
© getty

Jadon Sancho muss zusehen, wie Marcus Rashford schwächelt

Das Problem, von seinem Trainer gemischte Signale zu bekommen, scheint Rashford nicht zu haben, auch wenn er sich in der vergangenen Saison mit einigen Disziplinlosigkeiten ebenfalls den Zorn ten Hags auf sich zog und in 43 Pflichtspielen lediglich acht Tore erzielte. Beim Sieg gegen Fulham zum Auftakt lieferte er eine unterdurchschnittliche Leistung ab, spielte aber dennoch die vollen 90 Minuten durch und behielt seinen Platz auch beim Auswärtsspiel in Brighton.

Gegen die Seagulls verzeichnete Rashford in seinen 65 Minuten auf dem Platz dann gerade einmal 23 Ballkontakte, leitete nur drei Angriffe ein und brachte keine einzige Flanke an den Mann. Zu allem Überfluss verlor er siebenmal den Ball, ehe er für Alejandro Garnacho ausgewechselt wurde.

United steigerte sich nach der Auswechslung des Engländers umgehend und hätte das Spiel vielleicht sogar gewinnen können, wenn Garnacho nicht ein spätes Tor verwehrt worden wäre, da Sommerneuzugang Joshua Zirkzee seinen Schuss aus einer Abseitsposition ins Netz abfälschte.

Amad Diallo scheint sein Platz auf den Außen nach einem vielversprechenden Saisonstart erstmal sicher zu haben, dahinter sollte Sancho aber zumindest als Auswechselspieler in Erwägung gezogen werden. Rashford wirkt mit seinen Aktionen hingegen wie ein Bremsklotz für den englischen Rekordmeister.

sancho-jadon-1600
© getty

Juventus wäre eine gute Wahl für Jadon Sancho

Laut The Athletic hat sich Sancho mittlerweile dazu entschlossen, United zu verlassen. Das ist nur allzu gut verständlich, schließlich kämpft er einen aussichtslosen Kampf gegen seinen Coach. Eine weitere Saison in Manchester würde seiner Entwicklung nur schaden.

Für seine Zukunft scheint es derzeit lediglich zwei andere Optionen zu geben: Juventus und den FC Chelsea. Berichten zufolge prüfen die Blues eine Verpflichtung des Offensivspielers und wären bereit, einen ihrer Spieler im Tausch an Manchester United abzugeben, um die Ablösesumme ein wenig zu drücken.

Ohne Frage hätte Sancho die Qualität, bei Chelsea erfolgreich zu sein, würde dabei aber ein chaotisches Umfeld gegen ein anderes tauschen. Christopher Nkunku, Pedro Neto, Noni Madueke, Cole Palmer, João Félix und Mykhaylo Mudryk konkurrieren derzeit unter Trainer Enzo Maresca um die Plätze im offensiven Mittelfeld. Und dieser wird einige Zeit experimentieren müssen, bevor er sich auf seine erste Elf festlegen kann.

Juve wäre für Sancho diesbezüglich wohl die weitaus bessere Wahl. Thiago Motta wurde dort als neuer Trainer installiert, nachdem er den FC Bologna im vergangenen Jahr in die Champions League geführt hatte. Sein vorausschauender taktischer Ansatz könnte in der Gesamtbetrachtung das beste Szenario für Sancho sein.

Motta braucht hinter Juves Torjäger Dusan Vlahovic noch einen echten Spielmacher. Jemanden, der zwischen den Linien Raum schaffen kann und mit dem Rücken zum Tor clevere Entscheidungen trifft. Sancho ist beidfüßig, was bedeutet, dass er in Mottas 4-2-3-1-System auf beiden Flanken oder sogar als Nummer 10 agieren könnte. Mit seinen brillanten Dribblings und seinem intelligenten Passspiel kann er Juves Angriffsspiel deutlich mehr Tiefe verleihen.

Juves Chancen dürften zumindest nicht schlecht stehen. Laut Informationen von RMC Sport ist Sanchos Wahl auf Turin gefallen und die Klubs hätten sich auf eine Leihe mit Kaufpflicht verständigt.

Rashford-1920
© getty

Manchester United hätte Marcus Rashford an PSG verkaufen sollen

Während es bei Sancho noch viel Potenzial gibt, welches man ausschöpfen kann, tritt Rashford seit Jahren ein wenig auf der Stelle. Der 26-Jährige hatte seinen (bisherigen) Karrierehöhepunkt 2022/23, als er zum ersten Mal in seiner Karriere die 30-Tore-Marke knackte und United zum Gewinn des Carabao Cups sowie zur Rückkehr in die Champions League verhalf.

Angesichts des kolportierten Interesses von Paris Saint-Germain wäre es aus United-Sicht der klügste Schritt gewesen, Rashford samt seines üppigen Gehalts von rund 385.000 Euro pro Woche loszuwerden. Doch im Klub weigert man sich, zu akzeptieren, dass Rashford sein Limit möglicherweise bereits erreicht hat.

Auch die zusätzlichen Trainingseinheiten mit dem neuen Assistenztrainer Ruud van Nistelrooy, um das schlechte Timing seiner Offensivläufe zu verbessern, scheinen keinen Erfolg zu bringen. Gegen Brighton stand er erneut mehrmals im Abseits - sogar ein Treffer wurde ihm deswegen aberkannt.

Dieser Mangel an räumlichem Vorstellungsvermögen brachte Englands und Newcastle-Legende Alan Shearer bei "Match of the Day" in Rage: "Heute und im Spiel gegen Fulham war er nicht annähernd gut genug. Er ist nicht mehr der Jüngste. Er muss die Position verstehen und über das Spielfeld schauen. Wenn man das ganze Spielfeld sehen kann, dann sollte man nicht im Abseits stehen."

Sancho-1920
© getty

Louis Saha: "Die Situation von Jadon Sancho ist für alle schrecklich"

Derzeit ist es schwer vorstellbar, dass Sancho seine Karriere bei United noch retten kann. Zumindest nicht solange ten Hag am Ruder ist. Unter dem Niederländer droht ihm die andauernde zweite Geige hinter Rashford.

"Die Situation von Jadon Sancho ist für alle schrecklich", meinte der ehemalige United-Stürmer Louis Saha in einem Interview mit Paddy Power im Sommer. "Als Fan von ManUnited will man die besten und talentiertesten Spieler auf dem Platz sehen, und Sancho ist definitiv einer dieser Spieler, die den Gegner vor Probleme stellen können."

Ein Ende von ten Hags Amtszeit im Old Trafford ist derzeit aber kein Thema, auch wenn sein Standing bei den Red Devils in der Vergangenheit gelitten hat. Der Niederländer erhielt von den neuen Anteilseignern von ManUnited, INEOS, erst kürzlich einen neuen Zweijahresvertrag - obwohl er die schlechteste Premier-League-Saison der Vereinsgeschichte zu verantworten hatte.

Manchester United empfängt am kommenden Sonntag den FC Liverpool im Old Trafford, bis Ende September stehen noch weitere schwere Spiele gegen Crystal Palace und Tottenham an. Ten Hag würde wohl erst zur Debatte stehen, wenn United in diesen Wochen in Schwierigkeiten gerät und nicht die erwarteten Ergebnisse einfährt. Dann könnte bei Sir Jim Ratcliffe, dem neuen starken Mann im Klub, ein Umdenken einsetzen

Sancho kann es sich allerdings nicht leisten so lange zu warten. Sein Scheitern bei Manchester United wäre ohne Zweifel schmerzlich mit anzusehen, alleine trägt er die Schuld an der Misere aber nicht.

Artikel und Videos zum Thema