43 Spieler, darunter acht Torhüter - und Todd Boehly kauft weiter: Der FC Chelsea bastelt am aufgeblähtesten Kader der Welt

Von Niklas Staiger
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Der FC Chelsea hat einen absoluten Riesen-Kader: 43 Spieler muss der neue Cheftrainer Enzo Maresca aktuell trainieren. Doch längst nicht alle davon können bei den Blues bleiben, Verkäufe sind derzeit entweder nicht abzusehen oder stocken. Stattdessen kaufen Besitzer Todd Boehly und Co. weiter ein.

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189 Millionen Euro hat der FC Chelsea laut transfermarkt.de in diesem Sommer bereits ausgegeben. Neun Spieler wurden damit nach London geholt. Obendrauf kommen drei Spieler aus der eigenen Jugend und elf Leih-Rückkehrer. Auf der anderen Seite stehen drei Verkäufe für immerhin 101 Millionen Euro, drei ablösefreie Abgänge und fünf Leihgeschäfte. Der Kader der Blues platzt aus allen Nähten. Aktuell steht er bei zwölf Spielern mehr als in der Vorsaison - insgesamt sind 43 Spieler im Profikader.

Und doch haben Besitzer Todd Boehly und Co. immer noch nicht genug. Nach 65-Millionen-Euro-Transfer Pedro Neto soll nun auch eine erneute Verpflichtung von Ex-Leihspieler Joao Félix ein Thema bei Chelsea sein. Immer mehr neue Stars sollen nach London kommen - doch spielen dürfen sie nicht alle!

Mindestens sechs Spieler müssen weg

Denn die Kader-Registrierungs-Regeln der englischen Premier League erlauben nicht so viele Spieler in einem Kader. Anders als in Deutschland, wo die Kadergröße nach oben nicht begrenzt ist, dürfen in England nur 25 Spieler über 21 Jahren (vor dem 1. Januar 2003 geboren) registriert werden. Davon müssen mindestens acht Spieler sogenannte "Homegrown"-Spieler sein, das heißt bis zu der Saison, in der sie 21 Jahre alt geworden sind, drei Jahre in England oder Wales gespielt haben.

Mit der Eigengewächs-Regelung hat der FC Chelsea immerhin keine Probleme: 16 der Ü21-Spieler im Kader erfüllen dieses Kriterium. Doch nur zwölf der 43 Spieler sind unter 21. Das bedeutet: 31 Ü21-Spieler müssen auf 25 Kaderplätze geschrumpft werden - und für jeden zukünftigen Neuzugang, der älter als 21 ist, muss ein weiterer Spieler gehen. Kommt also etwa Félix, müsste Chelsea sieben Spieler aussortieren.

Obendrauf könnten die Blues ihren Kader dann noch mit Jugendspielern auffüllen. Die zwölf Spieler, die keinen der 25 Kaderplätze in Anspruch nehmen, sind:

  • Levi Colwill (21, Innenverteidiger)
  • Bashir Humphreys (21, Innenverteidiger)
  • Romeo Lavia (20, Defensiver Mittelfeldspieler)
  • Lesley Ugochukwu (20, Defensiver Mittelfeldspieler)
  • Renato Veiga (21, Defensiver Mittelfeldspieler)
  • Carney Chukwuemeka (20, Zentraler Mittelfeldspieler)
  • Cesare Casadei (21, Zentraler Mittelfeldspieler)
  • Omari Kellyman (18, Offensiver Mittelfeldspieler)
  • Diego Moreira (20, Linksaußen)
  • Angelo (19, Rechtsaußen)
  • Deivid Washington (19, Mittelstürmer)
  • Marc Guiu (18, Mittelstürmer)

Dass sie keinen der 25 Kaderplätze belegen, bedeutet aber auch: Leihen dieser Spieler bringen Chelsea zwar einen kleineren Kader, aber zumindest bei den Registrierungs-Regeln der Premier League nicht weiter. Die Verkäufe müssen unter den älteren Spielern zu finden sein. Und selbst dann ist nicht garantiert, dass alle Spieler in einem möglichen Kader für die Europa Conference League Platz hätten. Denn dort werden nur U21-Spieler, die schon mindestens zwei Jahre im Verein sind, von der Registrierungspflicht im 25er Kader ausgenommen. Lavia, Ugochukwu, Veiga, Kellyman, Moreiro, Angelo und Washington würden also auch hier um die regulären 25 Kaderplätze kämpfen. Um den vollen Kader für die Conference League zu registrieren, müssten sogar 13 Spieler gehen.

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© Getty Images

Enzo Maresca braucht "mindestens zwei Optionen für jede Position"

Es ist nahezu unmöglich, einen 43-Mann-Kader sinnvoll zu managen. Die ersten Berichte über Spieler, die nicht mit der Mannschaft trainieren, sind bereits vorhanden. Bei der Vorbereitungs-Tour, als selbst noch viele EM-Spieler fehlten, nahm Maresca nur 29 Spieler mit - Trevoh Chalobah musste daheim bleiben. Seitdem trainiert der Innenverteidiger, der kürzlich noch beim FC Bayern München hoch im Kurs gestanden haben soll, laut The Athletic individuell.

Öffentlich über die Kadergröße beschwert hat sich der neue Trainer Enzo Maresca bisher nicht. Doch er selbst erklärte: "Am wichtigsten ist es, dass wir Konkurrenzkampf und auf jeder Position mindestens zwei Optionen haben. Dann wählen wir entweder den anderen oder eben dich, dabei wollen wir dasselbe Level haben." Besetzt man jede Position doppelt, landet man bei 22 Spielern - selbst mit den üblichen vielseitigen Spielern, die noch eine dritte Option geben, wird klar: Auch Maresca kann mit 43 Kaderspielern eigenltich nicht zufrieden sein.

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© FC Chelsea

Kurioser Kader: Acht Torhüter auf einmal

Die wohl kurioseste Position beim Klub aus London ist die zwischen den Pfosten. Jede Saison gibt es hier neue Spieler - und ständig wechselt der Name im Tor. Die Blues hatten sieben Torhüter bereits im Kader, doch trotzdem wurde mit Filip Jörgensen vom FC Villarreal noch ein achter Schlussmann für kolportierte 24,5 Millionen Euro verpflichtet - und der ist nicht einmal die Nummer eins. Bei der Generalprobe gegen Inter Mailand am vergangenen Wochenende stand Roberto Sánchez im Kasten. Der 26-Jährige ist selbst erst vor einem Jahr für kolportierte 23 Millionen Euro von Brighton & Hove Albion gekommen. Die beiden gehen durch die Saison wohl in ein Duell um den Stammplatz.

Immerhin: Mit den Leihen der beiden Talente Gabriel Sonina und Eddie Beach haben die Blues ihren Kader auf nur noch sechs Keeper reduziert. Doch neben Sánchez und Jörgensen gibt es mit Djordje Petrovic, der vor einem Jahr auch satte 16 Millionen Euro kostete, und dem früheren Stammtohüter Kepa Arrizabalaga, der zuletzt an Real Madrid ausgeliehen war, noch zwei weitere Schlussmänner, die eigentlich einen Anspruch auf Spielzeit haben müssten. Der 32-jährige Marcus Bettinelli gibt eine gute Nummer drei ab und dann gibt es da noch Talent Lucas Bergström, der die Vorsaison zur Leihe in seiner finnischen Heimat spielte.

Acht Torhüter unter Vertrag - davon vier mit potenziellem Stammplatz-Anspruch. Von solchen Verhältnissen träumen andere Klubs, oder eben auch nicht.

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Die Flügel als Vorbild: Chelsea macht zuletzt auch einiges richtig

Doch generell ist es nicht falsch von den Blues, den Kader trotz der enormen Größe situativ zu verstärken. Die Verpflichtung des portugiesischen Flügelstars Pedro Neto etwa bediente ein Problem im Kader und war zugleich eine Verstärkung. Denn Maresca fordert für jede Position zwei hochqualitative Spieler auf ähnlichem Niveau - und auf den offensiven Flügeln fehlte es an Qualität.

Mit Neto und Noni Madueke auf der einen sowie Raheem Sterling und Mykhaylo Mudryk auf der anderen Seite ist Chelsea nominell gut besetzt. Der von seiner Straßburg-Leihe zurückkehrende Angelo hat dort noch nicht genug gezeigt, um als hochqualitativer Ersatz für Madueke angesehen zu werden. Folglich musste etwas getan werden, weil Cole Palmer, der in der Vorsaison häufig rechts aushalf, nach dem geplanten Verkauf von Conor Gallagher vornehmlich als Zehner spielen wird.

Dass es auf den Außen generell nicht allzu viel Personal gibt, liegt vor allem daran, dass die Blues lange mit einer Dreierkette spielten - pro Seite gab es also nur eine statt wie jetzt zwei Planstellen. Dadurch sind diese Positionen nun nahezu perfekt besetzt. Mit Reece James und Malo Gusto rechts sowie Marc Cucurella und Ben Chilwell links konkurrieren auch in der Defensive jeweils zwei Spieler auf ähnlichem Niveau.

Doch bei den anderen Planstellen hat sich die Situation durch die Systemumstellung noch verschlimmert...

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Aus acht mach fünf: Reduzierung in der Innenverteidigung

Doch die zentralen Positionen sind alle mehr als nur überbesetzt. Der 21-jährige Innenverteidiger Levi Colwill dürfte seinen Stammplatz sicher haben. Um seine Nebenrolle in der Startformation duellieren sich nun sechs Spieler - ursprünglich waren es mal vier Innenverteidiger, doch mit Alfie Gilchrist ist einer schon zur Leihe unterwegs und weitere Abgänge sollen folgen. Obendrauf haben die Blues mit Aarón Anselmino noch ein argentinisches Top-Talent von den Boca Juniors verpflichtet - und direkt zurück verliehen. Die Kandidaten neben Colwill:

  • Wesley Fofana (23, vor zwei Jahren für 80 Millionen Euro gekommen)
  • Axel Disasi (26, vor einem Jahr für 45 Millionen Euro gekommen)
  • Benoit Badiashile (23, vor eineinhalb Jahren für 38 Millionen Euro gekommen)
  • Tosin Adarabioyo (26, in diesem Sommer ablösefrei gekommen)

Trevoh Chalobah, ein ehemaliges Top-Talent aus der eigenen Akademie, um das vor einem Jahr noch der FC Bayern München mit den Blues feilschte, soll auf jeden Fall verkauft werden, wurde aussortiert. Auch für Bashir Humphreys, mit 21 Jahren noch im besten Talente-Alter, hat in London keinerlei Perspektive auf Einsatzminuten, könnte verliehen werden. Doch vier Innenverteidiger für eine Position, die alle gerne spielen wollen - da ist Unzufriedenheit vorprogrammiert. Und noch sind Chalobah und Humphreys da.

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Aus sieben mach neun: Kaufen statt Verkaufen im Mittelfeldzentrum

Voller wird es nur im defensiven Mittelfeld. Obwohl der Kader bereits vor dem Sommer total überfüllt war und Verkäufe geplant wurden, legte Chelsea mit einiger Kohle nach. Für kolportierte 35 Millionen Euro kam Kiernan Dewsbury-Hall von Leicester City nach London. Ein Spieler, der kaum eine Chance auf Einsatzzeit hat. Denn auf der Zehner-Position sind mit Palmer und Christopher Nkunku zwei absolute Hochkaräter im direkten Duell - und im defensiven Mittelfeld sind eigentlich Roméo Lavia und Moisés Caicedo gesetzt.

Selbst 120-Millionen-Mann Enzo Fernández hat dort keine Einsatzzeiten sicher. Und Star-Eigengewächs Conor Gallagher soll verkauft werden, weil er zentral nicht mehr gebraucht wird. Obendrauf wollen auch der 20-jährige Lesley Ugochukwu, der vor einem Jahr als Riesentalent für 27 Millionen Euro kam, Carney Chukwuemeka und Cesare Casadei noch etwas Einsatzzeit abhaben.

Und dann hat Chelsea nochmal 14 Millionen Euro auf den Tisch gelegt: Der frühere Augsburger Renato Veiga kam vom FC Basel, spielte in sechs Vorbereitungsspielen magere 72 Minuten. Veiga besticht durch Vielseitigkeit, wird aber eigentlich gar nicht gebraucht.

Nicolas Jackson, Chelsea
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Auch ein Stürmer soll kommen: Viel Breite, keine Spitze

Eigentlich gab es auch im Sturm diesen Sommer schon einen Neuzugang - der 18-jährige Marc Guiu kam vom FC Barcelona, per Ausstiegsklausel für sechs Millionen Euro. Doch das Konzept, einfach viele junge Talente zu kaufen, ist bei den Blues vor allem im Sturm nicht aufgegangen - und dann ist auch noch 113-Millionen-Euro-Flop Romelu Lukaku im Kader, der zudem Unmengen an Gehaltsbudget verschlingt und unbedingt die Blues verlassen soll.

Weder 37-Millionen-Euro-Stürmer Nicolas Jackson noch Eigengewächs Armando Broja konnten sich durchsetzen. Auch die Talente David Datro Fofana und Deivid Washington spielten seit ihrer Ankunft für zwölf bzw. 16 Millionen Euro gar keine Rolle. Zwar entwickeln sich die Spieler und die Werte steigen. Doch wirklich helfen kann keiner dem FC Chelsea. Gerade im Sturm entwickelt sich der Eindruck, dass Talent-Transfers als Gelddruckmaschine anstatt als Leistungsanlagen verpflichtet werden.

Und auch der erhoffte Sturm-Neuzugang für diesen Sommer wäre eher Talent als Klasse gewesen...

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Stürmer-Transfer geplatzt - rettet Joao Félix den Gallagher-Deal?

Denn der 20-jährige Samu Omorodion von Atlético Madrid wurde als Heilsbringer gesehen, kommt aber mit gerade einmal neun Toren in 35 Profispielen daher. Jetzt soll dieser Transfer allerdings geplatzt sein. Aufgrund einer Verletzung, die ihn auch im Olympia-Finale außer Gefecht setzte, hat der Spanier offenbar seinen Medizincheck bei Chelsea nicht bestanden, berichtet Relevo. Und das bringt den Gallagher-Verkauf zum Wackeln.

Denn eigentlich sollte teilweise im Tausch dafür Omorodion nach London wechseln. Damit steht selbst der sicher geglaubte Verkauf eines Stammspielers auf der wohl am stärksten besetzten Position vor dem Scheitern. Jetzt soll das eingangs erwähnte Interesse an Félix den Verkauf retten: Atlético hat den Blues offenbar den Portugiesen zum Tausch angeboten, der bereits in der Rückrunde 2022/23 in London spielte. Der Angreifer soll bereit für den Wechsel sein, berichtet Fabrizio Romano - doch die Verhandlungen laufen noch.

Und überhaupt: Eine echte Sturmspitze ist Félix nicht. Somit wäre er wohl noch ein Spieler, der sich dahinter einsortiert, wo Chelsea bereits gut besetzt ist. Die Blues würden also auch hier nur ein Problem gegen ein anderes tauschen...