Cole Campbell vom BVB: Das nächste US-Talent vor dem Durchbruch in Dortmund

Von Ryan Tolmich / Oliver Wittenburg
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Cole Campbell vom BVB hatte die Wahl - und entschied sich nun für die US-Nationalmannschaft entschieden. Gleich beim Debüt lief es hervorragend für den talentierten Stürmer.

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Die Verbindungen zwischen dem US-Fußball und dem BVB sind bereits eng. Christian Pulisic war der Trendsetter, der erste Amerikaner, der bei einem der Topklubs auftauchte. Bald darauf folgte Gio Reyna, der trotz einiger Turbulenzen in jüngster Zeit in den ersten Jahren bei den Schwarz-Gelben viele gute Momente hatte.

Dahinter ist jedoch ein weiterer Amerikaner auf dem Weg nach oben. Bis vor wenigen Wochen war Cole Campbell von Borussia Dortmund noch nicht für die USA spielberechtigt, doch ein zufälliges Treffen mit einem ehemaligen Nationalspieler überzeugte ihn von einem bedeutsamen Wechsel.

Campbell, in der U17 für Island aktiv, hat der amerikanischen Nationalmannschaft zugesagt und sich sofort zu einem der meistdiskutierten Talente im amerikanischen Fußball entwickelt. Aber wer ist der 18-Jährige - und wie sieht sein weiterer Weg in den USA und in Dortmund aus?

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Die ersten Schritte

Campbell wurde in Houston als Sohn im Fußball tief verwurzelter Eltern geboren. Seine Mutter war die in den USA geborene isländische Nationalspielerin Rakel Karvelsson. Sein Vater, Lance Campbell, war ein leitender Angestellter in der Pharmaindustrie, der auf dem College spielte. Das gab Cole eine gute Ausgangsposition.

In seiner Jugend zog Campbells Familie nach Georgia, wo er sich schließlich der Atlanta United Academy anschloss. Im Jahr 2020 zogen die Campbells jedoch nach Island, um sich um seine Großmutter mütterlicherseits zu kümmern. Campbell hatte schon in seiner Jugend viel Zeit in Island verbracht, wo er im Sommer regelmäßig zu Besuch war. So war es für ihn ein natürlicher Übergang, sowohl auf als auch neben dem Spielfeld.

Als Spieler entwickelte er sich weiter, nachdem er bei Fimleikafeeag Hafnarfjardar unterschrieben hatte. 2021 gab er sein Debüt in der ersten Mannschaft und wurde zum zweitjüngsten Spieler in der Geschichte der Liga. Sein Aufstieg führte ihn auch in die isländische U17-Auswahl, wo er 2021 zu mehreren Länderspielen kam.

Nach nur zwei Einsätzen für seinen Verein wurde bekannt, dass der BVB den Stürmer im Sommer 2022 nach Dortmund holen würde. Laut Sky waren auch die Bayern an Campbell interessiert, der schließlich von Ex-Profi Lars Ricken, dem aktuellem Jugendkoordinator, davon überzeugt wurde, zu den Schwarz-Gelben zu kommen.

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Der große Durchbruch

Vor seinem Wechsel nach Dortmund spielte Campbell während eines kurzen Engagements bei der isländischen Mannschaft Breidablik gegen Aron Johannsson, der auf der anderen Seite für Valur auflief.

Wie Campbell war auch Johannsson ein in den USA geborener isländischer Nationalspieler. Auch er hatte einen Fuß in beiden Welten, und 2013 traf der spätere Werder-Stürmer Johannsson eine der wichtigsten Entscheidungen seines Lebens, als er Island verließ, um für die US-amerikanische Nationalmannschaft zu spielen, die er ein Jahr später bei der Weltmeisterschaft in Brasilien vertreten sollte.

Nach der Partie wurde aus dem Spieler Johannsson der Agent Johannsson, der für den US-Verband wichtige Rekrutierungsarbeit leistete.

"Es ist schon komisch", sagte Campbell gegenüber American Soccer Now. "Ich hatte ihn noch nie zuvor getroffen, aber er kam zu mir rüber und sagte: 'Du bist Cole, richtig? Ich sagte ja. Er fragte, ob ich mir vorstellen könnte, für die USA zu spielen. Ich sagte: 'Wirklich?' Und er sagte: 'Das ist eine großartige Gelegenheit, eine große, große Sache.' Er sagte, er würde alles noch einmal machen, wenn er könnte. Das hat mich irgendwie zum Nachdenken gebracht."

Nach seinem Wechsel nach Dortmund intensivierten die Amerikaner ihre Bemühungen. Campbell erhielt Besuch von Marco Mitrovic, dem damaligen U19-Trainer der USA, der jetzt für die Olympiamannschaft verantwortlich ist. Von da an ging es Schlag auf Schlag, und Campbell, der sowohl die amerikanische wie auch die isländische Staatsbürgerschaft besitzt, entschied sich für einen Wechsel zum US-Verband.

"Die USA haben sich an mich gewandt und mich wirklich umworben. Ich fühlte mich wirklich gewollt", sagte er. "Am Ende des Tages musste ich einfach schauen und sagen: 'Island war gut, aber die USA sind eine große Chance'. Ich hatte das Gefühl, dass das das Beste für mich war. Deshalb habe ich den Wechsel vollzogen."

So läuft's gerade

Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass Campbell im USA-Trikot einen Traumstart hinlegte.

Gleich nach seiner Entscheidung wurde er in den Kader der U19-Nationalmannschaft für zwei Testspiele berufen. Bei seinem Debüt gegen England traf er bereits nach 15 Minuten.

Zu Beginn der zweiten Halbzeit schlug er erneut zu und verhalf seinen Farben zu einem 3:2-Sieg. Einen besseren Eindruck kann man im ersten Spiel kaum hinterlassen.

Campbell macht auch im Verein Fortschritte. Er ist Teil der BVB-U19, erhielt aber bereits mehrfach die Gelegenheit, bei den Profis reinzuschnuppern. So nahm er etwa am Wintertrainingslager der Mannschaft von Edin Terzic in Spanien teil.

Seine Stärken

Campbell kommt beim BVB vornehmlich auf dem rechten Flügel zum Einsatz, kann aber auch auf der linken Seite spielen, oder die Zehnerposition bekleiden. Der Rechtsfuß hinterließ bislang gerade als Vorbereiter einen sehr guten Eindruck. In 23 Einsätzen in der Junioren-Bundesliga, der UEFA Youth League und im DFB-Juniorenpokal kommt er auf drei Treffer und neun Assists.

Campbell ist ungeheuer beweglich, sehr beschlagen am Ball und stark im Eins-gegen-eins. Gerne zieht er nach innen, um selbst in Abschlusspositionen zu kommen oder - noch häufiger - für seine Mitspieler zu kreieren.

Wenige Klubs in Europa haben in der jüngeren Zukunft mehr hochkarätige Talente entwickelt oder auf die nächste Stufe ihres Könnens gehoben als Borussia Dortmund, gerade wenn es um Offensivspieler geht. Man denke an Christian Pulisic, Giovanni Reyna, Jadon Sancho oder Jamie Bynoe-Gittens, - ganz zu schweigen von Jude Bellingham und Erling Haaland.

Campbell hat das Zeug, um ebenfalls auf Top-Level zu spielen und er scheint am richtigen Ort zu sein, um seine Entwicklung optimal voranzutreiben.

Woran er arbeiten muss

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Einer der wichtigsten Punkte bei Campbell: die Reife.

Während Dortmunds Wintertrainingslager in Spanien wurden Campbell und Paris Brunner wegen eines nächtlichen Ausflugs bestraft. Die beiden standen beim 3:3 gegen Standard Lüttich nicht im BVB-Kader, am Tag zuvor hatten sie schon im Training gefehlt.

Um es klar zu sagen: Nicht jeder Fehltritt ist ein Hinweis auf einen schwierigen Charakter oder eine falsche Einstellung eines Youngsters. Manchmal machen Kinder dumme Dinge - und Campbell ist mit 18 Jahren fast noch ein Kind. Mit der Zeit wird er lernen, dass er nicht in solche Situationen kommen darf, vor allem, wenn er wie in Spanien die Chance hat, sich bei der ersten Mannschaft zu zeigen.

Auf dem Platz muss er sich natürlich noch körperlich weiterentwickeln, vor allem wenn er in der Bundesliga auf hohem Niveau spielen will. Auch taktisch ist die Bundesliga ein gewaltiger Schritt, an den sich alle jungen Spieler gewöhnen müssen. Er wird sich wahrscheinlich auch eine feste Position suchen müssen. Wenn es dann die in der Zentrale ist, wird er in der Defensive mehr machen müssen.

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Der neue ... Gio Reyna?

Es ist schwer zu sagen, auf welcher Position Campbell spielen wird, wenn er auf Top-Niveau mit dabei sein kann. Ist er athletisch und frech genug, um auf dem Flügel zu wirbeln? Oder passen seine Fähigkeiten eher zur Zehner-Rolle?

Diese Diskussion dürfte den Fans und Verantwortlichen beim BVB bekannt vorkommen, denn sie ist schon einmal geführt worden: Schon seit Jahren wird bei Giovanni Reyna gerätselt, wie und wo er am besten eingesetzt werden kann. Denn auch der US-Nationalspieler kann sowohl als Zehner als auch als Flügelspieler wertvoll sein. Jede Position bringt bei Reyna ihre Vor- und Nachteile mit - aber allein die Tatsache, dass er beides spielen kann, macht ihn für jeden Kader wertvoll.

Nun ist der Vergleich zwischen Campbell und Reyna noch kein fairer. Der an Nottingham Forest ausgeliehene BVB-Star ist trotz all seiner Probleme immer noch eines der größten US-Talente. Campbell logischerweise noch nicht das gezeigt, was ein junger Gio Reyna schon auf den Platz gezaubert hat.

Dennoch kann man die Ähnlichkeiten leicht erkennen. Beide können in einer Offensive liefern, indem sie Tore schießen und für andere vorbereiten. Sie können beide auf der Außenbahn spielen, sind aber im Zentrum vielleicht sogar noch besser aufgehoben. Und beide haben sich in Dortmund entwickelt, bei einem Verein, der auf sie ganz klar in Zukunft setzt.

Reyna selbst muss aber noch viele offene Fragen selbst beantworten. Das gilt auch für Campbell. Reyna hat ihm beim BVB den Weg geebnet - und jetzt ist es spannend, zu sehen, wie sich Campbell in den Fußstapfen seiner US-Vorgänger bei der Borussia schlägt.

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Wie geht es weiter?

Für Campbell ist das große Ziel das Debüt bei den Profis - und darauf wird er hinarbeiten. Dortmund ist ein Verein, der keine Angst davor hat, einen jungen Spieler ins kalte Wasser zu werfen - ganz egal, wie alt er ist. Kann Campbell das nächste Talent werden, dem Dortmunds Verantwortliche genug vertrauen, um ihm eine Chance zu geben?

Auf internationaler Ebene wird Campbell voraussichtlich in die U20-Auswahl der USA aufrücken, die im Sommer mit der WM-Quali beginnt. Campbell wird schauen müssen, dass er sich im Nationalteam weiter integriert.

"Ich freue mich sehr darauf", sagte Campbell ASN, "wenn ich für den Kader nominiert werde, bin ich sehr selbstbewusst. Ich denke, wir haben es gegen England sehr gut gemacht. Die Spieler sind toll, die Trainer auch. Ich denke, wir haben einen guten Kader. Ich freue mich darauf."