Welcher Klub braucht Zinédine Zidane am dringendsten als Trainer - der FC Bayern, Manchester United oder Chelsea?

Von Matt O'Connor-Simpson / Daniel Buse
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Zinédine Zidane will nach eigener Aussage wieder als Trainer arbeiten - und er kann aus mehreren interessierten Klubs auswählen.

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Eine Filmpremiere ist eigentlich nicht der Ort, an dem ein Kampf um einen Fußball-Coach begonnen wird. Doch bei der Premiere des Dokumentarfilms über die Karriere des Ex-Italien- und Juventus-Trainers Marcello Lippi reichten sieben Worte von Zinédine Zidane aus, um genau das zu tun.

"Ich würde gerne auf die Bank zurückkehren", sagte der legendäre Franzose - und es sieht so aus, als ob gleich mehrere Top-Klubs diesen Satz genau vernommen haben. Dass sich Zidane auf einen möglichen Job in Italien bezog, spielte hinterher keine Rolle mehr. In den Tagen nach seinem kurzen Satz überschlugen sich die Meldungen, die Zidane mit einer Reihe von Top-Klubs in Verbindung brachten.

Es ist natürlich nicht das erste Mal, dass Zidane bei Europas Elite-Vereinen gehandelt wird. Seit er Real Madrid 2021 zum zweiten Mal verlassen hat, hatte Zidane die Qual der Wahl, denn es wurden ihm schon einige Aufgaben angeboten, die er hätte übernehmen können. Bislang hat er sich jedoch als äußerst anspruchsvoll erwiesen und auch große Offerten abgelehnt, weil er sich nicht für die Projekte hatte begeistern können.

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Zidane wartet auf den richtigen Moment

So wurde die Option Zidane Berichten zufolge bereits zweimal bei Manchester United diskutiert, einmal 2019 als Nachfolger von José Mourinho und dann 2021, als schließlich Ralf Rangnick als Interimstrainer für den entlassenen Ole Gunnar Solskjaer ausgewählt wurde.

Auch Juventus Turin hatte sich nach dem Aus von Andrea Pirlo umgehört, sich dann aber schließlich für Max Allegri entschieden, der seither in Turin schwer zu kämpfen hat. Paris Saint-Germain gehörte auch zu den Interessenten, als klar wurde, dass Christophe Galtier zum Ende der letzten Saison gehen muss. Doch auch hier blieb Zidane zurückhaltend, Luis Enrique bekam stattdessen den Spitzenjob im französischen Klub-Fußball.

Aber nicht nur Vereine wollten Zidane haben: Die USA klopften die Bereitschaft des 51-Jährigen ab, Nationaltrainer zu werden, als Coach Gregg Berhalter eine Zeit lang kritisch betrachtet wurde. Zidane lehnte es aber ab, in die USA zu gehen - und auch die Aussicht, das Team zur Heim-WM 2026 zu führen, stimmte ihn nicht um.

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Zinédine Zidane: Der Frankreich-Traum ist vorerst geplatzt

Trotz aller Gerüchte gab es nur einen einzigen Trainer-Job, über den Zidane seit seinem Aus bei Real jemals ernsthaft nachgedacht hat. Als Frankreich das WM-Finale 2022 verloren hatte, war nicht klar, ob Didier Deschamps als Coach bei Les Bleus weitermachen würde. Zidanes Name geisterte schnell herum, denn Deschamps wurde für die Zusammenstellung seines Kaders hart kritisiert.

Als sich die Lage kurz darauf etwas entspannt hatte, kam die Bestätigung: Deschamps verlängerte seinen Vertrag bis 2026. Aus Zidanes Sicht war das natürlich eine Enttäuschung, doch das Thema war damit noch lange nicht durch - dank des damaligen Präsidenten des französischen Fußballverbands, Noël Le Graët. Er sorgte dafür, dass die Sache zu einer nationalen Krise wurde.

In einem Gespräch mit RMC Sport sagte der 82-Jährige damals: "Hat Zidane versucht, mich zu erreichen? Sicherlich nicht, aber ich wäre sowieso nicht rangegangen." Er fügte hinzu: "Ich habe ihn nie getroffen. Wir haben nie darüber nachgedacht, uns von Didier zu trennen."

Seine herablassenden Bemerkungen sorgten für große Empörung in Frankreich: Kylian Mbappé teilte dem Präsidenten mit, er solle "Zidane als Legende nicht so respektlos behandeln". Und auch die französische Sportministerin Amelie Oudea-Castera schaltete sich ein. Le Graët versuchte, sich mit einer Entschuldigung aus der Affäre zu ziehen, aber es nützte nichts: Wenige Monate zuvor war seine Position durch eine Enthüllung der französischen Zeitschrift So Foot ohnehin schon geschwächt worden, in der Anschuldigungen wegen sexueller Belästigung und unangemessenen Verhaltens am Arbeitsplatz erhoben wurden. Der Präsident reichte schließlich im Februar 2023 seinen Rücktritt ein.

Die Kritik an Zidane war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte - was zeigt, wie angesehen Frankreichs WM-Held aus dem Jahr 1998 immer noch ist. Da Deschamps jedoch immer noch im Amt ist, ist Zidanes Traum, die Nationalmannschaft in naher Zukunft zu übernehmen, erst einmal ausgeträumt. Die Situation könnte sich natürlich ändern, wenn Les Bleus bei der EM in diesem Sommer versagen sollten, aber Zidanes jüngste Äußerung deutet darauf hin, dass er nicht mehr länger warten will. Er ist bereit, wieder einen Klub zu coachen - wenn sich für ihn die richtige Gelegenheit ergibt.

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Zinédine Zidane: Der perfekte Trainer für Real Madrid

Es ist wenig überraschend, dass viele Top-Klubs gerne der Verein wären, bei dem Zidane sein Comeback auf der Trainerbank gibt. Dass Zidane nach seiner ungewöhnlich langen Pause immer noch als Top-Coach betrachtet wird, zeigt, welch überzeugende Arbeit er während seiner ersten Amtszeit im Santiago Bernabéu geleistet hat. Er wurde aus der zweiten Mannschaft der Königlichen hochgezogen, um den Scherbenhaufen wegzukehren, den ihm Rafa Benítez hinterlassen hatte. Nur wenige Monate später führte er die Blancos ins Champions-League-Finale, in dem sie sich im San Siro gegen den Stadtrivalen Atlético durchsetzten.

Und danach folgte Titel auf Titel. In der darauffolgenden Saison gewann Madrid die Meisterschaft, triumphierte bei der Klub-WM und erneut in der Champions League. In der Saison 2017/18 gelang Zidane der dritte Europapokal-Sieg in Folge. Kurz darauf verließ er den Verein mit der Begründung, er brauche eine "Veränderung", um sich weiterzuentwickeln. Aber er war nicht lange weg.

Nach den gescheiterten Experimenten Reals mit Julen Lopetegui und Santiago Solari wurde Zidane im März 2019 erneut in Madrid präsentiert. Diesmal hatte er die Aufgabe, die Mannschaft nach dem Abgang von Cristiano Ronaldo grundlegend umzubauen - und in seiner ersten vollen Saison als Trainer holte er wieder den Titel in LaLiga. Diese Meisterschaft sicherte nicht die mäßige Abwehr, sondern allein die Tore von Karim Benzema. In der Saison 2020/21 war der Zauber anschließend verflogen, Los Blancos blieben titellos.

Obwohl er noch bis 2022 unter Vertrag stand, verließ Zidane den Verein am Ende der Saison. In einem offenen Brief an die Fans schrieb er: "Ich gehe, weil ich das Gefühl habe, dass der Verein mir nicht mehr das Vertrauen schenkt, das ich brauche, und auch nicht die Unterstützung, um mittel- oder langfristig etwas aufzubauen."

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Zinédine Zidane: Bayern München ist interessiert

Zidane war nicht der erste Trainer, der mit dem ständig mehr fordernden Real-Präsidenten Florentino Pérez nicht mehr zurechtkam. Wenn er sich von seiner zweiten anstrengenden Amtszeit in Madrid nun in der langen Pause gut erholt hat, wird es in diesem Sommer jede Menge Angebote für ihn geben. Ein Verein, der angeblich an ihm interessiert ist, ist Bayern München. Denn dort verkündeten die Bosse zuletzt, dass Thomas Tuchel am Ende der Saison gehen wird.

Die Nachricht vom Aus des Ex-Chelsea-Bosses beim FCB kam nicht überraschend. Die Roten liegen im Rennen um den Bundesliga-Titel acht Punkte hinter Xabi Alonsos Bayer Leverkusen. Und die Aussichten in der Champions League sind nach dem enttäuschenden 0:1 im Achtelfinal-Hinspiel bei Lazio auch nicht gerade rosig.

In typischer Bayern-Manier, interessante Spieler und Trainer erst einmal bei der nationalen Konkurrenz wegzuschnappen, gilt Alonso als erste Wahl des Vereins. Da aber auch Liverpool seinen Ex-Spieler unbedingt haben will, ist Zidane als weitere Option in der Bayern-Gerüchteküche aufgetaucht.

Seine Verpflichtung würde sehr viel Sinn ergeben. In der Bayern-Kabine geht es angeblich gerade drunter und drüber, denn es sollen sich sowohl ein Pro-Tuchel- als auch ein Anti-Tuchel-Lager formiert haben. Dies passt zu den internen Streitigkeiten in der Mannschaft, die schon in der vergangenen Saison bei der handgreiflichen Auseinandersetzung zwischen Leroy Sané und Sadio Mané deutlich wurden. Die große Befürchtung in München war und ist, dass der berühmt-berüchtigte "FC Hollywood" bald wieder entsprechende Schlagzeilen produziert.

Zidane hat in in Madrid jedoch gezeigt, dass eine seiner größten Stärken der Umgang mit großen Spieler-Egos ist. Cristiano Ronaldo, Karim Benzema und zahlreiche andere Top-Stars sagen nur Gutes über den Franzosen. Wenn diese Top-Stars bei Real in einer Top-Verfassung waren, dann strahlten die Zidane-Teams das auch immer auf dem Platz aus.

Es war die von Zidane geförderte Mentalität, die die Madrilenen zu den meisten ihrer Erfolge verhalf. Er ist kein Trainer mit einer speziellen Spiel-Philosophie wie Pep Guardiola oder Roberto De Zerbi. Er ist taktisch flexibel; seine größte Stärke ist es, mit psychologischen Kniffen die Eigen-Dynamik einer Mannschaft zu fördern.

Da die Bayern in der jüngeren Vergangenheit mit Tuchel und Julian Nagelsmann bereits Probleme mit zwei Trainern hatten, die alles völlig neu aufstellen und erfinden wollten, erscheint eine Verpflichtung des pragmatischen Zidane aus Münchner Sicht als durchaus sinnvoll.

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Zinédine Zidane: Chelsea kommt wahrscheinlich nicht in Frage

Allerdings gibt es für Zidane wohl auch Optionen in der Premier League, beispielsweise bei Chelsea. Sein Name wurde an der Stamford Bridge in der letzten Saison gehandelt, nachdem Graham Potter nach einer kurzen Amtszeit gehen musste. Die Blues entschieden sich jedoch stattdessen erst für Frank Lampard und dann für Mauricio Pochettino - ein Duo, das nicht den gewünschten Erfolg hatte.

Pochettino musste erst am Wochenende im Carabao-Cup-Finale gegen ein blutjunges Liverpool-Team von Trainer Jürgen Klopp eine empfindliche Niederlage einstecken. Und diese Niederlage lässt die Zweifel, dass der Argentinier der richtige Mann bei den Blues ist, um aus dem unausgewogenen Kader eine echte Mannschaft zu formen, weiter wachsen.

Und genau da liegt das Problem bei Chelseas möglichem Werben um Zidane: Zwar hat der Franzose auch schon bei Real junge Spieler in die erste Mannschaft integriert - Federico Valverde, Vinícius Júnior und vielleicht auch noch Rodrygo haben es während seiner Zeit in Madrid in die Erste geschafft -, doch bei Chelsea ist die Lage eine ganz andere.

Chelsea gibt zwar immer noch Geld wie ein Spitzenklub aus, ist aber sportlich noch meilenweit davon entfernt, wieder zu den Top-Teams der Premier League zu gehören. Man muss sich gar nicht hypothetisch überlegen, was Zidane an der Stamford Bridge leisten könnte. Denn selbst wenn die Chelsea-Bosse an ihn herantreten würden, dürfte Zidane nicht einmal eine Sekunde lang über ein mögliches Angebot nachdenken, sondern würde sofort ablehnen.

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Zinédine Zidane: Ratcliffes Traum-Kandidat

Die Chelsea-Probleme sorgen aber nicht dafür, dass Zidanes Aussichten auf einen Job in der Premier League gleich null sind. Bei Manchester United wird wieder einmal gemunkelt, dass der Franzose auf dem Radar des Klubs sein könnte. Es ist noch lange nicht sicher, dass Trainer Erik ten Hag im Sommer gehen muss, aber nach den schlechten Leistungen in der Champions League und im Carabao Cup wäre sein Job ernsthaft in Gefahr, wenn die Red Devils die Saison nicht in der Liga in den Top Vier beenden.

Die Teilübernahme des Klubs durch Sir Jim Ratcliffe macht die Situation für Zidane und die Fans deutlich spannender. Kürzlich wurde berichtet, dass Zidane der "Traumkandidat" Ratcliffes wäre, falls ten Hag entlassen wird.

Zidane und United könnte dabei gut passen. Die Medienpräsenz, die ein United-Trainer hat, ist legendär: Ten Hag wurde sogar fotografiert, weil er die angebliche Dreistigkeit besaß, nach der Niederlage gegen Fulham zu früh mit seiner Frau zum Mittagessen zu gehen. Zidane würde sich von diesem Druck wahrscheinlich nicht aus der Ruhe bringen lassen, denn Real Madrid ist einer der wenigen Klubs auf der Welt, die genauso viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen - positiv wie negativ - wie die Red Devils.

Seine außergewöhnliche Bilanz bei den Blancos dürfte Ratcliffe auch begeistern. Der Milliardär genießt derzeit noch eine Art Welpenschutz und erntet viel Lob für seine Personalentscheidungen. Aber ein Titelgewinn in seiner ersten Saison wird entscheidend dafür sein, die volle Unterstützung der United-Fans zu behalten.

Zidanes bereits erwähnte Fähigkeiten im Umgang mit großen und schwierigen Spielern wären auch im Old Trafford von Vorteil. Wenn Zidane geholt wird, würde die Zahl der Stories, die von verärgerten Spielern, Beratern oder Klub-Angestellten an die Presse weitergegeben werden, mit Sicherheit deutlich sinken.

Zinédine Zidane: Die Sprachbarriere

Alles in allem scheint Zidane also bestens geeignet zu sein, in diesem Sommer ein Team zu übernehmen, das in Rot spielt - auch wenn es noch einige Fragen zu klären gibt, bevor ein Wechsel zustande kommen kann. Neben den üblichen Verhandlungen über das Gehalt werden mit Sicherheit auch Zidanes frühere Äußerungen über die Sprachbarriere für beide Vereine von Bedeutung sein.

"Bestimmte Voraussetzungen erschweren alles", sagte er 2022 L'Équipe, als er gefragt wurde, wo er als nächster Trainer arbeiten würde. "Die Sprache, zum Beispiel. Wenn die Leute zu mir sagen: 'Willst du nach Manchester?' Na ja, ich verstehe Englisch, aber ich beherrsche die Sprache nicht komplett. Ich weiß, dass es Trainer gibt, die zu Vereinen gehen, ohne die Sprache zu sprechen, aber ich arbeite anders. Um Titel zu holen, müssen viele Elemente stimmen. Ich weiß, was ich brauche, um Titel zu holen."

Daher müsste Zidane davon überzeugt werden, dass diese Frage kein Hindernis bei dem Verein darstellt, der sich in den Verhandlungen mit ihm befindet.

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Zinédine Zidane: Manchester oder Bayern?

Doch welcher Verein braucht Zidane dringender und sollte sich als Erstes um ihn bemühen? Während die Bayern von seiner ruhigen Art hinter den Kulissen profitieren würden, könnte die Tatsache, dass sie in diesem Sommer aufgrund von demnächst auslaufenden Verträgen bei mehreren Stars einen größeren Umbau vornehmen müssen, darauf hindeuten, dass sie eher einen ganzheitlich denkenden Chef benötigen.

Sie brauchen jemanden, der dem Verein eine Philosophie vermitteln kann, wie es Guardiola 2013 getan hat und wie es auch Nagelsmann wollte. Zidane wäre wahrscheinlich nicht die beste Option für diese Bayern-Aufgabe.

United hingegen scheint eher einen Trainer zu brauchen, der ein paar Titel holt und die Mannschaft aus dem Nichts wieder als Top-Team in der Champions League etablieren kann. Die dafür erforderliche Umstrukturierung im Klub würde eher nicht die Aufgabe Zidanes werden, sondern in der Vereinszentrale geplant und durchgeführt werden.

Jemanden wie Zidane zu haben, der sowohl in der Kabine als auch in den Medien sofortigen Respekt genießt, und der bei diesem Prozess helfen kann, erscheint für Man United als eine spannende Möglichkeit. Kein Wunder, dass Sir Jim Ratcliffe von dieser Idee anscheinend so angetan ist.