FC Bayern: Benjamin Pavard ist plötzlich unersetzlich

Von Sebastian Mittag
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Benjamin Pavard zeigt beim 5:3-Sieg des FC Bayern gegen den FC Augsburg erneut eine starke Leistung und trifft doppelt. Dank der Systemumstellung von Julian Nagelsmann haben sich Pavards Zukunftsaussichten fundamental gewandelt.

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Benjamin Pavard sendet Signale - mit Absicht

Geküsst hat Benjamin Pavard das Bayern-Wappen auf seinem Trikot nicht. Wappenküssen ist in letzter Zeit ja auch mehr und mehr aus der Mode gekommen. Denn ein bisschen unangenehm waren die Bilder schon immer, auf denen man das Emblem des Ex-Klubs liebkost hat - bevor man dann doch woanders hinging.

Klopfen ist also das neue Küssen. Und geklopft hat Pavard gleich dreimal kräftig auf das Wappen über seinem Herzen, nachdem er das erste Tor seines Doppelpacks beim 5:3-Sieg über den FC Augsburg bejubelte. Zu glauben, dass Pavard mit dieser Geste keine subtile Message an die Fans und Bosse senden wollte, wäre naiv. Profis wie Pavard wissen zu genau, dass gerade beim Torjubel gleich mehrere hochauflösende Kameras auf sie gerichtet sind. Und dass später jede Geste interpretiert wird.

Pavard und der FC Bayern schienen sich zuletzt etwas auseinander gelebt zu haben. Zu selten für Pavards Geschmack ließ Trainer Julian Nagelsmann ihn auf seiner Lieblingsposition als Innenverteidiger ran. Der 26-Jährige, dessen Vertrag im Sommer 2024 ausläuft, kokettierte aufgrund gefühlt fehlender Wertschätzung kurz vor der WM öffentlich mit einem Wechsel ins Ausland.

Zuletzt sendete Pavard aber gleich mehrere Signale der Annäherung. Beim Heimspiel am vergangenen Mittwoch gegen Paris Saint-Germain, in dem Pavard gesperrt war, feuerte er seine Kollegen auf der Tribüne frenetisch an. Nach dem 2:0-Sieg über PSG lief Pavard dann auch runter auf den Platz und feierte in Alltagsklamotten mit dem Rest der Mannschaft vor den Fans in der Südkurve. Und jetzt der Wappenklopfer gegen Augsburg.

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Benjamin Pavard: Erster Doppelpack für den FC Bayern

Pavards sportliche Leistung im Spiel gegen den FCA war unterdessen überhaupt nicht subtil oder interpretationsbedürftig. Sondern einfach nur stark. Auf den ersten Blick glänzte er insbesondere in ungewohnter Rolle: nämlich als Torjäger. Bei seinem Treffer zum zwischenzeitlichen 2:1 (19.) zeigte sich Pavard instinktsicher wie ein echter Mittelstürmer, als er die Fallrückzieher-Vorlage von Sadio Mané mit einem ansatzlosen Schuss aus der Drehung veredelte.

Den ersten Doppelpack seiner Profilaufbahn machte er dann beim 3:1 (35.) klar, als er den Ball volley per Scherenschlag ins Augsburger Netz donnerte. Pavards Stürmerqualitäten fanden auch Anerkennung bei seinen Kollegen aus der Offensive: "Wir haben schon in der Halbzeit darüber gesprochen, ob er vielleicht einen Hattrick schafft", sagte Jamal Musiala nach dem Spiel bei Sky: "Benji vor dem Tor ist schon gut."

In der Defensive hatte Pavard bei Augsburgs frühem Führungstreffer (3.) Pech, als er mit einem verunglückten Kopfball Mergim Berisha bediente, der daraufhin João Cancelo alt aussehen ließ und traf. Ansonsten lieferte Pavard hinten aber eine solide Partie ab und hatte noch viel Energie übrig, um vorne auf Torejagd zu gehen. Zweikampfquote 100 Prozent, 107 Ballkontakte, Passquote 92 Prozent - die reinen Zahlen seines Auftritts gegen Augsburg konnten sich sehen lassen.

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Benjamin Pavard als Idealbesetzung in Bayerns Dreierkette

Pavards gesteigerter Wert für die Bayern seit Beginn des Kalenderjahres 2023 hat einen Hauptgrund: Julian Nagelsmann setzte nach der WM am liebsten auf eine Dreierkette. Mit Dayot Upamecano in der Mitte, Mathijs de Ligt links und Pavard rechts. Aber eben nicht als Außenverteidiger, als der sich Pavard eigentlich noch nie sah. Diese Umstellung der Abwehr veränderte Pavards Standing massiv - auch mit Blick auf seine Zukunft.

In den Zeiten der Viererkette war Pavard nur Innenverteidiger Nummer drei hinter Upamecano und de Ligt. Dann wurde auch noch Cancelo von Manchester City ausgeliehen und es schien, als müsste Pavard nun auch als dessen Ersatzmann als rechter Außenverteidiger auf die Bank. In dieser Konstellation wirkte Pavard entbehrlich. Die Bayern könnten nur noch diesen Sommer eine anständige Ablösesumme für ihn kassieren und hätten bei einem Ersatzspieler mit doch beträchtlichem Marktwert ernsthaft über einen Verkauf nachdenken müssen.

Mit dem Wechsel auf die Dreierkette hat sich das Blatt aber signifikant gewendet. Pavard wirkt aktuell wie die Idealbesetzung rechts in der Dreierkette. "Er fühlt sich dort aufgehoben und weiß, dass er sich gut entwickeln kann. Er spielt häufiger auf seiner mehr geliebten Position - ein bisschen weiter innen und zentraler. Und er macht es sehr, sehr gut", lobte Trainer Nagelsmann nach dem Spiel.

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Benjamin Pavard: Lob von Hasan Salihamidzic und Julian Nagelsmann

Fällt Pavard mal aus, haben die Bayern nur noch Josip Stanisic für diese Position. Der kroatische Nationalspieler zeigte hier gegen PSG zweifellos eine sehr starke Leistung - im Luxuskader der Münchner wirkt nur eine einzige Alternative für Pavard aber fast schon dünn. Nagelsmann stellte nach dem Augsburg-Spiel erneut klar, dass er Cancelo nicht als Option hinten in der Dreierkette sieht.

Der Coach macht kein Geheimnis daraus, dass er eine Verlängerung von Pavards Vertrag befürworten würde: "Ich glaube, das sieht Hasan selber, dass Benji eine gute Performance abruft und immer gewinnen will", sagte er auf die Frage, ob er Sportvorstand Salihamidzic einen neuen Vertrag für Pavard empfehlen würde. Salihamidzic selbst hielt sich mit Blick auf die Zukunft noch bedeckt, war aber auch voll des Lobes für Pavard: "Großes Kompliment an Benji. Er war einer der herausragenden Spieler in den letzten vier bis sechs Wochen - er kommt jeden Tag mit einem Lächeln zum Training. Was alles andere angeht, werden wir sehen."

Dass der Kaderplaner Pavards positive Ausstrahlung in den letzten Wochen anspricht, ist bezeichnend. Im vergangenen Jahr wirkte der Franzose oft zurückgezogen, aktuell scheint er das Leben in München zu genießen. Jetzt hören sich auch Pavards Aussagen nicht mehr nach Abschied an. "Ich habe nie gesagt, dass ich gehen möchte", erklärte er vergangene Woche bei Sport1: "Ich weiß sehr gut, dass ich in einem sehr großen Verein bin, in dem alles hervorragend aufgestellt ist. Ich fühle mich hier sehr wohl, ich mag den Verein und die Fans, und ich hoffe, dass wir diese Saison noch Großes erreichen werden."

Insgesamt klingt das alles eher nach Verlängerung als nach Abgang. Pavard befindet sich auf einmal in einer sehr guten Verhandlungsposition und könnte sich jetzt sogar auf ein Angebot zu verbesserten Bezügen Hoffnung machen. Denn aktuell wirkt es so, als sähe Nagelsmann die Dreierkette als Modell für die Zukunft. Und Pavard ist darin eine feste Größe.

Sollten die Bayern ihn verlieren, müsste man für diese Position auf dem Transfermarkt tätig werden. Und eine Ersatzlösung wäre teuer. Bestimmt teurer als ein neuer, wenn auch gut bezahlter Vertrag für Pavard. Das Blatt hat sich gewendet. Und Benjamin Pavard hat plötzlich sehr gute Karten.