HSV zieht vors Schiedsgericht

SID
Die sportliche Zukunft des HSV steht auf dem Prüfstand
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Im Kampf um die verweigerte Bundesliga-Lizenz gehen die Handballer des HSV Hamburg in die dritte und letzte Instanz. Der ehemalige deutsche Meister wird nach mehrtägiger Prüfung das unabhängige Bundesliga-Schiedsgericht anrufen.

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"Unsere Anwälte haben positive Ansätze gefunden", erklärte Interimspräsident Frank Spillner. Über das lange Pfingstwochenende hatte ein Team des Münchner Sportjuristen Thomas Summerer die Aussichten vor dem Schiedsgericht geprüft. Dabei ging es um Verfahrens- oder Formfehler, neue Unterlagen dürfen nicht mehr nachgereicht werden. "Es gibt Ansatzpunkte, die Lizenzverweigerung aus den Angeln zu heben", sagte Summerer dem Hamburger Abendblatt.

Damit steht die Star-Truppe um Kapitän Pascal Hens noch nicht endgültig als Zwangsabsteiger aus der Bundesliga fest. Da kein vorsorglicher Lizenzantrag für die 2. Liga gestellt wurde, bleibt dem letztjährigen Champions-League-Gewinner auch noch die theoretische Möglichkeit, in der 3. Liga anzutreten.

Doch dies erscheint an der Elbe angesichts der höchst problematischen finanziellen Verhältnisse als nahezu ausgeschlossen. Stattdessen droht die Insolvenz - vielleicht sogar schon vor der Entscheidung des Schiedsgericht, die in der letzten Juniwoche fallen dürfte.

Es droht die Insolvenz

"Das Ende des HSV in der ersten Bundesliga wäre eine Katastrophe für den deutschen Handball. Der Handball muss in die Großstädte, und dies könnte in Hamburg durch unseriöse Refinanzierung leider einmal mehr gescheitert sein", sagte Präsident Frank Steffel vom Pokalsieger Füchse Berlin. Alle Vereine müssten endlich begreifen, dass die "Abhängigkeit von Mäzenatentum und Erfolg durch überhöhte Spielergehälter der falsche Weg sind".

Auch Bundestrainer Martin Heuberger zeigte sich betroffen: "Wenn sich ein Verein aus wirtschaftliche Gründen zurückziehen muss, schadet das insgesamt immer dem Image des Handballs."

Mäzen Andreas Rudolph war am 8. Mai überraschend als HSV-Präsident zurückgetreten und hatte den Verein damit in eine existenzielle Krise gestürzt. Der Medizintechnik-Unternehmer, der in den vergangenen zehn Jahren über 25 Millionen Euro in den Klub gepumpt hatte, schloss weitere finanzielle Hilfen aus, so dass allein im Etat der gerade abgelaufenen Spielzeit rund 2,7 Millionen Euro fehlen. Immerhin: Rudolph übernimmt die Kosten für das Schiedsgerichtsverfahren in Höhe von 20.000 Euro.

"Der Beschluss des achtköpfigen HBL-Präsidiums war einstimmig", hatte HBL-Geschäftsführer Holger Kaiser nach den ersten beiden Lizensierungsrunden dem SID gesagt: "Der HSV hat auch in den fristgerecht nachgereichten Unterlagen seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ende dieser Saison und auch für die kommende Saison nicht belegen können". Dabei hatten die Verantwortlichen in der Hansestadt bis zum Schluss fest mit einem positiven Bescheid in der zweiten Instanz gerechnet.

Zukunft der Spieler ist unklar

Was im Falle eines Scheiterns vor dem Schiedsgericht aus der Mannschaft um Nationalkeeper Johannes Bitter wird, ist derzeit völlig unklar. Fest steht nur, dass Welthandballer Domagoj Duvnjak und EM-Torschützenkönig Joan Canellas (beide zum THW Kiel) den Verein verlassen. Kreisläufer Andreas Nilsson wird mit dem ungarischen Spitzenklub MKB Veszprem in Verbindung gebracht, Bitter steht angeblich ebenfalls vor einem Wechsel nach Kiel.

Bereits in erster Instanz war den Hamburgern am 15. Mai die Spielerlaubnis für die kommende Saison wegen mangelnder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit verweigert worden. Daraufhin legte der Klub Einspruch ein und reichte neue Unterlagen ein. Doch selbst der von 8,1 auf 5,5 Millionen Euro abgespeckte Etat konnte den Gutachterausschuss und die Lizenzierungskommission nicht überzeugen.

Für die Liga hätte der Zwangsabstieg der Hamburger erhebliche Folgen: Der Tabellen-16. der abgelaufenen Saison, die HBW Balingen-Weilstetten, würde die Eliteklasse halten. "Wir konzentrieren uns jetzt schon voll und ganz auf die Planung in der ersten Liga", erklärte bereits Balingens Präsident Arne Stumpp. Die MT Melsungen, Sechster der abgelaufenen Spielzeit, wäre statt der Hanseaten zur Teilnahme am EHF-Cup berechtigt.

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