Der THW spielt ohne Torhüter

Die Löwen haben durch den Sieg gegen Kiel die Tabellenführung übernommen
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Die Rhein-Neckar Löwen gewinnen den Showdown am 29. Spieltag gegen den THW Kiel mit 29:26 (14:12) und übernehmen damit die Tabellenführung. Damit sind die Löwen auch in der Pole-Position für die Meisterschaft.

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Vor 13.200 Zuschauern in der ausverkauften SAP-Arena waren Uwe Gensheimer (6 Tore), Andy Schmid (5), Kim Ekdahl du Rietz (5) und Isaias Guardiola (5) die besten Werfer der Löwen.

Bei Kiel trafen Filip Jicha (7) und Gudjon Valur Sigurdsson (6) am besten.

Die Löwen (49:9-Punkte), die ihre perfekte Rückrundenbilanz auf 12-0 ausbauten und zuhause ungeschlagen bleiben (15-0), liegen nach dem Sieg dank der besseren Tordifferenz (+184, Kiel: +161) vor dem punktgleichen THW (49:9). Die SG Flensburg-Handewitt (48:10) gewann am Mittwoch 23:19 gegen Wetzlar und ist beim Dreikampf um den Titel auch noch dabei.

In der eigenen Hand haben es aber jetzt nur noch die Löwen. Gewinnen die Löwen ihre restlichen fünf Spiele (Bergischer HC, HSV, Eisenach, Melsungen, Gummersbach), holen sie ihren ersten nationalen Titel.

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Spiel: Die Löwen beginnen mit Landin im Tor. Im Angriff vertraut Gudmundsson zunächst auf Ekdahl du Rietz, Schmid und Petersson im Rückraum, Gensheimer und Groetzki auf Außen und Myrhol am Kreis. Beim THW steht Palicka im Kasten, im Angriff startet Gislason mit Jicha, Palmarsson und Vujin im Rückraum, Sigurdsson und Sprenger auf Außen und Toft Hansen am Kreis.

4.: Ist das bitter für die Löwen! Petersson hat sich ohne Fremdeinwirkung am Knöchel verletzt und humpelt vom Feld, das sieht gar nicht gut aus. Isaias Guardiola muss ihn jetzt im Angriff ersetzen. 2:2.

9.: Petersson-Ersatz Guardiola steigt im rechten Rückraum hoch und nagelt das Ding unter die Latte. Auf der anderen Seite Landin schon mit seiner dritten Parade. Guter Start für die Löwen. 4:2!

17.: Die Kieler haben Probleme im Angriff und die Löwen kommen zu ihren Gegenstößen. Groetzki hämmert den Ball von Außen rein. Kurze Zeit später trifft auch Gensheimer. Die Löwen sind auf 4 weg - 9:5! Gislason nimmt die Auszeit.

25.: Jicha setzt sich in Überzahl stark am Kreis durch und wirft sein drittes Tor. Dann noch ein erfolgreicher Gegenstoß durch Sigurdsson und schon ist der THW wieder dran. 11:10 Löwen.

30.: Vujin findet kurz vor der Pause nochmal Toft Hansen am Kreis, auf der anderen Seite haut Linkshänder Guardiola den Ball spektakulär mit rechts rein, die Schiris pfeifen aber Schrittfehler, eine umstrittene Entscheidung. Die Löwen führen zur Halbzeit verdient mit 14:12.

34.: Nicht zu fassen! Jichas Siebenmeter geht genauso wie bei Ekberg in Halbzeit eins per Aufsetzer drüber! Der THW damit 0/3 vom 7-Meter-Punkt.

35.: Bei Kiel geht im Moment gar nichts. Die Löwen kommen ins Rollen, Guardiola im Gegenstoß zur 5-Tore-Führung. 17:12 Löwen! Gislason ist stinksauer und nimmt das nächste Timeout.

38.: Schmid läuft in Halbzeit zwei brutal heiß und ist aus dem Rückraum gar nicht mehr zu stoppen! Nach seinem nächsten Treffer bricht es aus dem Schweizer heraus, Emotionen pur bei den Löwen. 19:13!

45.: Die THW-Keeper haben in der zweiten Halbzeit noch nicht einen Ball gehalten, es ist der Wahnsinn. Gislason wechselt hin und her, aber es bringt alles nichts. Gensheimer sorgt für eine 8-Tore-Führung. 24:16! Gislason nimmt schon wieder eine Auszeit und wird deutlich: "Es geht um jedes Scheiß-Tor!"

55.: Das war's endgültig! Landin mit einem seiner typischen Super-Saves ohne viel Bewegung gegen Sigurdsson, auf der anderen Seite trifft Groetzki. 28:21 Löwen!

Rhein-Neckar Löwen vs. THW Kiel: BOXSCORE

Der Star des Spiels: Niklas Landin. Der Däne ist momentan wohl der begehrteste Handball-Torhüter der Welt, auch der THW hätte ihn zweifellos gerne. Bei der Halbfinal-Pleite im Pokal gegen Flensburg erwischte Landin wie das ganze Team einen schwachen Tag, gegen Kiel war er jetzt von Beginn an zur Stelle und mit 18 Paraden (4 Siebenmeter) entscheidend für den Sieg. Große Leistung von Landin.

Der Flop des Spiels: Die Kieler Torhüter. Der Löwen-Sieg war ein Musterbeispiel dafür, wie im Handball die Torhüter die Spiele entscheiden. Andreas Palicka bekam im ersten Durchgang kaum einen Ball zu fassen, zu Beginn von Halbzeit zwei kam Johan Sjöstrand - und war nach nicht mal sechs Minuten auch wieder auf der Bank. Der THW hat in der Post-Omeyer-Ära ein riesengroßes Torhüter-Problem.

Das fiel auf:

  • Der THW begann mit einer 6-0-Deckung, war aber viel zu passiv und ließ jede Aggressivität vermissen. Zwar wurden die Anspiele an den Kreis zu Myrhol unterbunden, aber der Löwen-Rückraum hatte viel zu viel Raum. Auch die Umstellung auf eine 3-2-1-Deckung fruchtete nicht bzw. nur sehr kurz.
  • Der frühe Ausfall von Petersson hätte für die Löwen das Potenzial zum Desaster haben können, aber Ersatzmann Guardiola machte ein ganz starkes Spiel und wurde zu einem wichtigen Faktor.
  • Die Löwen ließen in Halbzeit eins durch technische Fehler noch einiges liegen, sonst hätte es früher schon klarer aussehen können.
  • Andy Schmid ist der Kopf des Löwen-Spiels und seit Wochen und Monaten überragend in Form. Nach einem ganz schwachen Spiel im Pokal-Halbfinale meldete sich der Mittelmann gegen Kiel eindrucksvoll zurück und spielte sich in Halbzeit zwei in einen Rausch.
  • Der THW war immer bekannt und gefürchtet dafür, auf den Punkt da zu sein, wenn es wirklich zählt. Wenn es wirklich sein musste, dann gewann Kiel diese Spiele. Diese Dominanz ist verloren gegangen. Die Löwen waren viel heißer, dem THW fehlte dagegen jede Dynamik. Die Körpersprache war phasenweise erschreckend und nicht ansatzweise THW-like.
  • In der zweiten Halbzeit klappte bei den Löwen nahezu alles, fast jeder Wurf war drin. Die THW-Keeper hielten gar nichts mehr. Kiel betrieb am Ende zwar noch Ergebniskosmetik, das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass nur die Löwen an diesem Abend wie ein Meister aussahen.

Der Bundesliga-Spielplan