Sex, Drugs and 18 Holes

Von Marco Kieferl
Ozapft is! Dustin Johnson bei den BMW Open in München
© getty

Dustin Johnson gehört nicht nur durch seine Longhitter-Qualitäten zu den Attraktionen der PGA Tour. Nach einer sechsmonatigen Sperre und einer Zeit voller Alkohol und Drogen gibt sich die Nummer neun der Welt geläutert. Vor dem US Masters in Augusta (Donnerstag im LIVE-TICKER) scheint der Verlobte von Paulina Gretzky stark wie nie - dank eines gewissen Tatum Johnson.

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Der Boxsport hatte Mike Tyson, Baseball hat A-Rod, Fußball hat Mario Balotelli und Paul Gascoigne, aber Golf? Unprofessionelles Verhalten oder gar ein Etikettenverstoß passen nicht wirklich zum altehrwürdigen Gentlemen-Sport. Und dennoch gibt es sie, die kettenrauchenden Darren Clarkes oder Lebemänner wie Miguel Angel Jimenez, von Tiger Woods ganz zu schweigen. Einer hat den Bogen im letzten Jahr aber überspannt: Dustin Johnson.

Zu College-Zeiten wurde DJ, wie der 1.93-Meter-Hühne genannt wird, noch als neuer Tiger Woods gepriesen. Mit neun Titeln auf der PGA-Tour ist Johnson alles andere als ein nicht eingelöstes Versprechen, Schlagzeilen machte der zukünftige Schwiegersohn von NHL-Legende Wayne Gretzky aber überwiegend auf andere Art und Weise. Von Alkoholexzessen ist die Rede, angeblichen Affären mit den Frauen von PGA-Tour-Kollegen und Marihuana.

Den vorläufigen Höhepunkt erreichte die Story um den 31-Jährigen im August 2014, als Johnson verkündete, trotz blendender Form eine sechsmonatige Auszeit nehmen zu wollen, um sich "persönlichen Herausforderungen" zu stellen. Was Johnson und die PGA Tour bis heute nie bestätigen wollten, aber in Golfkreisen als offenes Geheimnis gilt: Der zweimalige Ryder-Cup-Spieler aus South Carolina wurde positiv auf Kokain getestet. In Absprache mit der Tour wurde die Sperre öffentlich jedoch als freiwillige Auszeit deklariert.

Alkohol, Kokain und Marihuana

"Mein Weg mit dem Stress fertig zu werden war es, zu trinken oder Party zu machen. Das funktioniert vielleicht für einen Tag oder die nächste Woche, aber dadurch häufen sich die Probleme nur an", gab Johnson unlängst gegenüber einer amerikanischen Zeitung Einblick in sein Innenleben: "Es ist großartig beim Golf dieses Gefühl der Unbesiegbarkeit in sich zu haben. Ich hatte aber Probleme, wenn ich gerade nicht auf dem Golfplatz stand."

Bereits 2009 und 2012 soll Johnson positiv auf Marihuana und Kokain getestet worden sein. Bereits vor drei Jahren soll ihm daraufhin eine dreimonatige Sperre verordnet worden sein. In bester Unschuldsmanier der PGA Tour, die ihre Spieler gerne mit dem Slogan "These guys are good" bewirbt, pausierte Johnson aufgrund von Rückenproblemen. Dumm nur, dass Augenzeugen in dieser Zeit berichteten, den Amerikaner bei Trainingsrunden in der Heimat gesichtet zu haben.

Offiziell brauchte Johnson, also diese Pause, um, wie er sagt, "mit professioneller Hilfe den mentalen Zustand, das körperliche Wohlbefinden und die emotionale Basis zu verbessern." Was das auch immer bedeuten mag, es scheint gewirkt zu haben: Seit Jahresbeginn ist DJ wieder auf der Tour und verbuchte bei sechs Starts einen geteilten sechsten, vierten und zweiten Platz. Sahnehäubchen dieses Traumcomebacks war der Sieg beim WGC-Cadillac-Championship in Doral, dem bisher größten Turnier des Jahres.

Sohnemann Tatum macht den Unterschied

Neben Tiger Woods und Phil Mickelson ist Johnson der einzige Spieler auf der PGA-Tour, der seit 2008 neun Titel vorzuweisen hat. Das Leben, so erzählt man sich, wusste er aber nicht nur während seiner Gastspiele bei der BMW International Open 2011 in Eichenried zu genießen. Tatsächlich scheint Johnson die Pause aber genutzt zu haben, um sein Profileben neu zu ordnen.

"Ich habe ein wenig Muskeln draufgepackt und bin nun in viel besserer Form, als zuvor", ließ Johnson bei seinem Comeback verlauten, zehn Pfund zusätzliche Muskelmasse sind bei einem Modelathlet wie ihm auch schwer zu verbergen.

"Es fühlt sich gut an wieder auf der Tour zu sein, aber das Wichtigste ist: Es fühlt sich toll an, Vater zu sein", gab sich Johnson nach seinem Sieg geläutert: "Der Blick auf das Leben verändert sich vollkommen. Mein Sohn Tatum ist das einzige, was mir im Leben wirklich wichtig ist und ich möchte ein Vorbild für ihn sein."

Bester Johnson aller Zeiten?

Seit 19. Januar ist DJ Vater. Sind die wilden Zeiten nun also vorbei? Es sieht ganz so aus: "Ich habe früher immer eine Menge Schwierigkeiten in seinen Augen gesehen", erzählte Johnsons ehemaliger und gleichzeitig neuer Trainer Joey Diovisalvi nach dem Sieg beim Blue Monster in Doral: "Dieser Blick ist nun verschwunden. Das ist der beste Dustin Johnson, den ich je gesehen habe!"

Wie gewohnt gehört Johnson 2015 zu den absoluten Longhittern auf der Tour. Mit durchschnittlich 290 Metern vom Tee ist er 2015 der längste Spieler vom Abschlag. Zu verdanken hat er das neben seiner Figur auch seinem enormen Radius im Rückschwung und dem extremen Winkel, den er auch durch sein unkonventionell stark gekrümmtes linkes Handgelenk erzeugt.

Hinzu kommt in dieser Saison das gewohnt starke Putting. Mit 1,7 Putts pro Green in Regulation gehört er in diesem Jahr zu den zehn besten Puttern auf der Tour. Wer ihm dabei seine früher gerne aufflackernde Nervenschwäche ankreiden will, dem sei gesagt: Mit unglaublichen 25,75 Putts im Schnitt ist DJ diese Saison der mit Abstand beste Vollstrecker am Schlusstag.

Die verfluchten Majors

Gute Vorzeichen also für das erste Major des Jahres. Augusta National gehört dank der zahlreichen Umbau-Arbeiten mit 6798 Metern mittlerweile zu den längeren, vor allem aber zu den schwierigsten Plätzen auf der Tour und wusste präzise Putter und Longhitter vom Kaliber eines Bubba Watson, Adam Scott oder Fred Couples zuletzt immer zu belohnen. Wenn Johnson seine Annäherungen und das Bunkerspiel verbessert, scheint in diesem Jahr einiges möglich.

Von seinem ehemaligen Lieblingsgetränk "Grey Goose" hat Johnson nach Aussage seines Umfelds seit Monaten keinen Tropfen gesehen. Der Longhitter wirkt entspannter, wurde auch des Öfteren auf Proberunden mit Wayne Gretzky gesehen und wird im Sommer heiraten. Eine Rechnung hat Johnson aber noch offen: Oft lag er bei den vier Majors auf Siegkurs, scheiterte auf dem Weg zur golferischen Vollendung aber meist spektakulär.

Als absoluter No-Name ging DJ 2010 mit drei Schlägen Vorsprung in den Schlusstag der US Open, um am Finaltag mit einer 11-über-Par-Runde von 82 Schlägen förmlich auseinanderzufallen. Fast noch bitterer war sein Scheitern bei PGA Championship im gleichen Jahr. In Whistling Straits glaubte er den Putt zum Majorsieg knapp verpasst zu haben, ehe er im Klubhaus wegen eines nicht erkannten Bunkerschlags mit zwei Strafschlägen um ein mögliches Stechen gebracht wurde. 2011 ging DJ als Zweiter in den Finaltag der British Open, konnte einen Rückstand von einem Schlag mit einer +2-Runde aber nicht einmal ansatzweise aufholen.

Erlösung im Green Jacket?

Das US Masters hat Johnson derlei Dramen bisher erspart. Seine beste Platzierung in Georgia erreichte er 2013 mit einem geteilten 13. Rang, nachdem er am ersten Tag noch auf dem dritten Rang zu finden war. Doch Johnson scheint aus seinen Fehlern gelernt zu haben und verdankt seinen größten Karrieretriumph vor wenigen Wochen einem nervenstarken Auftritt gegen den zweimaligen Masters-Sieger Bubba Watson.

"Er war immer der talentierteste Spieler seiner Generation, doch jetzt trifft er bessere Entscheidungen auf dem Golfplatz. Genau das macht ihn für die Majors gefährlich, wo jeder Strategiefehler katastrophale Konsequenzen haben kann", macht Cameron Morfit vom "Golf Magazine" Hoffnung auf ein erneutes Majordrama um Johnson. Wenn ein schlampiges Genie den Ernst des Lebens entdeckt, ist vieles möglich - auch der Weg ins grüne Jacket.

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