Kommentar zum Hamburger SV: Der HSV taugt nicht mal mehr zur Lachnummer

Das war's: Heidenheim hat in der fünften Minute der Nachspielzeit gegen den HSV das 2:1 erzielt, Jordan Beyer (li.) und Julian Pollersbeck schämen sich.
© imago images/Jan Huebner

Der Hamburger SV ist wieder mal kurz davor, alle Saisonziele und den Aufstieg in die Bundesliga zu verpassen. Doch wer Jahr für Jahr die gleiche Peinlichkeit abzieht, ist nicht mal die Mühe wert, sich neue Witze zu überlegen.

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Was ist für Fans eines Vereins schlimmer: Wenn mal wieder die ganze Fußballnation über einen lacht? Oder wenn selbst die schadenfreudigsten Zeitgenossen angesichts der x-ten Peinlichkeit nur noch müde abwinken? Auch der beste Witz nutzt sich irgendwann einfach ab.

Und damit zum Hamburger SV: Der HSV taugt nach dem Last-Minute-K.o. am Sonntag beim 1:2 beim 1. FC Heidenheim nicht mal mehr zur Lachnummer der Fußball-Nation.

Sämtliche Memes und damals schon fahlen Scherze, die sich mehr oder weniger kreative Geister nach dem dramatisch verpassten Bundesligaaufstieg in der vergangenen Saison überlegt haben, können jetzt zur Wiedervorlage gestellt werden. Wer Jahr für Jahr die gleiche Peinlichkeit abzieht, ist schlicht die Mühe nicht wert, sich neue Witze zu überlegen.

HSV verlor sechs Punkte durch Gegentore in der Nachspielzeit

Mitleid ist natürlich noch weniger angebracht als Schadenfreude. Nach der Coronapause gewann der HSV nur zwei von acht Spielen, verlor durch Gegentore in der Nachspielzeit zudem sechs (!) Punkte. So ein Klub darf eigentlich nicht aufsteigen, auch wenn zumindest das Erreichen des Relegationsplatzes am letzten Spieltag nicht unmöglich ist. Aber der HSV verdient nach der nächsten Peinlichkeit eigentlich nicht mehr Beachtung als, mit Verlaub, der 1. FC Heidenheim oder der SV Sandhausen.

Schließlich agieren diese zwei kleinen Klubs aus Baden-Württemberg längst auf Augenhöhe mit dem HSV - mindestens.

Heidenheim hat das Erreichen der Relegation nun in eigener Hand, liegt vor dem 34. Spieltag einen Punkt vor den Hamburgern. Die müssen nun wiederum gegen Sandhausen gewinnen und darauf hoffen, dass sich Zweitligameister Arminia Bielefeld gegen Heidenheim nicht mit einer Niederlage von der heimischen Geisterkulisse aus der Zweiten Liga verabschiedet.

HSV ist Meister der Schicksalsgläubigkeit und Sorglosigkeit

Im Gegensatz zum einstigen großen Nordrivalen Werder Bremen in der Bundesliga benötigt der HSV eine Klasse tiefer also streng genommen nicht mal ein Wunder, um das Minimalziel noch zu erreichen, sondern muss vor allem auf Seriosität und Professionalität setzen.

Wobei man sich da bei Arminia Bielefeld fast weniger Sorgen machen muss als beim HSV.

Der ist spätestens seit dem berühmten Spruch von Marcelo Diaz vor seinem famosen Freistoß gegen den KSC in der Relegation 2015 ja ein Meister der Schicksalsgläubigkeit und Sorglosigkeit.

HSV will eine Spitzenmannschaft sein, tritt aber nicht so auf

Nicht einmal der superseriöse und superbodenständige Trainer Dieter Hecking konnte dem HSV diese Tomorrow-my-friend-Mentalität austreiben, die im Verbund mit notorischer Selbstüberschätzung dazu führte, dass der HSV jetzt eben da steht, wo er steht. Wer eine ganze Saison lang darauf setzt, knappe Führungen verwalten zu wollen, muss eine richtige Spitzenmannschaft sein. Und nicht nur so tun, als ob.

Auf Dauer reicht es eben nicht aus, ständig nur das Schicksal herauszufordern, vor allem nicht, wenn man dem Schicksal schon mindestens einmal seine Seele verkauft haben muss. Anders ist Marcelo Diaz' Freistoß-Coup auch fünf Jahre später nicht zu begreifen.

Spaß beiseite: Wird-schon-gut-gehen hat als Geschäftsprinzip auf Dauer noch nie funktioniert. Das unterscheidet den HSV in dieser Saison etwa vom VfB Stuttgart. Da lag man nach dem saftlosen Auftritt im Derby beim KSC vor drei Spieltagen auch am Boden. Doch dann verstand die Mannschaft offensichtlich, was auf dem Spiel steht, riss sich am Riemen und gewann zuletzt 5:1 und 6:0.

So steigt man auf, so treten Spitzenmannschaften auf, und seien es nur Spitzenmannschaften der zweiten Liga.

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