Als sich am Mittwoch, den 17. Januar 2018, die örtliche Medienlandschaft im Presseraum der SchücoArena versammelte, um den Ausführungen des neuen Finanz-Geschäftsführers Markus Rejek, seines Pendants für den sportlichen Bereich Samir Arabi und des Präsidenten Hans-Jürgen Laufer zu lauschen, wurde das tatsächliche Ausmaß von Arminia Bielefelds damaliger finanzieller Schieflage erst deutlich. "Uns drohte die Zahlungsunfähigkeit", erläuterte Rejek unmissverständlich.
Zu diesem Zeitpunkt hatte man die Lösung des Problems längst parat, es offenbarte sich nun vor allem die dringliche Notwendigkeit dieser Hilfe: Eine Dimension, von der auch der erst kürzlich gekommene Rejek (zuvor bis Ende Juli 2016 beim TSV 1860 München) überrascht war. "Hätte ich von dem Ausmaß gewusst, wäre ich wohl mit meinem Koffer in München geblieben."
Der Schuldenberg von 22 Millionen Euro war schon lange bekannt, denn er entstand einst vor allem durch den unverhältnismäßig teuren Ausbau der Osttribüne.
Arminia: Fehlende Einnahmen führen zu großer Liquiditätslücke
Neu war aber ein weiteres Dilemma: Arminia fehlten die Einnahmen. Finanzielle Lücken für die aktuelle Saison wurden mit voraussichtlichen Einnahmen der kommenden Spielzeit gedeckt - kein Konzept, das auf Dauer gut gehen kann. Und so musste Rejek schließlich verkünden: "Es gab eine Liquiditätslücke von 4,6 Millionen Euro für das laufende Geschäftsjahr. Zum 1. Juli 2018 wären weitere 4,5 Millionen Euro abseits des operativen Geschäfts hinzugekommen."
Wie schon so oft stand Arminia vor dem Ruin, eine Rettung aus eigener Kraft war aussichtslos. Doch Ostwestfalen ist eine wirtschaftliche starke Region, viele große Unternehmen haben hier ihren Sitz und fühlen sich zudem auf besondere Weise mit der Region verbunden. Und der selbsternannte "Klub der Ostwestfalen" gehört nun einmal zu dieser Region und ist eines seiner überregionalen Aushängeschilder.
Ostwestfalen wäre ohne Arminia undenkbar. Und so schlossen sich einige Unternehmen zusammen, um etwas im deutschen Profifußball gänzlich Neues zu schaffen. Ein Projekt, bei dem es nicht um die eigenen Sponsoringinteressen geht, sondern um das Wohl der Region. Das Bündnis Ostwestfalen war geboren.
Bündnis Ostwestfalen greift bei Arminia ein
"Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, den größten und bedeutendsten Sportclub unserer Region nachhaltig zu stärken. Als Arminia Bielefeld im vergangenen Herbst das Gespräch mit unseren Unternehmen aufgenommen hat, stand der Klub am Scheideweg", heißt es vonseiten dieses Bündnisses, bei dem sich unter anderem Firmen wie Dr. Oetker, Schüco oder Gauselmann beteiligen.
Speziell das Engagement von Oetker ist bemerkenswert, denn das Unternehmen hat in den vergangenen Jahrzehnten jegliche Sponsoringaktivität beim DSC abgelehnt. Es zeigt: Die Region ist größer als Einzelinteressen.
So verkündete man, dass Arminia mithilfe des Bündnisses in naher Zukunft schuldenfrei sein solle. Nur noch 400.000 Euro Verbindlichkeiten bleiben übrig. Ein echter Paukenschlag!
Mitglieder des Bündnis Ostwestfalen
Unternehmen | Tätigkeitsbereich |
Böllhoff Gruppe | Verbindung-, Montage-, Systemtechnik |
DMG Mori AG | Maschinenbau |
Dr. August Oetker KG | Nahrungsmittel, Getränke, Bankwesen |
Gauselmann AG | Spielautomaten |
Goldbeck GmbH | Bau |
Krombacher Brauerei GmbH & Co. KG | Brauerei |
Lagardère Sports Germany GmbH | Sportvermarktung |
MöllerGroup | Produktion für Automobile und Industrie |
Schüco International KG | Fenster, Fassaden |
Stockmeier Holding GmbH | Chemie |
Vier Millionen Euro Kapital für die Arminia
Möglich wurde dies durch ein umfangreiches Sanierungskonzept und vier Millionen Euro Neukapital vonseiten des Bündnisses. Neben dem finanziellen Beitrag stiftete das Bündnis vor allem Aufbruchsstimmung, weshalb mehrere private Gläubiger auf eine Rückzahlung offener Beträge abgesehen haben.
Eine wesentliche Rolle spielte zudem die Stadt Bielefeld, die dortigen Banken sowie das Land Nordrhein-Westfalen. Ein Großteil der Schulden, die Arminia ihnen gegenüber angehäuft hatte, wurde zum Wohle der Region fallen gelassen.
Arminia Bielefeld will Stadion verkaufen
Es war eine plötzliche Rettung, obwohl sich in den Wochen zuvor angedeutet hatte, dass es gar nicht gut um die Arminia stand. Zunächst hatte man Rejeks Vorgänger Gerrit Meinke entlassen, der zuletzt Geschäftsführer der Stadiongesellschaft war. Nach nicht einmal drei Monaten im Amt kam die Erkenntnis: "Die Gesellschaft erfüllt nicht unsere Erwartungen, sie steht unter besonderer Beobachtung. Es gibt auch Überlegungen, sie zurückzudrehen", so Präsident Laufer damals.
Der eigentliche Sinn der Stadiongesellschaft bestand darin, dass Geldgeber ihre Darlehen bei Arminia in Anteile am Stadion umwandeln sollten. Doch zu wenige Investoren nutzten das Angebot, das Projekt scheiterte.
Im Zuge dessen waren auch Schulden auf die Stadiongesellschaft umgelegt worden, weshalb zur endgültigen Entschuldung ein weiterer, für viele Fans schwieriger Schritt noch bevorsteht: Der Verkauf des Stadions. Es ist aber ein notwendiger Schritt, um das Ziel Schuldenfreiheit zu erreichen. Die Bielefelder Alm soll allerdings nicht an irgendjemanden verkauft werden, sagt Rejek: "Wir suchen einen Käufer, der hier verwurzelt ist, der die Nähe zum Verein hat, der das Geschäft versteht und weiß, was man mit dieser Immobilie machen kann."
So stimmte bei der Jahreshauptversammlung schließlich eine überwiegende Mehrheit für diesen Schritt. Außerdem will der Verein eine Rückkaufklausel vereinbaren, um das Stadion in spätestens 15 Jahren wieder zu erlangen - dann aber aus Basis einer gesünderen finanziellen Situation.
Rejek: "Wir sind jetzt wettbewerbsfähig"
Noch ist aber nichts erreicht, wie Rejek warnt: "Das ist für uns kein Moment zu feiern. Durch die Unterstützung vieler Unternehmen und Gläubiger haben wir nun endlich eine neue Situation. Wir sind jetzt wettbewerbsfähig. Es liegt an uns, das Vertrauen, welches uns geschenkt wurde, zu rechtfertigen."
Es scheint so, als sei Arminias finanzielle Talfahrt erst einmal gestoppt. Vielmehr noch: Der DSC scheint durch die Unterstützung der gesamten Region für die nächsten Jahre gut aufgestellt.
Auch sportlich läuft es wieder. Und da man bei Arminia selten mit Geradlinigkeit rechnen kann, müsste der Weg nun ja eigentlich nach oben führen.