Der nächste 98er beim BVB

Von Thore Beckmann
Jacob Bruun Larsen avancierte bei Olympia zum jüngsten dänischen Nationalspieler aller Zeiten
© getty

Jacob Bruun Larsen pflügt derzeit durch die A-Jugend-Bundesliga und deutete sein Talent auch schon bei den Profis von Borussia Dortmund an. Der Däne ist das nächste große Ding aus dem goldenen 1998er-Jahrgang des BVB. Ein Blick auf seine Situation und die Entwicklungsmöglichkeiten in Dortmund.

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"Der Verein hat eine fantastische Basis. Da kommen ganz junge hochtalentierte Burschen nach, wo ich jetzt schon heulen könnte, dass ich die nicht trainieren werde."

Im vielleicht schwierigsten Moment seiner BVB-Karriere fand Jürgen Klopp auf der Pressekonferenz nach der Veröffentlichung seiner Vertragsauflösung die Zeit, diese Worte über die Jugend der Borussia zu verlieren. Klopp scheint sich nicht geirrt zu haben - schon im Frühjahr 2015 hatte der ehemalige Coach ein Quartett aus der damaligen U17 im Blickfeld, das in seiner Entwicklung den von Klopp vorgezeichneten Weg beständig weitergeht.

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Felix Passlack und Christian Pulisic sind zwei Spieler dieses Quartetts. Beide haben sich mittlerweile als mehr oder weniger feste Größen im Kader der Profis etabliert. Die beiden anderen sind Dzenis Burnic, derzeit Kapitän der U19, und Jacob Bruun Larsen, aktuell mit Kai Havertz wohl der beste A-Jugendliche in Deutschland.

Traumdebüt im Pokal

Der 18-jährige Däne kommt in dieser Saison in 15 Spielen der A-Junioren Bundesliga West auf 17 Tore und 13 Vorlagen. Statistiken, die auch Thomas Tuchel zu überzeugen scheinen. In der zweiten Runde des DFB-Pokals gegen Union Berlin ließ der BVB-Trainer den jungen Flügelspieler erstmals bei den Profis von der Leine und dann auch gleich von Beginn an.

Larsen dankte es ihm mit einer starken Leistung, war ins Kombinationsspiel eingebunden und war beinahe schon Dortmunds bester Offensivspieler an diesem Tag. Mit einem Durchbruch auf der rechten Seite leitete er gar den einzigen Treffer der Borussia ein. Eine Mischung aus Flanke und Torschuss wurde von Michael Parensen ins Tor abgefälscht - Einstand geglückt! Tuchel war dementsprechend begeistert: "Was unsere Youngster für eine Verantwortung für uns übernehmen, da gebührt ihnen großer Respekt."

Spätestens seit diesem Auftritt weiß die Konkurrenz um das nächste große Talent in den Reihen der Westfalen. Für die Verantwortlichen beim BVB kommen die starken Leistungen in der A-Jugend und im Pokal wenig überraschend. Seit einiger Zeit nimmt Larsen, der im Januar 2015 als 16-Jähriger vom dänischen Erstligisten Lyngby BK für 270.000 Euro nach Dortmund kam, nun schon an den Trainingslagern des Profikaders teil.

Lebenstraum Olympia als Rückschritt?

Gerade im vergangenen Sommertrainingslager machte der U-19 Nationalspieler Dänemarks erstmals nachhaltig auf sich aufmerksam. Durch die Verletzung von Erik Durm ging es für ihn und Passlack um den Backup-Posten für Lukasz Piszczek als Rechtsverteidiger. Larsen machte dabei einen richtig guten Eindruck. Er zeigte sich mutig im Offensivspiel und wies die höhere Endgeschwindigkeit bei Flankenläufen auf.

Während Passlack jedoch zu Saisonbeginn fleißig Bundesliga-Minuten sammelte, musste sich Larsen wieder vollständig bei den Junioren beweisen. Grund für den kleinen Rückschritt war die Olympia-Teilnahme des damals noch 17-Jährigen, der in der Jugend von Lyngby mit einem gewissen Emre Mor zusammenspielte.

Larsen avancierte zum jüngsten dänischen Nationalspieler aller Zeiten und spielte sich im Laufe des Turniers in Brasilien sogar in die Startelf. Einmalige Erfahrungen für einen Jugendspieler, wie er auch selbst auf Instagram feststellte. Das Selbstvertrauen aus der Nationalmannschaft nahm Larsen mit in die U19, mit der er in der letzten Saison deutscher Meister wurde. Unter Ex-Trainer Hannes Wolf und nun auch unter dessen Nachfolger Benjamin Hoffmann kommt er dort hauptsächlich auf dem linken offensiven Flügel zum Einsatz.

Ein Hauch Bruchweg-Boys

Dort überzeugt Larsen vor allem mit einer außergewöhnlichen Grundschnelligkeit, die sich sowohl im Antritt, als auch in der Endgeschwindigkeit zeigt. Gedanken an einen jungen Andre Schürrle kommen auf, wenn man zudem noch seinen starken rechten Fuß bedenkt, mit dem er gerne von der linken Außenbahn in die Mitte zieht, um dort abzuschließen.

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Dennoch ist auffällig, welche Leistungssprünge Larsen auch im technischen und taktischen Bereich in seiner Zeit beim BVB gemacht hat. Er ist kein Filigrantechniker wie Mor oder Pulisic, bringt dafür jedoch schon eine andere körperliche Reife mit.

Im Pokalspiel gegen Union konnte man zudem erkennen, wie wichtig eine gute taktische Schulung in der Jugend der Schwarzgelben ist. Durchliefen Mor und Larsen bei Lyngby noch die gleiche Jugendakademie, wurde trotzdem auffällig, wie viel weiter der A-Jugendliche im mannschaftstaktischen Bereich gegenüber seinem türkischen Pendant ist.

Fortsetzung der BVB-Tradition

Die kleineren Defizite beim First-Touch und im Dribbling stellen Larsen jedoch vor ein mittlerweile berühmtes Problem. Reicht es mit seinen Fähigkeiten für die offensiven Außen oder ist er mit seiner Dynamik nicht eher ein besserer Rechtsverteidiger? Im nächsten Sommertrainingslager wird er sicherlich erneut die Chance erhalten, sich bei den Profis zu beweisen.

Höchstwahrscheinlich wird er von Tuchel dann aber wieder als Verteidiger eingesetzt. Mit diesem Weg haben immerhin schon die ehemaligen Flügelstürmer Marcel Schmelzer, Kevin Großkreutz, Passlack, Piszczek und Durm ihrer Karriere Schwung verliehen. Die Konkurrenz in der Offensive scheint derzeit auch einfach zu stark für einen weiteren A-Jugendlichen zu sein.

Die Rückrunde bietet für Larsen derzeit sowohl positive als auch negative Entwicklungen im Hinblick auf den Profikader. Zum einen ist da der überraschende Aufstieg Durms und die starken Leistungen Piszczeks, die schon die Einsatzzeiten von Passlack deutlich minimieren. Andererseits ließ Tuchel zuletzt häufig mit einer Dreier- beziehungsweise Fünferkette spielen, bei der die Außenpositionen wie gemacht für das Fähigkeitenprofil Larsens zu sein scheinen.

Leihe als beste Option?

Der nächste Schritt muss kommen, sowohl für Larsen als auch für Passlack. Sieht sich Larsen selbst hauptsächlich in der Offensive, dann würde das wohl eine Leihe zu einem gut organisierten Zweitligisten oder einem ambitionierten Erstligisten bedeuten. Ins Auge fiele dort bei allen jetzt aufstrebenden Dortmunder Talenten vor allem der VfB Stuttgart mit Larsens Förderer Wolf. Drei Meisterschaften holte Wolf mit dem 1998er-Jahrgang des BVB und konnte einigen Youngstern den Sprung Richtung Seniorenteam enorm erleichtern.

Weiter auf sich aufmerksam machen kann Larsen auch in der UEFA Youth League. Im Achtelfinale trifft der BVB dort am Mittwoch um 18 Uhr auf die Jugend des FC Barcelona. Ein Spiel, bei dem es von internationalen Scouts wohl nur so wimmeln wird.

Schafft Larsen den nächsten Entwicklungssprung und beweist auch in solchen Spielen seine Klasse, dann wird sich auch Klopp wieder an seine Worte aus dem April 2015 erinnern. Die Sehnsucht nach dem goldenen 98er-Jahrgang des BVB schien ihn erst kürzlich wieder gepackt zu haben. Mit einer Anfrage für Pulisic scheiterte Klopp jedoch bei Michael Zorc.

Jacob Bruun Larsen im Steckbrief