"Säuberungswelle" erreicht auch Fußball

SID
Jose Sosa will wegen der Angst um seine Familie nicht mehr für Besiktas spielen
© getty

Die Folgen des gescheiterten Putschversuchs in der Türkei betreffen mittlerweile weite Teile des alltäglichen Lebens. Der Fußball bildet dabei keine Ausnahme mehr.

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Als am 15. Juli Panzer durch Ankaras und Istanbuls Straßen rollten und Kampfhubschrauber tief über die Städte flogen, ist in der Türkei nichts mehr wie es vorher einmal war. Die Führung um Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan leitete nach dem gescheiterten Putschversuch weitreichende sogenannte "Säuberungs"-Maßnahmen ein. Diese erreichten nun auch den türkischen Fußball.

Am Dienstag entließ der nationale Fußball-Verband TFF 94 Funktionäre und Schiedsrichter, weil er es "als notwendig erachtete". Wie in weniger als drei Wochen, am 21. August, der Liga-Start reibungslos vonstatten gehen soll, ist derzeit offen.

Vorsitzende von TFF-Auschüssen müssen zurücktreten

TFF-Präsident Yildirim Demirören versicherte zwar, dass es keine Verzögerungen geben werde, aber die Entlassungen sind einschneidend. Am vergangenen Wochenende mussten alle Vorsitzenden und Mitglieder der TFF-Ausschüsse zurücktreten, um sie "nach dem Putschversuch gegen unsere Demokratie" einer "Sicherheitsprüfung" zu unterziehen.

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Überprüft werden muss, ob und welche Verbindungen sie zur Gülen-Bewegung haben. Fethullah Gülen, ein seit 1999 im US-amerikanischen Exil lebender Prediger, wurde vom türkischen Regime als Drahtzieher für den Aufstand ausgemacht.

Weitere zehn Mitglieder des TFF wurden entlassen, eines davon war für die Sicherheit und Akkreditierungen zuständig, ein anderes für die Betreuung der ersten Liga. Diese Planungs-Unsicherheit stellt auch Probleme für die Vereine dar.

Auf die Transferpolitik der Klubs hat der Aufstand und seine Folgen mittlerweile erhebliche Auswirkungen. Nationalspieler Mario Gomez, der in der vergangenen Saison bei Besiktas Istanbul zum Torschützenkönig avancierte, kündigte wenige Tage nach dem Militärputsch an, "aus politischen Gründen" nicht zum Meister an den Bosporus zurückkehren zu wollen.

Legionäre haben Angst

Auch sein Mannschaftskollege und ehemaliger Bayern-Spieler José Sosa will nicht mehr in der Süper Lig spielen. "Meine Ehefrau hat Angst, in Istanbul zu leben. Ich habe auch Angst um meine Töchter. Meine Priorität ist meine Familie", sagte der Argentinier.

Besiktas-Präsident Fikret Orman räumte ein: "Spieler, die wir verpflichten wollen, erhalten Anrufe, in denen ihnen gesagt wird: Gehe nicht in die Türkei." Max Kruse, der lange mit einem Wechsel an den Bosporus in Verbindung gebracht wurde, entschied sich nun für die Weser und kehrte zu Werder Bremen zurück.

Auch der Slowake Martin Skrtel gab zu: "Ich werde nicht lügen, ich habe darüber nachgedacht, ob ich mit meinem Wechsel in die Türkei einen Fehler gemacht habe." Anfang Juli war Skrtel vom FC Liverpool zu Fenerbahce Istanbul gewechselt.

Weltmeister Lukas Podolski stellt indes sein weiteres Engagement bei Galatasaray Istanbul nicht infrage. Auf Gomez' Weggang angesprochen, sagte er, er müsste "nicht nachmachen, was andere tun".

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