Karim Benzema: Real Madrid muss diesen Sommer einen Ersatz und Nachfolger holen

Von Thomas Hindle/Patrik Eisenacher
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Der Ballon-d'Or-Gewinner von 2022 ist weiterhin spielentscheidend für Real Madrid - doch mittlerweile ist Karim Benzema auch regelmäßig verletzt oder nicht fit. Es ist Zeit, auf dem Transfermarkt zu reagieren.

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Karim Benzema verweigerte Carlo Ancelotti den Handschlag, als der Trainer ihn im Rückspiel des Champions-League-Viertelfinales 2023 gegen den FC Chelsea auswechselte. Das Spiel war zum Zeitpunkt von Benzemas Auswechslung bereits entschieden, Real führte deutlich nach Hin- und Rückspiel und befand sich auf Kurs Halbfinale.

Benzema, der sich in der ersten Halbzeit bei einem Zweikampf eine Verletzung zugezogen hatte, brauchte wahrscheinlich auch einfach eine Pause. Aber der Stürmer wollte trotzdem auf dem Platz bleiben - ein Sinnbild für die bisherige Saison, sie gleicht einer kleinen Achterbahnfahrt.

Seitdem hat der französische Nationalspieler gegen Celta Vigo miserable 90 Minuten hinter sich und musste auch bei Reals Niederlage gegen Girona (2:4) Ende April wegen der langwierigen Verletzung aus Westlondon aussetzen. Erst gegen Almeria war er wieder zurück und steuerte direkt einen Dreierpack beim 4:2-Heimsieg bei - anschließend fehlte der Stürmer im Kader gegen Real Sociedad (0:2), spielte gegen Osasuna beim Pokal-Gewinn (2:1) und Manchester City (1:1), bekam dann gegen Getafe (1:0) erneut eine Auszeit. Beim 0:4 im Rückspiel gegen City stand er dann wieder 90 Minuten auf dem Platz.

Seine internen Ersatzspieler, die währenddessen ran durften (Diaz, Rodrygo und Asensio) überzeugten dabei nicht ansatzweise. Real holte bisher keinen direkten Ersatz, weil ein Ballon-d'Or-Gewinner immer spielt und nicht angezweifelt werden will. Doch Benzema braucht immer häufiger seine Pausen - sei es wegen Verletzungen oder der Fitness eines 35-jährigen Profis.

Deshalb muss Real Madrid im Sommer 2023 seinen Nachfolger holen.

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Karim Benzema bei Real: Eine fantastische Saison

Um es noch einmal deutlich zu sagen: Benzema soll nicht aus der Stamm-Elf verdrängt werden. Real hat ihm einen neuen Einjahresvertrag gegeben und damit deutlich gemacht, dass sie ihn nicht gehen lassen wollen.

Doch Benzemas älter werdende Beine sind nicht mehr so fit wie früher - trotz Blessuren lief der Franzose immer wieder auf.

Doch Ancelotti braucht einen Spieler, der Benzema in solchen Fällen ersetzen kann - damit jener seine Erholungsphasen bekommt. Er ist zwar nicht in der gleichen Form wie im Ballon-d'Or-Jahr, doch immer noch einer der besten Stürmer der Welt.

Er macht auch weiterhin all die typischen Benzema-Dinge: Er lässt sich tief fallen, um sich die Bälle zu holen; er stiehlt sich nahezu unbemerkt zum zweiten Pfosten; er kreiert Chancen selbst auf engstem Raum; und er lässt die Verteidiger immer noch erstarren, wenn er den Ball hat.

Und selbst wenn er nicht direkt an Toren beteiligt ist, sorgt er mit seinen Läufen oft für entscheidende Räume für seine Mitspieler. So ist auch Vini besser, wenn sein Partner auf dem Platz steht.

Benzema ist auch immer noch da, wenn es wirklich darauf ankommt: Gegen Liverpool in Anfield hat er zwei Tore erzielt und einen Assist gegeben. Im Halbfinale der Copa del Rey erzielte er gegen Barcelona einen Hattrick! Der Spieler, der letztes Jahr in der Champions League seine Gegner Paris Saint-Germain, Chelsea und Manchester City in die Knie gezwungen hat, ist immer noch einer der Besten der Welt.

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Karim Benzema: Ohne ihn läuft es nicht in Madrid

Weil Benzema bei der heftigen 0:4-Niederlage gegen Barcelona im vergangenen April ausgefallen war, gab Ancelotti eine düstere Einschätzung ab: "Ohne Benzema hatten wir keine Chance." Ohne ihn ist die Mannschaft eine gänzlich andere, auch seine Führungsmentalität fehlt dann.

In den letzten Wochen haben sich die Ergebnisse verbessert, wenn Benzema ausfiel, aber zu Beginn der Saison verspielte Real ohne ihn schon früh die spanische Meisterschaft - es gab sogar Niederlagen gegen Teams aus der unteren Tabellenhälfte: Mallorca und Rayo Vallecano.

Die 2:4-Niederlage gegen Girona Ende April kann zwar nicht auf die mangelnde Offensivqualität von Real zurückgeführt werden, doch mit einem fitten Benzema hätte Madrid sicherlich eine Chance gehabt - trotz der katastrophalen eigenen Abwehr.

Ancelotti hatte also Recht. Ohne den Franzosen ist Real nicht mehr dieselbe Mannschaft.

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Welchen Spielertyp braucht Real Madrid?

Benzema 1-zu-1 ersetzen zu wollen, ist nicht nur hochnäsig, sondern aktuell auch schlicht unmöglich - entsprechende Spieler wie Haaland sind derzeit nicht auf dem Markt.

Die Blancos brauchen also einen zuverlässigen Ersatz, der sich auch mal ohne zu meckern auf die Bank setzt - oder auch auf den Flügeln spielen kann, um auch dann Einsatzzeit zu bekommen, wenn Benzema fit ist.

Eigentlich sollte dieser Ersatz den Namen Luka Jovic tragen. Der Ex-Frankfurter, der 2019 für 63 Millionen Euro in die spanische Hauptstadt kam, scheiterte jedoch kläglich - und ging schon 2022 ablösefrei nach Florenz. Für Real brachte er es in 51 Spielen und rund 1.500 Minuten auf klägliche drei Tore.

Auch weil sein Transfer missglückte, muss Real nun weiterhin einen Ersatz und späteren Nachfolger für Benzema suchen.

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Real Madrid: Ein kompliziertes Transferfenster

Aber dieses Transferfenster im Sommer 2023 wird ein kompliziertes. Schon im Jahr 2022 wollten die Königlichen Kylian Mbappé aus Paris locken - es schien der perfekte Transfer zu sein. Bis sich der Franzose dazu entschloss, eine weitere 180-Grad-Wende zu machen. Und so bleibt selbst für diesen Sommer eine kleine Lücke für einen Transfer Mbappés zu Real offen.

Aktuell scheinen die anderen großen Namen auf dem Transfermarkt zu anderen Vereinen gehen zu wollen. Chelsea, Bayern München, Manchester United und sogar PSG brauchen dringend einen Stürmer - und haben die finanziellen Mittel, um Top-Stürmer wie Victor Osimhen, Harry Kane oder Randal Kolo Muani zu verpflichten.

Doch der Champions-League-Rekordsieger greift ohnehin selbst nach anderen Sternen: Jude Bellingham soll vom BVB kommen, für 120 bis 150 Millionen Euro. Ob dann noch Geld für einen Stürmer übrig wäre?

Einen Stürmer haben sie ja ohnehin kürzlich gekauft - er wird jedoch erst in fast zwei Jahren kommen: Teenager Endrick von Palmeiras war Präsident Florentino Perez 35 Millionen Euro wert. Er könnte mit den etwas älteren Vinicius Jr. und Rodrygo eine brasilianische Ära prägen. Doch auch Endrick wird sich dann erst einmal einfinden müssen. Früher oder später scheint zudem Mbappé auch nach Madrid kommen zu wollen. Der Übergang nach Benzemas Karriereende wird kompliziert.

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Reals Benzema-Nachfolger: Die internen Alternativen

Doch Ancelotti hat auch einige, wenn auch begrenzte, interne Optionen.

Rodrygo seinerseits hat als Mittelstürmer sein Potenzial gezeigt. Als er gegen Chelsea an der Stamford Bridge als zentraler Stürmer eingewechselt wurde, sorgte er mit seinem Doppelpack für Reals Einzug ins Halbfinale.

Der Brasilianer hat in dieser LaLiga-Saison zwölf Spiele als Mittelstürmer bestritten, aber dabei nur zwei Tore erzielt. Gegenüber SPOX und GOAL bestätigte er Anfang des Jahres in einem Interview, dass er viel lieber im offensiven Mittelfeld spielt - eine Position, die es in Ancelottis bevorzugtem 4-3-3 nicht gibt.

Das 18-jährige Talent Alvaro Rodriguez wurde kurzzeitig als langfristige Stürmeroption gehandelt, aber seine Einsatzzeiten sind begrenzt, seitdem er im Februar in letzter Minute den Ausgleichstreffer gegen Atletico Madrid erzielte.

Und in einem besonders verzweifelten Moment experimentierte Ancelotti auch mit Eden Hazard als eine Art falsche Neun gegen Celtic in der Champions League. Der Belgier erzielte immerhin ein Tor, konnte aber in den 50 Minuten, die er auf dem Platz stand, nicht überzeugen.

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Benzema: "Wenn es halbwegs geht, will er spielen"

Ancelotti überraschte zudem mit einer Aussage. Gefragt, ob er Benzema schonen wollte, wenn er nicht ganz fit sei, sagte der Italiener: "Er ist zu wichtig für uns. In den letzten Spielen hat er ein sehr gutes Niveau gezeigt und das wird beibehalten, indem man ihn spielen lässt und nicht schont. Wenn es halbwegs geht, will er spielen und wir wollen das auch."

Genau das ist vielleicht das Problem. Benzema will jedes Spiel spielen, aber das kann er einfach nicht mehr. Wären Madrids Spiele gegen Girona oder Getafe stattdessen ein Champions-League-Halbfinale gegen ManCity gewesen, hätte der Stürmer zweifellos in der Startelf gestanden.

Ancelotti hat ihn aus Vorsicht nicht aufgestellt und seine Mannschaft hat darunter gelitten. Die internen Alternativen sind auf dieser Position nicht das, was ein Weltklasse-Verein wie Real braucht. Und so spielt der Franzose öfter, als er sollte - auch bei leichten Blessuren in der Champions League.

Irgendwann wird dies zu einer längeren Verletzung von Benzema führen. Einen alternden Stürmer zu zwingen, sich am Dienstagabend gegen Rayo Vallecano abzumühen, ist keine nachhaltige Lösung.

Real braucht also zwingend einen Ersatz für Benzema. Die aktuelle Situation ist in der kommenden Spielzeit nicht mehr tragbar.

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