Der Preis des Erfolges

Von Fabian Herbers
Craig Bellamy feiert den Aufstieg in der neuen roten Tracht, doch das alte Blau bleibt präsent
© getty

Zum ersten Mal seit der Ligagründung 1888 spielen in der nächsten Saison zwei walisische Teams in der Premier League. Nach Swansea City 2011 schafften nun auch die Bluebirds aus Cardiff den Aufstieg in Englands höchste Spielklasse. 51 Jahre warteten die Waliser auf den Wiederaufstieg. Allerdings mussten einige Opfer für den Aufstieg gebracht werden, geklappt hat es dann auch dank eines Farbenwechsels.

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Vincent Tan reichte es endgültig. Der malaysische Besitzer vom walisischen Zweitligisten Cardiff City musste im Sommer 2012 mit ansehen, wie der Klub zum dritten Mal in Folge in den Playoffs um den Aufstieg in die Premier League scheiterte. Ihm war klar, er musste etwas ändern.

Er wollte dem Verein ein neues, erfolgreiches Gesicht geben - und änderte einfach die Teamfarben von Blau-Weiß auf Rot-Schwarz. "Feuer und Leidenschaft" sollte der neue Look geben - und sportlich tat er es. Cardiff City überrannte förmlich die Championship, war seit dem 18. Spieltag ohne Pause Spitzenreiter und machte fünf Spieltage vor Schluss den Aufstieg perfekt.

Die Bluebirds - oder jetzt Red Dragons, aber der alte Name hält sich hartnäckig unter den Fans und in den Medien - sind damit zurück auf der ganz großen englischen Bühne. Warum eigentlich englisch? Neben Cardiff und Swansea spielen noch drei weitere Vereine aus Wales im englischen Ligasystem und erhoffen sich dadurch bessere wirtschaftliche Bedingungen und mehr Zuschauer. Die heimische walisische Liga ist im Vergleich zu England absolut unattraktiv, teilweise kommen nur bis zu 500 Zuschauer zu den Spielen. Selbst der garantierte Europa-League-Startplatz der heimischen Liga hinderte Cardiff City nicht, nach England ins Exil zu gehen.

Fans gespalten

Nun spielt Cardiff City wieder nach 51 Jahren in der höchsten englischen Spielklasse, allerdings zu einem hohen Preis. Investor Vincent Tan, der mit seiner Berjaya Group einige Hotels, Ferienresorts und Casinos besitzt und damit reich wurde, versprach, über 100 Millionen Euro in Cardiffs Infrastruktur zu investieren, der hoch verschuldete Verein hatte keine Wahl und sagte zu.

Tan nahm keine Rücksicht auf die Tradition der "Bluebirds" - sie reicht immerhin zurück bis ins Jahr 1899. Der Wechsel zum neuen, vermarktungsfreudigen Image ließ das alte Cardiff samt Sperling sterben und im Juni 2012 errötete das komplette Erscheinungsbild des walisischen Hauptstadtklubs: neues Wappen, neues Tier, neue Farben.

Während man sich in Deutschland kaum vorstellen könnte, dass beispielsweise der 1. FC Köln nächste Saison in grün-gelben Heimtrikots auflaufen würde, spaltete sich Cardiffs Fanlager nach dem radikalen Schnitt in zwei Sichtweisen. So richtig wollte man das neue Aussehen nicht akzeptieren, aber die Verlockung nach einem erfolgreichen Verein in Cardiff schien groß. Selbst ein Jahr nach dem Farbenwechsel ist die Stimmung schwer zu deuten.

"Rot ist klasse für Cardiff City"

Man schwankt zwischen Verrat an der Tradition und dem Durst nach Erfolg. Es gründete sich zwar die Initiative "Keep Cardiff Blue", doch der Verein untersagte Demonstrationen, die meisten Fans nahmen in der Folge das neue Cardiff eben so hin, wie Tan es verlangte. Der verstand den Widerstand sowieso nicht: "Das ist ein bisschen verwirrend, wenn ihr "Blues" und "Bluebirds" singt. Was singt ihr, wenn Chelsea zu uns kommt?", so der 61-Jährige: "Rot ist klasse für Cardiff City, klasse für Wales und klasse für Malaysia."

Ob nun Rot oder Blau, die Fans in Cardiff sind sich nicht einig. Die Spaltung in zwei Fanlager verdeutlicht aber ein allgemeines Problem in Großbritannien: Das alte, blaue Cardiff steht für Traditionalismus, ein Verein, der stolz auf seine Vergangenheit ist und sich nicht für Erfolg verkaufen will.

Dem gegenüber das neue, rote Cardiff, das mit finanziellem Schub überzeugen will sowie Spaß, Stimmung und Euphorie vermittelt. Doch so ist Cardiff City ein gnadenloses Beispiel geworden, wie der Fußball auf der Insel in einem Irrsinnstempo kommerzialisiert wird. Es funktioniert vor allem, weil die Fans sich nicht wehren können, oder besser: wollen.

Das neue walisische Aushängeschild?

Nicht nur deshalb wird sich Investor Tan die ehemaligen Bluebirds von Cardiff City als Zielobjekt ausgesucht haben, nun hofft er mit dem Aufstieg in die Premier League auf den kommenden finanziellen Erfolg. Cardiff City soll in absehbarer Zukunft international das Aushängeschild des walisischen Fußballs werden, auch wenn Swansea City in der Premier League bislang ein beeindruckendes Bild abgibt. Auch Thailand, Tans Herkunft, soll aufmerksam werden, deshalb auch die Farbänderung zu Rot. In Südostasien ist das schließlich die Farbe des Glücks.

Ob es nun der Aberglaube war oder doch die Millionen, die im vergangenen Jahr in den Verein geflossen sind, Cardiff hat nun nach drei Jahren Tränen das Primärziel Aufstieg erreicht und will sich in der Premier League etablieren. Ob das alles so klappt, wie sich Trainer Malky Mackay das vorstellt, bleibt erstmal offen.

Schließlich hat Tan ihn und den Verein gnadenlos in der Hand und entscheidet selbst, welcher Spieler für wie viel Geld kommt. "Der Aufstieg ist eine große Aufgabe", so Coach Mackay: "Aber ich habe gute Spieler hier. Wir werden uns gut vorbereiten, das hat schon längst begonnen." Stolz ist man jedenfalls in Cardiff, endlich Geschichte geschrieben zu haben. Endlich wahrgenommen zu werden.

Cardiff City im Überblick