Karim Adeyemi von Red Bull Salzburg im Interview: "Wenn man bei Bayern aus der Reihe tanzte, erfuhr man wenig Unterstützung"

Von Dennis Melzer
Karim Adeyemi gegen Eintracht Frankfurt
© GEPA
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Planen Sie denn, das in Zukunft nachzuholen?

Adeyemi: Auf jeden Fall. Ich möchte meinen Realschulabschluss nachholen. Aber aktuell kann ich noch nicht sagen, wann ich das angehe.

Was hat Sie beim Thema Schule zum Umdenken gebracht?

Adeyemi: Ich habe festgestellt, dass es wichtig ist, einen Abschluss zu haben. Sollte ich mich in ein paar Jahren nach meiner Fußballkarriere irgendwo bewerben, sollte ich etwas Handfestes vorweisen können. Da kann man nicht mit leeren Händen dastehen. Ich habe den Schalter umgelegt und möchte für die Zukunft daran arbeiten, dass es klappt.

Wie häufig besuchen Sie Ihre alten Bekannten bei Unterhaching?

Adeyemi: Sehr regelmäßig, eigentlich immer, wenn ich meine Eltern besuche. Meine Mutter arbeitet nach wie vor beim Verein. Man sieht mich definitiv häufiger in Unterhaching, weil ich gerne dort in der Gegend gemeinsam mit meinen Freunden etwas Essen gehe.

Gab es einen Moment bei Haching, in dem Sie realisiert haben, dass es tatsächlich mit der Profi-Karriere klappen könnte?

Adeyemi: Es gab nicht diesen einen Moment. Wenn man mehrere Male gesagt bekommt, dass man über Qualitäten verfügt, die nicht jeder hat, gibt das aber sehr viel Selbstbewusstsein. Ich habe mir meine Ziele gesetzt und bis jetzt verläuft mein Weg wie geplant. Ich freue mich, dass ich es mal so weit geschafft habe.

Sie haben bei Unterhaching ausschließlich in der Jugend gespielt. Laut Schwabl gab es konkretes Interesse vom FC Chelsea. Wie kam es dazu?

Adeyemi: Ich glaube, es ist fast egal, bei welchem Klub man spielt - der Fußball bietet insgesamt eine große Plattform. Wenn man ein guter Spieler ist, der Gas gibt und seine Leistung zeigt, sehen die Klubs das.

Sie waren sogar in London vor Ort, um bei Chelsea vorzuspielen. Warum kam ein Wechsel auf die Insel nicht zustande?

Adeyemi: Ich habe mich dazu entschieden, weiter bei Unterhaching zu spielen, weil ich mich sehr wohlgefühlt habe. Ein Wechsel zu Chelsea wäre damals kein sinnvoller Schritt gewesen.

Neben Chelsea sollen auch der FC Barcelona, Atletico Madrid und RB Leipzig Interesse signalisiert haben. Wie ernst fielen die Avancen dieser Klubs aus?

Adeyemi: Ich persönlich habe mich damit nicht so sehr beschäftigt. Natürlich freut es mich, wenn solche Vereine Interesse signalisieren, aber ich wollte einfach nur Fußball spielen.

Bereits in jungen Jahren brach ein gewisser Hype um Ihre Person aus. Wie haben Ihre Mitspieler das aufgenommen?

Adeyemi: Es gibt sicherlich Mitspieler, die sich verändern und dich anders behandeln. Diese Erfahrungen habe ich glücklicherweise nicht gemacht. Meine Teamkollegen standen immer hinter mir.

War Ihnen der Wirbel dennoch ein unangenehm?

Adeyemi: Es ist natürlich ein Stück weit unangenehm, wenn die Mitspieler fragen: Stimmt es, dass Klub X Interesse hat? Auch in der Schule wurde ich häufig darauf angesprochen. Darüber wollte ich nicht so gerne sprechen.

Ihr Weg hat Sie weder zu Chelsea noch zu Barca, sondern nach Salzburg geführt. Was war ausschlaggebend?

Adeyemi: In erster Linie war es für meine Eltern und mich wichtig, dass mein neuer Klub einen Plan mit mir hat. Das war bei Red Bull Salzburg der Fall. Der Spielstil und die Philosophie haben mich überzeugt.

Dem Vernehmen nach hat Red Bull Salzburg rund drei Millionen Euro für Sie gezahlt, damals waren Sie noch 16 Jahre alt. Inwiefern lösen solche Summen Druck auf einen Teenager aus?

Adeyemi: Ich habe mir deshalb keinen Druck gemacht. Ich muss niemandem etwas beweisen, nur mir selbst. Ich war ganz locker und habe einfach Fußball gespielt. Die Summe, wenn sie den stimmt, hat mich vielmehr geehrt, als dass sie eine Bürde gewesen wäre. Ich habe von meinen Eltern und von den Verantwortlichen in Unterhaching immer auf den Weg gegeben bekommen, auf dem Boden zu bleiben. Auch in Salzburg wird darauf viel Wert gelegt. Es ist keine Hilfe, wenn man die Bodenhaftung verliert.

Zunächst wurden Sie ans Farmteam FC Liefering verliehen. War das im Vorfeld abgesprochen?

Adeyemi: Ja, das war so abgemacht. Ich sollte mich bei Liefering zeigen und mich an den echten Profifußball herantasten.

Ende Februar feierten Sie Ihr Debüt für die erste Mannschaft - in der Europa League vor 50.000 Fans in der Frankfurter Commerzbank Arena. Wie haben Sie sich gefühlt?

Adeyemi: Ich habe mich riesig gefreut und war motiviert ohne Ende. Mir ging in diesem Moment nur eines durch den Kopf: Lauf, bis du nicht mehr kannst. Das war einfach der absolute Wahnsinn.

Was hat Ihr Trainer Ihnen bei Ihrer Einwechslung gesagt?

Adeyemi: Dass ich Gas geben und keine Angst zeigen soll.

Wie gelingt es, in einem solchen Moment die vielen Zuschauer auszublenden?

Adeyemi: Ich glaube, dass es im ersten Spiel als Profi vor einer solchen Kulisse wirklich schwerfällt, die Zuschauer komplett auszublenden. Man ist überwältigt von der ganzen Szenerie, aber mir ist es dennoch gelungen, fokussiert zu bleiben.

Wie blenden Sie in Ihrer Freizeit den Fußball aus?

Adeyemi: Ich treffe mich häufig mit meinen Freunden. Ich glaube, man sollte sich nicht rund um die Uhr mit Fußball befassen, das kann auch kontraproduktiv sein.

Viele Menschen in Ihrem Alter gehen auf Partys, trinken Alkohol, sammeln Erfahrungen fürs Leben. Haben Sie das Gefühl, etwas zu verpassen?

Adeyemi: Ganz und gar nicht. So, wie es gerade für mich läuft, ist es perfekt. Natürlich muss man als Fußballer auf einige Dinge verzichten. Aber, wenn man diesen Traum leben will, macht man das gerne. Zumindest ist das meine persönliche Meinung.

Ihre Karriere befindet sich noch am Anfang. Welche Ziele verfolgen Sie?

Adeyemi: Ich möchte bei Red Bull Salzburg noch viele Spiele machen und mich zeigen, einfach meinen Weg gehen, um eines Tages in einer Top-Liga zu spielen. Mein Ziel ist es, gemeinsam mit den besten Spielern der Welt auf dem Platz zu stehen.

Was ist Ihre größte Angst?

Adeyemi: Ich habe Angst davor, eine schwerwiegende Verletzung davonzutragen, die im schlimmsten Fall das Karriereende bedeuten könnte. Ich glaube aber, dass ich diese Angst mit so ziemlich allen Fußballern auf der Welt teile.

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