EM

"Vier Tore im Namen Eriksens": Dänemark schon "Europameister der Herzen"

SID
Dänemark steht bei der EM im Achtelfinale.
© getty

Mit einer weiteren magischen Nacht hat Dänemark doch noch das Achtelfinale erreicht. Die Skandinavier sind schon jetzt eine Art "Europameister der Herzen".

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Trainer Kasper Hjulmand gab vor den sangesfreudigen Anhängern höchstpersönlich den Einpeitscher, Angreifer Martin Braithwaite holte für die magische Nacht kurzerhand seine drei Söhne aufs Feld. Fast eine halbe Stunde drehten die dänischen Helden ihre Ehrenrunden, ganz genüsslich saugten sie nach ihrem modernen Fußballmärchen die unzähligen Gänsehautmomente im Tollhaus Parken auf. Die Schockstarre eines ganzen Landes war nur neun Tage nach dem Drama um Christian Eriksen endgültig einer beispiellosen Glückseligkeit gewichen.

Danish Dynamite zündet wieder - und ist spätestens mit dem Achtelfinaleinzug eine Art "Europameister der Herzen". Hjulmand platzte schier vor Stolz. "Wenn es jemand verdient hat, dann sind es diese Spieler", schwärmte der 49-Jährige: "Vor dem Mut, dem Zusammenhalt, der Kameradschaft, dem Miteinander und der Fähigkeit der Spieler, einfach an einem Strang zu ziehen und zu spielen, ziehe ich meinen Hut."

Mit ihrer Leistung beim 4:1 (1:0) gegen Russland sorgten die dänischen Spieler bei ihrer emotionalen EM-Achterbahnfahrt in Kopenhagen für ein Happy End, die internationale Presse überschlug sich mit Lobeshymnen.

"Niemand hat es schwerer gehabt, wenige haben es mehr verdient als Dänemark", titelte beispielsweise die spanische Zeitung Sport. Die britische Times sah ein Spiel, "so atemberaubend und bezaubernd wie jedes Märchen von Hans Christian Andersen".

"Die Nationalmannschaft lebt, jetzt wird's richtig lustig"

Die Gazzetta dello Sport schrieb von "vier Toren im Namen Eriksens" - und tatsächlich widmeten die Spieler den Sieg wieder ihrem kollabierten Freund. "Es besteht kein Zweifel, dass der Sieg auch für Christian war", sagte Mittelfeldspieler Christian Norgaard: "Er ist einfach ein gigantischer Teil davon." Und sie wollen noch mehr für ihren Teamkollegen erreichen.

Als Eriksen die Mannschaft per WhatsApp beglückwünschte, beschwor ganz Dänemark längst den Geist von 1992. "Die Nationalmannschaft lebt, jetzt wird's richtig lustig", titelte der Jyllands Posten. "Wir werden mit allem kommen, was wir haben, und dann werden wir auch nach diesem Spiel weitermachen", sendete der überragende Mikkel Damsgaard schonmal eine erste Kampfansage an Achtelfinalgegner Wales.

Doch ein wichtiges Faustpfand wird dem Sensations-Europameister von 1992 gegen Gareth Bale und Co. am Samstag (18.00 Uhr) in Amsterdam fehlen. Erstmals bei dieser EM muss Dänemark auswärts ran und dann aufgrund der Einreisebestimmungen in den Niederlanden wohl sogar nahezu komplett ohne eigene Fans.

Dänemark befindet sich im Fußball-Ausnahmezustand

Ein herber Rückschlag, denn die Gänsehautatmosphäre im Parken half den Skandinaviern bei ihrem "EM-Wunder", so die dänische Tageszeitung B.T., schon enorm.

Hjulmand richtete "ein großes Dankeschön an Dänemark und die Menschen. Sie haben sich wirklich um uns gekümmert, haben uns aufgebaut und uns Flügel verliehen", sagte der ehemalige Mainzer Trainer.

Angepeitscht von den 23.644 enthusiastischen Anhängern schossen Damsgaard (38.), Yussuf Poulsen (59.) Andreas Christensen (79.) und Joakim Maehle (82.) bei einem Gegentreffer von Artjom Dsjuba (70., Foulelfmeter) den Sieg im Do-or-Die-Spiel heraus.

Noch stundenlang nach Abpfiff feierten Tausende Fans in der Kopenhagener Innenstadt, in Helsingör versammelten sich Hunderte Anhänger, um den Partybus der Mannschaft mit einem Spalier im Teamquartier zu empfangen. Dänemark befindet sich im Fußball-Ausnahmezustand - und das "EM-Wunder" soll bis zum Finale am 11. Juli weitergehen.