EM

"Die ganze Arbeit war umsonst"

Thomas Müller ist weiter ohne Tor bei EM-Endrunden
© getty

Thomas Müller lässt seinem Frust über die 0:2-Niederlage im EM-Halbfinale gegen Frankreich freien Lauf. Die ganze Arbeit sei umsonst gewesen, der Gegner nicht wirklich verdient im Finale. Auch Schweinsteigers Handspiel und dessen Folgen auf die Mannschaft sind dem FCB-Stürmer zufolge unstrittig.

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Frage: Herr Müller, musste heute die bessere Mannschaft nach Hause fahren?

Thomas Müller: Sie haben das Spiel angeschaut - gefühlt ist es auf jeden Fall so. Wir haben vieles richtig gemacht und eine engagierte, fußballerisch gute Leistung abgerufen. Nach fünf Minuten haben wir komplett das Ruder übernommen. Dann gehen wir mit 0:1 in Rückstand. Wir haben ja alle gesehen, wie das passiert ist. Ohne, dass die Franzosen überhaupt wussten, warum sie jetzt 1:0 in Führung lagen. Das Ausscheiden ist extrem bitter. Wir haben alles reingehauen. Als Mannschaft haben wir gezeigt, was wir können. Trotzdem ist Fußball auch ein Sport, in dem ein oder zwei Fehler das Spiel entscheiden können. Das Glück war heute jedenfalls nicht auf unserer Seite. Weder hinten noch vorne. Wir haben aber eben diese Fehler gemacht, sonst hätte Frankreich nicht gewonnen.

Frage: Ist das jetzt ein sehr bitteres Gefühl?

Müller: Ein gutes ist es auf keinen Fall. In der Gesamtbetrachtung des Turniers haben wir uns als Mannschaft und den deutschen Fußball sicherlich gut präsentiert. Fußball ist aber auch ein Erfolgssport. Es geht darum, Titel zu gewinnen. Die bleiben in Erinnerung. Ob man dann im Halbfinale ausscheidet oder schon vorher, ist dann nicht sehr entscheidend. Obwohl wir hier viel mehr vorhatten, und obwohl wir nicht wirklich viel falsch gemacht haben, müssen wir das ganze Ding hier jetzt abhaken. Die ganze Arbeit, die wir reingesteckt haben, war umsonst.

Frage: Wie war es für Sie heute vorne drin?

Müller: Es war nicht ganz einfach. Die Franzosen standen in der eigenen Hälfte. Dass ich nicht dreimal alleine aufs Tor zulaufe, war mir schon vorher klar. Es hat ein bisschen zu den anderen Spielen gepasst. Wir haben viel versucht, auch ich persönlich, es hat aber nicht sollen sein. Kurz vor Schluss hätte ich meinen EM-Tor-Fluch noch beenden können, aber der gegnerische Torwart hat noch einmal eine riesige Parade ausgepackt. So ist das eben.

Frage: War der Elfmeter heute die Schlüsselszene?

Müller: Es war das 1:0, das richtig wehgetan hat. Denn ein Tor kann man immer schießen - vor allem, wenn man sieht, was wir wieder an Chancen hatten. Der eine Ball ging an den Pfosten, der andere geht einen Zentimeter vorbei. Das zweite Gegentor war dann der Genickbruch.

Frage: Das 0:1 kam trotzdem zu einem psychologisch sehr ungünstigen Zeitpunkt.

Müller: Es ist schon so, dass das sehr hart war. Wir wissen, dass wir eine super erste Halbzeit gespielt haben und dann liegst du auf einmal mit 0:1 in Rückstand - ohne, dass Frankreich etwas dafür getan hat. Das tat schon weh und hat auch die erste Viertelstunde in der zweiten Halbzeit beeinflusst. Das Spiel wurde fahriger und hitziger, es gab einige Unterbrechungen. Dann plätschern die Minuten auch so dahin. Das Spiel war nicht mehr ganz so strukturiert. Das 0:1 hat uns also sicherlich schon ein bisschen was gekostet.

Frage: Wie haben Sie den Elfmeter denn gesehen?

Müller: Ich denke, es war ein Handspiel.

Frage: Generell, wie fanden Sie Bastian Schweinsteiger heute?

Müller: Er hat die ganzen Zweikämpfe gegen Giroud bei den langen Bällen sehr gut verteidigt. Das macht er exzellent, genauso wie den Spielaufbau. Da hat er keine Fehler gemacht.

Frage: Soll er weitermachen in der Nationalmannschaft?

Müller: Gute Spieler können wir immer gebrauchen. Ich glaube, das ist jetzt aber nicht der richtige Zeitpunkt.

Frage: Die klassische Frage nach der Zukunft gab es eben auch an den Bundestrainer. Es gab keine klare Antwort. Haben Sie irgendwelche Minimalzweifel?

Müller: Nein, habe ich nicht. Nach dem Ausscheiden zu fragen, wie es weitergeht, ist auch eine der unfairsten Fragen, die man stellen kann.

Frage: Sie waren schon im Champions-League-Halbfinale mit dem FC Bayern gegen Atletico Madrid die bessere Mannschaft. Ist das das Muster dieser Saison?

Müller: Ja, es war jetzt zweimal das Gleiche.

Frage: Was nimmt man davon mit?

Müller: Dass Fußball ein Sport ist, in dem man nicht die bessere Mannschaft sein muss. Es ist schade, dass der eventuell weniger schöne Fußball gewinnt. Aber dieses Jahr war es bei mir tatsächlich in beiden Wettbewerben so. Das Finale bestreiten nicht die beiden spielstärksten Mannschaften. Wir brauchen jetzt aber nicht nur von Glück sprechen. Das sind auch Mannschaften mit Qualität. Als Gesamtpaket waren wir aber sicherlich dominanter.

Frage: Können Sie sich das Finale am Sonntag anschauen?

Müller: Kann ich schon, muss ich aber nicht unbedingt.

Deutschland - Frankreich: Die Statistik zum Spiel

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