3. Liga: MSV Duisburg gegen VfL Osnabrück nach Rassismus-Eklat abgebrochen - Polizei und DFB ermitteln

SID
Das Spiel zwischen Duisburg und Osnabrück ist abgebrochen worden.
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Rassismus-Eklat in der 3. Liga: Das Spiel zwischen dem MSV Duisburg und dem VfL Osnabrück wurde am Sonntag abgebrochen.

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Novum im deutschen Profifußball: Das Drittligaspiel zwischen dem MSV Duisburg und dem VfL Osnabrück ist am Sonntag in der 33. Minute von Schiedsrichter Nicolas Winter (Freckenfeld) beim Stande von 0:0 aufgrund eines Rassismus-Vorfalls abgebrochen worden.

Von den Rängen hatte es gegen Osnabrücks Aaron Opoku offenbar Affenlaute gegeben. Der vermeintliche Täter wurde identifiziert und aus dem Stadion gebracht.

"Es gab einen Eckstoß für den VfL Osnabrück und dann Affenlaute von der Tribüne", sagte der Unparteiische Winter bei MagentaSport. Das Schiedsrichter-Gespann habe direkt darauf reagiert, "ich habe gesehen, wie schockiert der Spieler gewesen war", sagte Winter.

Man sei deshalb direkt in die Kabine, "um uns um den Spieler zu kümmern. Ich habe ihm gesagt, wir sind da, um ihn zu schützen." Man werde von Schiedsrichter-Seite einen Sonderbericht verfassen. Winter zum Vorkommnis: "Das ist in schwierigen Zeiten ganz dramatisch."

Das Spiel zwischen Duisburg und Osnabrück ist abgebrochen worden.
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Das Spiel zwischen Duisburg und Osnabrück ist abgebrochen worden.

Polizei und DFB ermitteln

Die Polizei Duisburg erstattete laut Mitteilung vom Sonntagabend umgehend eine Anzeige gegen einen 55-Jährigen wegen Beleidigung. Laut Zeugenaussagen soll er "Du Affe kannst eh keine Ecken schießen!" gerufen haben. Der Beschuldigte räumte gegenüber der Polizei offenbar ein, diesen Satz so geäußert zu haben, allerdings habe er einen anderen Spieler der Osnabrücker gemeint, der zum Eckball bereitgestanden habe. Dies teilte die Polizei Duisburg am Montag auf SID-Anfrage mit.

Der Staatsschutz der Polizei Duisburg wurde inzwischen informiert, die weiteren Ermittlungen dauern an. Die Staatsanwaltschaft Duisburg ist bislang noch nicht in den Fall involviert, wie sie auf SID-Anfrage mitteilte.

Die Polizei hatte die Zeugen sowie den Tatverdächtigen unmittelbar nach dem Vorfall vernommen. Der bislang polizeilich unbekannte 55-Jährige durfte im Anschluss wieder nach Hause gehen.

Der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) kündigte noch am Abend an, nach dem Abbruch Ermittlungen aufnehmen zu wollen. Das DFB-Sportgericht werde zu einem späteren Zeitpunkt über die Wertung des Spiels zu befinden haben.

DFB unterstützt Abbruch-Entscheidung

Vom Deutschen Fußball-Bund kam bereits Unterstützung für die Entscheidung, das Spiel abzubrechen. "Der gesamte deutsche Fußball hat seit langem eine klare und kompromisslose Haltung gegen jede Form von Rassismus. Rassisten haben in deutschen Fußball-Stadien nichts verloren", sagte Co-Interimspräsident Rainer Koch und fügte an: "Ich bin froh, dass der Schiedsrichter, die Verantwortlichen beider Vereine und die überragende Mehrheit der Zuschauer im Stadion dies unmissverständlich zum Ausdruck gebracht haben."

Ex-Profi Jimmy Hartwig war "entsetzt von den Vorkommnissen", lobte aber die Reaktionen der Mannschaften und des Schiedsrichters. "Ich habe die Entscheidung des Schiedsrichters hervorragend gefunden, dass er das Spiel abgebrochen hat", sagte der Integrationsbotschafter des Deutschen Fußball-Bundes dem SID: "Auch dass die Verantwortlichen gleich zugestimmt haben, dass es so nicht mehr weitergeht, dass man Leute beleidigt und mit übelsten Schimpfrufen die Menschenwürde infrage stellt."

MSV-Pressesprecher: "Der Junge ist fix und alle"

Die Gästemannschaft sah sich aufgrund des Vorfalls nicht in der Verfassung, das Spiel fortzusetzen. "Der Junge ist fix und alle, die ganze Mannschaft ist fertig. Wir haben nur die Chance, um Entschuldigung zu bitten. Wir haben mehr als Verständnis dafür. Das ist ein Tiefpunkt in unserer Vereinsgeschichte", sagte MSV-Pressesprecher Martin Haltermann.

Bei MagentaSport ergänzte er: "Wenn man gerade die Szene in der Kabine erlebt hat, ist die Entscheidung nachzuvollziehen. Das ist hoffentlich die letzte Warnung für die letzten Hohlköpfe, die es immer noch nicht kapiert haben."

Während sich die Mannschaften in der Kabine befanden, skandierten viele der Zuschauer "Nazis raus!" in der Arena. Die Stadionregie ließ den Antifaschismus-Song "Schrei nach Liebe" von der Band Die Ärzte spielen.

"So etwas dürfen wir nicht akzeptieren. Aaron ist fertig und war nicht mehr in der Lage zu spielen", sagte VfL-Geschäftsführer Michael Welling. Der Klub wollte mit dem Verzicht auf ein Weiterspielen auch dokumentieren, "dass wir das nicht akzeptieren". Laut Welling sei der MSV-Spieler Leroy Kwadwo ebenfalls rassistisch beleidigt worden.

Jimmy Hartwig spielte von 1978 bis 1984 für den Hamburger SV
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Jimmy Hartwig spielte von 1978 bis 1984 für den Hamburger SV

Jimmy Hartwig fordert härteres Durchgreifen

Der Umgang mit der rassistischen Beleidigung gegen Opoku könne laut Hartwig für die Zukunft als Musterbeispiel dienen. "Ich bin immer für die Leute da, will immer mit den Leuten sprechen. Ich versuche eigentlich alles immer friedlich zu regeln und höre den Leuten zu. Aber es gibt immer noch Menschen, die wollen nicht zuhören", führte Hartwig aus.

Deshalb sei nun "die Zeit gekommen", um härter durchzugreifen. Täter wie der von Duisburg halte er für "total verblödet. Die sind so verblödet, dass andere Menschen drunter leiden", so der ehemalige Nationalspieler.

Die schweigende Mehrheit müsse endlich "aufbegehren. Sie dürfen sich das nicht von diesen Idioten gefallen lassen und müssen die selbst aus dem Stadion rausmanövrieren".

Er halte ein lebenslanges Stadionverbot für den Täter für angemessen. "Solche Menschen sollten nie wieder ein Fußball-Stadion betreten", sagte Hartwig: "Zumindest bis sie einsichtig sind, mit einer Entschuldigung kommen und Sozialstunden in einem Flüchtlingsheim erledigt haben. Das wäre meine Idee."

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