Eintracht Braunschweig - Borussia Dortmund 0:2: Glanzloser BVB müht sich ins Achtelfinale - Tigges verpasst Traumeinstand knapp

Von Jonas Rütten
War zufrieden mit dem BVB-Debüt von Steffen Tigges, aber nicht zufrieden von der spielerischen Leistung des BVB in Braunschweig: Edin Terzic.
© getty

Der BVB hat sich mit einem verdienten, aber sehr glanzlosen 2:0-Sieg über Zweitliga-Abstiegskandidat Eintracht Braunschweig ins Achtelfinale des DFB-Pokals gemüht. Den vorentscheidenden Treffer erzielte Mats Hummels in der Anfangsphase ausgerechnet nach einer Standardsituation, der großen Schwäche des BVB. Für eine Überraschung sorgte Trainer Edin Terzic schon vor dem Spiel, hinterher war er mit dem Ergebnis zwar zufrieden, mit der spielerischen Darbietung seiner Mannschaft aber nicht.

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"Spielerisch muss es in der Zukunft wieder mehr nach oben gehen", sagte der 38-Jährige und ergänzte bei Sport1: "Uns hat die Leichtigkeit, die Magie gefehlt, die Dinge zu Ende zu bringen. Da tun wir uns gerade etwas schwer, das Spiel zu unseren Gunsten laufen zu lassen."

Tatsächlich lieferte der BVB in Braunschweig trotz absoluter Dominanz einen eher dürftigen Auftritt hin. Chancen aus dem Spiel waren Mangelware und wenn sie da waren, wurden sie teils fahrlässig vergeben. Sinnbildlich dafür stand der Schuss von Julian Brandt in der 22. Minute. Freistehend vor Eintracht-Torhüter Fejzic vergab Brandt, der eigentlich nur hätte einschieben müssen, kläglich.

Der Türöffner war zuvor jedoch bereits Mats Hummels nach einer Freistoßhereingabe von Jadon Sancho gelungen. Ein Standard, also die eigentlich so große Schwäche des BVB, war es, der die Dortmunder auf die Siegerstraße brachte.

"Es war ein bisschen langsam von uns, zu schlecht im Umschalten vor der Pause", sagte Thomas Delaney bei Sport1 und legte damit den Finger in die Dortmunder Wunde. Allerdings stellte er auch eine Verbesserung im zweiten Durchgang fest: "Es wurde besser. Wir haben versucht, sie müde zu machen. Das haben wir geschafft. Es war für alle ein hartes Jahr."

BVB-Trainer Terzic adelt Tigges: "Hat es herausragend gemacht"

Ein Jahr, das für Dortmunds U23-Kapitän Steffen Tigges mit dem bisherigen Höhepunkt seiner Karriere endete. Völlig überraschend stand der Torjäger der BVB-Reserve am Dienstagabend für den angeschlagenen Youssoufa Moukoko bei seinem Debüt für die Profis in der Startelf - und machte seine Sache mit sechs direkten Beteiligungen an Dortmunder Torschüssen mehr als ordentlich.

"Er hat es herausragend gemacht", stellte Terzic fest: "Er ist die Wege gegangen, die er machen musste, hat die Bälle vorne festgemacht, viele Bälle erobert oder so vorbereitet, dass wir sie erobern konnten und wir sind sehr, sehr zufrieden mit ihm."

Beinahe hätte es in seinem ersten Spiel für den BVB sogar noch mit einem eigenen Treffer geklappt. Kurz vor Schluss war der Debütant auf und davon, scheiterte jedoch am glänzend parierenden Fejzic im Braunschweiger Tor. Für die Entscheidung sorgte dann kurze Zeit später Jadon Sancho, der in den vergangenen Wochen in einer echten Formkrise steckte und in der Bundesliga 2020/21 noch kein Tor erzielen konnte.

Nach der Weihnachtspause geht es für den BVB in der Liga am 3. Januar gegen den VfL Wolfsburg weiter, am gleichen Tag wird auch das Achtelfinale im Pokal ausgelost. In der Runde der letzten 16 steht der BVB nun schon zum zehnten Mal in Folge. Die um den Klassenerhalt kämpfenden Braunschweiger treffen zum Start ins neue Jahr auf Erzgebirge Aue.

BVB-Pokalspiel in Braunschweig: Die Analyse

Nicht weniger als siebenmal stellte BVB-Trainer Terzic im Gegensatz zur Union-Pleite um. Hitz, Morey, Zagadou, Delaney, Bellingham, Brandt spielten für Bürki, Meunier, Akanji, Witsel, Can und Reus.

Die überraschendste Änderung: Moukoko musste aufgrund einer leichten Knieverletzung passen, somit kam Reserve-Kapitän Steffen Tigges im Sturmzentrum zu seinem unverhofften Profidebüt beim BVB, das er zwar ohne viel Bindung zum Spiel, aber mit hohem Einsatz, starker Zweikampfquote, den meisten Schussbeteiligungen beim BVB (6), gutem Anlaufverhalten und einer ungenutzten Großchance kurz vor Schluss abschloss.

Zu Beginn stockte der BVB-Motor, Braunschweig agierte zwar mit einer defensiven Fünferkette, aber anfänglich auch mit hohem Pressing, als der BVB den Ball in der eigenen Hälfte bekam. So verlor Brandt beispielsweise den Ball 20 Meter vor dem eigenen Tor, der BTSV nutzte dies jedoch nicht, um gefährlich zu werden.

Nach zehn Minuten groovten sich die Dortmunder allmählich ein: Zwar machten die Braunschweiger durch eine hohe Laufintensität immer wieder die Räume eng, doch der BVB fand die erste Lösung und ausgerechnet nach einem eigenen Standard, bei denen die Schwarzgelben zuletzt so anfällig waren, das erste Mal den Weg ins Tor. Hummels, der nach dem Union-Spiel noch seine Mitspieler scharf kritisiert hatte, schob einen Sancho-Freistoß zur Führung ins Netz (12.).

Mit der Führung im Rücken nahmen die Dortmunder endgültig eine dominante Rolle ein: Nach einer halben Stunde hatten die Schwarzgelben über 70 Prozent Ballbesitz, spielten sehr konzentriert, kamen jedoch aus dem Spiel heraus kaum zu Chancen. Vor dem eigenen Tor wurde es nur einmal überhaupt im ersten Durchgang gefährlich, als Bär einen Schlüter-Querpass aufs lange Eck schob und Hitz gut parierte (23.).

BVB: Brandt mit kapitalem Fehlschuss - BTSV trifft die Latte

Auf der Gegenseite leistete sich Brandt nach gutem Anlaufen und Balleroberung von Tigges gegen BTSV-Keeper Fejzic einen kapitalen Fehlschuss, der sinnbildlich für seine bislang unterdurchschnittliche Saison stand (22.). Außerdem traf Bellingham - erneut nach einem Guerreiro-Freistoß - nur den Pfosten (34.).

Die BVB-Führung war zu diesem Zeitpunkt verdient, weil Braunschweig offensiv eher harmlos blieb und defensiv zwar einerseits den Dortmundern gut die Tiefe im Spiel nahm, andererseits aber zu leichte Fehler im Aufbau wie jenen von Fejzic vor Brandts Großchance machte, die Bälle zu leicht verlor und ab und an auch keinen guten Zugriff in den Zweikämpfen hatte.

Dies wurde auch in der zweiten Halbzeit deutlich, als der BVB im Spiel mit Ball endlich mal an Tempo zulegte, mehr die Doppelpässe suchte und in Person von Brandt erneut eine gute Einschussmöglichkeit und die Chance zur Vorentscheidung ungenutzt ließ (51.). Braunschweig traute sich nun aber in der Offensive mehr zu und Bär setzte nach schöner Vorarbeit von Abdullahi gegen die aufgerückte BVB-Defensive die beste Chance an die Latte (58.).

Der BVB behielt zwar die Spielkontrolle, Großchancen blieben jedoch Mangelware, auch weil Braunschweig die eigenen Fehler minimierte und der BVB nicht mehr viel zustande brachte. Debütant Tigges hatte nochmal eine große Möglichkeit, scheiterte jedoch freistehend mit schwachem Abschluss an Fejzic und verpasste somit einen Einstand nach Maß bei den Profis, für die Entscheidung sorgte dann Sancho in der Nachspielzeit.

Am Ende verabschiedeten sich die Schwarzgelben mit einem verdienten, wenn auch sehr glanzlosen 2:0-Sieg über einen Abstiegskandidaten in der zweiten Liga (Platz 15) aus dem Spieljahr 2020.

Eintracht Braunschweig - Borussia Dortmund: Die Aufstellungen

  • Eintracht Braunschweig: Fejzic - Wiebe (72. Ziegele), Wydra, Nikolaou, Schlüter - Ben Balla (80. Kroos), Kammerbauer - Kaufmann (86. Schwenk), Kobylanski (72. Otto), Bär - Abdullahi (80. Proschwitz)
  • Borussia Dortmund: Hitz - Morey (83. Meunier), Hummels (46. Akanji), Zagadou, Guerreiro - Delaney - Sancho, Bellingham (76. Witsel), Brandt (63. Reus), Reyna (83. Hazard) - Tigges

Eintracht Braunschweig - Borussia Dortmund: Daten des Spiels

  • Tore: 0:1 Hummels (12.), 0:2 Sancho (90.+2)
  • Dortmunds Steffen Tigges gab sein Debüt in der ersten Mannschaft des BVB. Für die Zweite erzielte der Mittelstürmer in 18 Spielen dieser Saison 12 Treffer.
  • Steffen Tigges spielte ein auffälliges Debüt, der Dortmunder Mittelstürmer hat die meisten Schussbeteiligungen auf dem Platz (6 - doppelt so viele wie die gesamte Braunschweiger Mannschaft).
  • Mats Hummels erzielt bereits sein viertes Pflichtspieltor in dieser Saison, mehr als in den letzten beiden Spielzeiten zusammen (3)! Mehr Treffer in einer Saison gelangen Hummels letztmals vor 10 Jahren (2010/11: 6).
  • Dortmund traf in jedem der letzten 17 Pokalspiele - in den letzten 8 Partien gelangen sogar jeweils mehrere Treffer. In der Fremde beläuft sich die aktuelle BVB-Torserie sogar auf 23 Spiele in Folge mit jeweiligem Torerfolg (Vereinsrekord).
  • Der BVB zieht zum 10. Mal in Folge ins DFB-Pokal-Achtelfinale ein. Das letzte Aus in der 2. Runde gab es 2010/11 beim 2:4 nach Elfmeterschießen bei den Offenbacher Kickers.

Der Star des Spiels: Raphael Guerreiro (BVB)

Zeigte einmal mehr, wie wichtig er für den BVB ist. Gab den stillen Spielmacher auf der linken Defensivseite, hatte mit Abstand die meisten Ballaktionen. Stärker als er war an diesem Abend in Braunschweig niemand. Ebenfalls durchaus ansprechend beim BVB: Zagadou (Zweikampfquote 71 Prozent) und Mateu Morey, der sich nachhaltig für höhere Aufgaben als den ständigen Meunier-Ersatz empfahl.

Der Flop des Spiels: Julian Brandt (BVB)

Ist aktuell ein Schatten seiner selbst. Aufwand und Einsatz sind dem Nationalspieler nicht abzusprechen (55 Prozent Zweikampfquote gegen Braunschweig), aber dennoch agiert Brandt aktuell selbst in den kleinen Aktionen mehr als unglücklich. Seine Gedanken bei Laufwegen und Zuspielen sind gut, sein Auge für die Mitspieler vollkommen intakt. Nur kommen die Pässe nicht an, weil sie entweder zu ungenau sind oder in den Beinen der gegnerischen Abwehr landen. Das war gegen Braunschweig in mindestens vier Situationen der Fall, Brandt hatte die schlechteste Passquote von allen BVB-Startelfspielern (82 Prozent) Im Abschluss stand gerade sein erster Fehlschuss freistehend vor dem nicht mal zentral postierten Fejzic sinnbildlich für die gebrauchte zweite Jahreshälfte des 24-Jährigen.

Der Schiedsrichter: Benjamin Cortus

Beim Einsteigen von Ben Balla gegen Brandt zückte er schon früh die Gelbe Karte, allerdings absolut berechtigt. Hätte Ben Balla Brandt höher getroffen, wäre eine andere Kartenfarbe fällig gewesen. Weniger Fingerspitzengefühl bewies er vor dem Dortmunder Führungstreffer: den Freistoß, den er nach Foulspiel an Bellingham gab und der zum 1:0 durch Hummels führte, hätte er nicht geben dürfen, weil Bellingham mehr den Kontakt zum Gegenspieler suchte als umgekehrt. Ein spielentscheidender Fehler, was seine ansonsten gute Leistung sehr schmälerte. Bewies später ein gutes Auge, als er Braunschweig kurz vor der Pause einen Freistoß nach Zweikampf von Hummels gegen Wiebe an der Sechzehnerkante verweigerte, Wiebe fädelte klar ein und tat alles für den Kontakt mit dem Dortmunder Abwehrchef.

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