Am Ende der über siebenminütigen Ausführungen von Cheferklärer Joshua Kimmich lag ein einziges seiner vielen Worte auf der Goldwaage. "Am Ende des Tages müssen wir dem Trainer vertrauen, dass er die richtigen Entscheidungen trifft, dass er weiß, was richtig und gut für die Mannschaft ist." Müssen.
Rückte da gerade der ehemals wichtigste Verbündete von Hansi Flick vom Bundestrainer ab? So wie zuvor der Chef von seinem einstigen Lieblingsschüler? Für Kimmich war es eine der schwierigsten Wochen seiner Fußballkarriere: Erst von Flick vom Kapitän zum Co-Anführer degradiert, dann aus dem Zentrum nach hinten rechts verschoben und schließlich die bittere 1:4 (1:2)-Blamage gegen Japan. Danach wirkte er angefasst und schaute bisweilen ratlos aus seinem neuerdings bärtigen Gesicht.
War er überrascht über seine neue, alte Rolle? "Ähm, puh, geht so", sagte Kimmich zögerlich und ergänzte: "Am Anfang hat sich Hansi ja schon festgelegt, dass ich eigentlich auf der Sechs spiele..." Davon rückte Flick schon beim Alles-oder-nichts-Spiel bei der WM in Katar gegen Costa Rica (4:2) ab, als er den Bayern-Profi wie zu Beginn von dessen DFB-Karriere unter Joachim Löw als Rechtsverteidiger aufbot.
In der Halbzeit korrigierte er damals seine Entscheidung, schob Kimmich wieder ins Mittelfeld. Dort, betonte Flick beim Neustart nach dem WM-Desaster, werde der 28-Jährige künftig auch bleiben - als Boss.
Hansi Flick und Kimmich: Jordan-Vergleich und Versetzung
Flick machte Kimmich sogar zum Kapitän und verglich sein "Mentalitätsmonster" noch im Juni mit Basketball-Ikone Michael Jordan. Jetzt plötzlich die Kehrtwende, neuer Spielführer ist Ilkay Gündogan - und Kimmich nur noch der nachgeordnete Part eines "Führungsduos".
Flick erläuterte, er habe "lange mit Jo gesprochen" und die Thematik Positionswechsel mit ihm diskutiert. "Er hat gesagt, er macht es im Sinne der Mannschaft, er ist ein absoluter Teamplayer." Gegen Japan zeigte er kein gutes, aber auch kein schlechtes Spiel. "Er hatte einen schweren Stand gegen den besten Japaner", sagte RTL-Experte Lothar Matthäus, Kimmich zurückzuziehen halte er mit Blick auf die Heim-EM 2024 aber für sinnvoll, "das ist eine gute Idee".
Das dürfte Kimmich - Teamplayer hin oder her - anders sehen. Kein Wunder also, dass er "müssen", sagte - und nicht: "Ja, wir und ich vertrauen Hansi Flick."
Ist Flick noch der richtige Mann als Bundestrainer? Kimmich wich der Frage in der Nacht von Wolfsburg vielsagend aus. "In aller erster Linie müssen wir bei uns selber anfangen", sagte er, "nicht mit dem Finger auf den Trainer zeigen."