Toni Kroos tritt aus DFB-Team zurück

SID
Toni Kroos und Joachim Löw gewannen 2014 den WM-Titel.
© getty

Toni Kroos tritt aus der deutschen Nationalmannschaft zurück. Das gab der 31 Jahre alte Profi von Real Madrid am Freitag auf Instagram bekannt.

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"106-mal habe ich für Deutschland gespielt. Ein weiteres Mal wird es nicht geben", schrieb der Mittelfeldstar von Real Madrid: "Den Entschluss nach diesem Turnier aufzuhören hatte ich schon länger gefällt. Es war mir schon länger klar, dass ich für die WM 2022 in Katar nicht zur Verfügung stehe." Kroos erzielte für Deutschland 17 Länderspieltore. Sein größter Erfolg mit der Nationalelf war der WM-Triumph 2014 in Brasilien.

Der frühere Münchner und Leverkusener hatte seinen Abschied bereits nach dem WM-Desaster 2018 erwogen, ließ sich vom damaligen Bundestrainer Joachim Löw aber umstimmen. "Damals haben mich vor allem mein Sohn Leon, der mich weiter im DFB-Dress spielen sehen wollte, als auch Jogi Löw überzeugt, doch weiterzumachen. Wobei der Trainer mehr als einmal anrufen musste", verriet er der Bild in einem Interview anlässlich seines Rücktritts.

"Der Unterschied zu damals ist: 2018 war ich 28, jetzt bin ich 31", betont Kroos. "Wobei ich sagen muss: Für mich ist die Entscheidung zum Rücktritt keine Altersfrage. Auch heute nicht. Es ist vielmehr eine Sache des Gefühls. Und heute fühlt es sich richtig an." Die Entscheidung habe er "unabhängig vom Abschneiden bei der EM bereits vor dem Turnier" gefällt.

Löw habe er angesichts seiner Entscheidung nicht vorab informiert, er habe ihm aber "meine Tendenz schon angedeutet, als er mich im März anrief, um mir persönlich seinen Rücktritt nach dem Turnier vorab mitzuteilen. Damals sagte ich ihm schon: 'Es kann gut sein, dass wir dann gleichzeitig gehen...'"

Zu Löws Nachfolger Hansi Flick hat Kroos ein gutes Verhältnis: "Ich habe mit Hansi bereits alles geklärt, weil ich möchte, dass er planen kann. Wir hatten schon vor der Europameisterschaft Kontakt", verriet Kroos. Er möchte aber künftig mehr Zeit mit seiner Familie verbringen: "Ich möchte meine Frau und Kinder nicht ständig nur per Facetime oder Videocall sehen, sondern mehr bei ihnen sein." Zudem wolle er seinen Akku für die nächsten Jahre bei Real durch die Pausen besser aufladen. Sein Vertrag dort läuft noch bis 2023: "Danach kann man sich zusammensetzen und gemeinsam entscheiden, ob wir die Zusammenarbeit noch um ein oder zwei Jahre verlängern wollen." Er werde seine Karriere aber definitiv in Madrid beenden.

Joachim Löw würdigt Toni Kroos: "Ein absolutes Vorbild"

Joachim Löw hat den zurückgetretenen 2014er-Weltmeister Toni Kroos als große Führungspersönlichkeit gewürdigt. "Wie in den vergangenen Wochen war Toni immer mit einer unglaublichen Leidenschaft, großem Einsatz und Hingabe dabei, er war gerade für die jüngeren Spieler ein absolutes Vorbild", sagte der Weltmeistertrainer in einer Stellungnahme auf dfb.de: "Toni hat überragende Qualitäten und war ein großer Leader auf und neben dem Platz."

Besonders gerne erinnert sich Löw (61) an den WM-Titel in Rio de Janeiro vor sieben Jahren. "Ich danke Toni von Herzen für alles, was er über viele Jahre für den DFB und die Nationalmannschaft geleistet hat. 106 Länderspiele, unser gemeinsamer langer Weg und unser Triumph in Brasilien werden uns für immer verbinden. Danke, Toni!", sagte er.

Löws Nachfolger Hansi Flick bedauert den Rücktritt des Mittelfeldspielers von Real Madrid, er könne jedoch "seine Beweggründe und seine Entscheidung nachvollziehen. Toni kommt seit Jahren auf enorme Einsatzzeiten im Verein und in der Nationalmannschaft - und das auf allerhöchstem Niveau." Direktor Oliver Bierhoff vom Deutschen Fußball-Bund nannte Kroos zum Abschied einen "absoluten Weltklassespieler, der für höchste Professionalität und Loyalität steht".

Toni Kroos: Bitterste Niederlage das EM-Halbfinale 2016

Kroos nahm für Deutschland seit seinem Debüt im März 2010 gegen Argentinien (0:1) an allen drei Welt- und Europameisterschaften teil und bestritt dort insgesamt 28 Spiele (drei Tore). "Während meiner aktiven Karriere als Nationalspieler habe ich die Länderspiele zeitweise schon ein wenig als selbstverständlich hingenommen. Es gehörte für mich einfach dazu, für Deutschland zu spielen", sagt er im Rückblick. "Trotzdem war es jedes einzelne Mal, wirklich alle 106 Spiele, etwas Besonderes für mich, mein Land zu repräsentieren."

Sein größtes Spiel war das historische 7:1 im WM-Halbfinale 2014 gegen Brasilien. Damals erzielte Kroos zwei Tore binnen 69 Sekunden - der kürzeste zeitliche Abstand bei einem Doppelpack in der Geschichte des Weltturniers. Als bitterste Niederlage nannte er der Bild die Niederlage gegen Frankreich bei der EM 2016: "Damals hatte ich am ehesten das Gefühl, dass wir Europameister werden können", sagt Kroos über die "extrem bittere vergebene Titelchance."

Sein letztes Länderspiel war das 0:2 am 29. Juni im EM-Achtelfinale gegen England. "Bei dieser EM war viel mehr für uns drin", betont Kroos. "Wir hatten die Qualität, Europameister zu werden. Auf der anderen Seite bleibt der Fakt, dass trotzdem etwas gefehlt hat, um weiterzukommen."

Toni Kroos: Leistungsdaten im Verein

VereinPflichtspieleToreVorlagen
Bayer Leverkusen481013
FC Bayern München2052449
Real Madrid3202280

Toni Kroos: Botschaft an seine Kritiker in Deutschland

In seiner Heimat wurde Kroos zeitweise nicht so positiv gesehen wie gerade in Spanien. Er erhielt unter anderem den Spitznamen "Querpass-Toni". Er habe manchmal das Gefühl gehabt, "dass einige mein Spiel in elf Jahren Nationalmannschaft nicht ganz verstanden haben", gibt Kroos zu. "Ich sage mal so: Besser in Deutschland umstritten und weltweite Anerkennung - als andersrum." Ihm würde als abschließendes Urteil der Fans aber "völlig reichen", wenn es heißt: "Dem habe ich gerne zugeschaut, weil er einfach einen schönen Fußball gespielt hat."

Um die DFB-Elf ist ihm derweil nicht angst und bange: "Ich mache mir keine Sorgen, dass wir im deutschen Mittelfeld ein Qualitätsproblem bekommen", sagt Kroos. "Dennoch sind jetzt genug andere Spieler, wie eben zum Beispiel Jo Kimmich da, die die Führung im Mittelfeld für die Zukunft übernehmen können."

Toni Kroos: Die Rücktrittserklärung im Wortlaut:

"106-mal habe ich für Deutschland gespielt. Ein weiteres Mal wird es nicht geben. Ich hätte mir sehnlichst gewünscht, und dafür habe ich nochmals alles gegeben, dass es am Ende 109 Länderspiele gewesen wären und dass noch dieser eine große Titel, der EM-Titel, zum Schluss dazugekommen wäre.

Den Entschluss nach diesem Turnier aufzuhören hatte ich schon länger gefällt. Es war mir schon länger klar, dass ich für die WM 2022 in Katar nicht zur Verfügung stehe.

Vor allem, weil ich für die nächsten Jahre die volle Konzentration auf meine Ziele mit Real Madrid richten möchte. Dazu werde ich mir von nun an ganz bewusst auch mal Pausen gönnen, die es als Nationalspieler seit elf Jahren nicht mehr gab. Und außerdem möchte ich auch mehr als Ehemann und Papa für meine Frau und meine drei Kinder da sein. Es war mir eine große Ehre, dass ich dieses Trikot über so einen langen Zeitraum tragen durfte. Ich habe es mit Stolz und Leidenschaft getan.

Danke an alle Fans und Unterstützer die mich mit ihrem Applaus und Jubel getragen und unterstützt haben. Und Danke an alle Kritiker für ihre Extramotivation.

Ganz zum Schluss möchte ich mich vor allem ganz herzlich bei Jogi Löw bedanken. Er hat mich zum Nationalspieler und Weltmeister gemacht. Er hat mir vertraut. Wir haben lange eine Erfolgsgeschichte geschrieben. Es war mir eine Ehre, macht es gut - und ganz viel Glück und Erfolg an Hansi Flick.

Euer Toni"

Toni Kroos im Stenogramm

Geburtstag: 04.01.1990

Geburtsort: Greifswald

Verein: Real Madrid

Bisherige Stationen: Bayern München, Bayer Leverkusen

Größe/Gewicht: 1,82 m/74 kg

1. Länderspiel: 3. März 2010 in München gegen Argentinien (0:1)

Länderspiele: 106/17

Größte Erfolge: Weltmeister 2014, Klub-Weltmeister 2013 (Bayern München), 2014, 2016, 2017, 2018 (alle Real Madrid), Champions-League-Sieger 2013 (Bayern München) und 2016, 2017, 2018 (alle Real Madrid), deutscher Meister 2008, 2013, 2014, DFB-Pokalsieger: 2008, 2013, 2014, spanischer Meister 2017, 2020, Deutschlands Fußballer des Jahres 2018

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