Fußball-Kolumne: Job-Empfehlung an Rummenigge - was Hoeneß eigentlich damit bezweckt

Karl-Heinz Rummenigge wurde von Uli Hoeneß als DFB-Präsident empfohlen.
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Uli Hoeneß empfiehlt Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge für Führungsposten in FIFA und UEFA, was dieser wenig überraschend und zum wiederholten Mal ausgeschlossen hat. Dahinter steckt der Groll über die aktuelle DFB-Spitze. Die Fußball-Kolumne.

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Die Premiere von Uli Hoeneß als TV-Experte war mit Spannung erwartet worden. Doch lange Zeit hielt sich der Ehrenpräsident des FC Bayern auffällig mit Kritik zurück, lobte vielmehr die Leistung der deutschen Nationalmannschaft beim 3:0 gegen Island und die Arbeit von Jogi Löw.

Erst ganz zum Schluss der RTL-Sendung kam doch noch die "Abteilung Attacke" zum Vorschein, als Hoeneß in einem Rundumschlag die DFB-Führung mit Ausnahme von Präsident Fritz Keller massiv kritisierte und auch noch mit Blick auf die deutsche Vertretung in FIFA und UEFA eine interessante Idee aus dem Hut zauberte.

"Mein Vorschlag wäre, dass Kalle Rummenigge, der bei den Bayern aufhört, beide Ämter irgendwann übernehmen sollte. Dann hätte die deutsche Fußballwelt den besten Vertreter, den man haben kann", meinte Hoeneß: "Er hat ein Netzwerk, ist akzeptiert und anerkannt."

Karl-Heinz Rummenigge wurde von Uli Hoeneß als DFB-Präsident empfohlen.
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Karl-Heinz Rummenigge wurde von Uli Hoeneß als DFB-Präsident empfohlen.

Rummenigge hätte höheres Standing als Peters und Koch

Ganz falsch ist Hoeneß' These sicher nicht. Der ehemalige DFB-Kapitän Rummenigge hätte sicher auf Anhieb ein höheres Standing als die beiden aktuellen Kandidaten, die DFB-Vizepräsidenten Rainer Koch (UEFA) und Peter Peters (FIFA).

Und Zeit hätte Rummenigge auch, schließlich endet seine Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender beim deutschen Rekordmeister am 31. Dezember. Zudem verfügt der 65-Jährige über herausragende Kontakte zu vielen europäischen Vereinen und auch UEFA-Offiziellen, da er von der Gründung 2008 bis zum freiwilligen Rückzug 2017 Vorsitzender der Vereinigung europäischer Top-Klubs (ECA) und in dieser Funktion ab 2015 sogar bereits Mitglied des UEFA-Exekutivkomitees war.

Es gibt allerdings zwei entscheidende Gründe, die ein solches Comeback auf der großen Bühne des Weltfußballs höchst unrealistisch machen. Einerseits hat der seit 1991 bei Bayern als Funktionär tätige Rummenigge mehrfach betont, er wolle sich nach seinem Amtsende komplett zurückziehen. "Es gibt kein anderes Szenarium, das ich im Hinterkopf habe", bekräftigte er noch im Herbst seinen Plan, erstmal keinen Plan haben zu wollen.

FC Bayern: Rummenigge will nicht in Aufsichtsrat wechseln

So hat er einen Wechsel in den FCB-Aufsichtsrat bislang ebenso abgelehnt wie eine beratende Tätigkeit. Stattdessen habe er seiner Ehefrau endlich mehr gemeinsame Zeit versprochen und zumindest eine temporäre Verlegung des Lebensmittelpunkts ins eigene Haus auf der Nordseeinsel Sylt.

Andererseits hat Rummenigge mehrfach einen Verbandsjob wie den jetzt von Hoeneß angetragenen kategorisch ausgeschlossen. "Ich bin völlig ungeeignet für ein Amt in einem Verband", stellte Rummenigge erst im September klar. Am Freitagabend bekräftigte er auf Nachfrage von Bild: "Ich stehe für keinen Job beim DFB zur Verfügung."

Hoeneß: "Rummenigge würde sich geehrt fühlen"

Dennoch suggerierte Hoeneß am Donnerstagabend, man könne Rummenigge durchaus überzeugen. Zwar habe dieser nie gesagt, dass er die Aufgabe übernehmen würde. Aber er würde sich wohl schon sehr geehrt fühlen, "denn es würde seinem Ruf gerecht werden. Ich glaube, er würde dem deutschen Fußball damit einen Gefallen tun".

Obwohl letzteres zutreffen dürfte, können sich Rummenigge nahestehende Menschen nicht vorstellen, dass er seine Meinung ändern wird. Weil es einerseits nicht in seine persönliche Lebensplanung passt und er sich andererseits mit einer solchen Kehrtwende unglaubwürdig machen würde.

FIFA und UEFA: Frist für Rummenigge abgelaufen

Vor allem aber, und das ist letztlich der entscheidende Punkt, kann Rummenigge faktisch überhaupt nicht mehr zu den diesjährigen Wahlen für das Exekutivkomitee von FIFA und UEFA antreten. Denn die Bewerbungsfrist für die Kandidaturen beim Weltverband endete bereits Anfang Dezember, die für den europäischen Dachverband Anfang Januar.

Sollten Koch und Peters also - aus welchen Gründen auch immer - freiwillig zurückziehen, würden ihre Plätze nicht für Rummenigge frei werden, sondern für die nächsten beiden Jahre unbesetzt bleiben. Und Rummenigge könnte rein theoretisch erst 2023 mit dann bald 68 Jahren antreten.

Ohnehin wird der organisierte Profi-Fußball zumindest öffentlich nicht mehr seine Meinung ändern, dass Koch und Peters die besten Kandidaten sind. Schließlich hatte das DFB-Präsidium mit allen vier stimmberechtigten DFL-Vertretern im DFB-Präsidium Ende Oktober ein eindeutiges Votum für Koch und Peters abgegeben. Nach Ablauf der Bewerbungsfrist für die beiden FIFA- und UEFA-Gremien gilt deren Wahl bei den sportpolitischen Insidern als sicher und ist von enormer Bedeutung für das künftige deutsche Standing im Weltfußball.

Hoeneß' wahrer Kern: DFL gegen DFB-Führungstrio hinter Keller

Hoeneß' Vorschlag pro Rummenigge war also nicht abgestimmt, gleichwohl hat er in seinen Ausführungen die Mehrheitsmeinung im Profilager wiedergegeben. Nach wie vor gibt es dort wegen des anhaltenden Machtkampfs mit dem ehemaligen Freiburger Präsidenten Keller erheblichen Unmut über Koch, DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius und Schatzmeister Stephan Osnabrügge.

Nachdem beide Seiten noch Anfang des Jahres "einen letzten Versuch" der gemeinsamen Zusammenarbeit versprochen und dies dann auch per Pressemitteilung als Ergebnis der DFB-Präsidiumssitzung am 14. Januar offiziell gemacht hatten, sorgte die fristlose Entlassung von Kellers Büroleiter Samy Hamama durch Curtius nun für den nächsten Eklat.

Angeblich hat Hamama in Kellers Auftrag einen lukrativen DFB-Vertrag mit einem umstrittenen Medienberater eingesehen und möglicherweise an die Presse weitergegeben. Bewiesen ist das alles nicht und die Frage steht erneut im Raum, warum Keller offenbar seit Amtsantritt wichtige Dokumente vorenthalten werden.

Hoeneß: DFB-Generalsekretär Curtius "völlig überfordert"

Daher gingen Hoeneß' Attacken am Donnerstag in die gleiche Richtung wie die der DFL, die Curtius sogar das Vertrauen entzogen und von ihren Sitzungen ausgeschlossen hat. "Ich bin überzeugt, dass hier personelle Konsequenzen getroffen werden müssen und zwar Veränderungen. Ich denke da speziell an den Generalsekretär, der glaube ich völlig überfordert ist in dieser Position", erklärte der ehemalige Bayern-Präsident, der über Osnabrügge und Koch nicht viel besser urteilte: "Auch Rainer Koch glaubt ja, dass er der geeignete Präsident wäre. Diese drei ewig Unzufriedenen versuchen hier das Geschäft zu machen und Fritz Keller ist der Leidtragende. Wenn sich da nicht eine vernünftige Lösung findet, dass irgendjemand in diesem Verband ruhig arbeiten kann, dann wird das nichts mehr. "

Bleibt die Frage, was diese vernünftige Lösung sein könnte, denn ungeachtet seiner Eignung wird Kompagnon Rummenigge, sollte nicht ein Wunder geschehen, als Retter nicht zur Verfügung stehen. Auch Bayerns Ex-Kapitän Philipp Lahm, der von einigen Medien zuletzt für eine Führungsrolle im DFB ins Spiel gebracht wurde, ist angesichts seiner Rolle als Organisator der EM 2024 derzeit nicht interessiert.

Magath: Gibt keinen besseren als DFB-Präsidenten als Uli Hoeneß

Und was wäre mit Hoeneß selbst? "Ich weiß nicht, ob es noch einen besseren als DFB-Präsidenten gäbe als Uli Hoeneß. Es wäre sicher einer, der den DFB nach vorn bringen würde. Das ist sicher", sagte der frühere Nationalspieler und Meistercoach Felix Magath erst vor einigen Wochen.

Doch seit seiner recht kläglich gescheiterten Kampfkandidatur als DFL-Präsident 2010 gegen Reinhard Rauball, die er nach wenigen Tagen wieder zurücknahm, hat Hoeneß nach seinen damals unmissverständlich artikulierten und bis heute nicht veränderten Vorstellungen keine Ambitionen mehr auf ein Funktionärsamt in Frankfurt. Lieber erteilt er dem DFB ab jetzt im Fernsehstudio gute Ratschläge. Fortsetzung folgt am Sonntag.

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