DFB-Team - Pro-Contra-Diskussion: Sollte Mesut Özil gegen Schweden spielen?

Mesut Özil steht in der deutschen Nationalmannschaft seit Ewigkeiten zur Diskussion.
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Contra Özil in der Startelf: "Es gibt sportliche Gründe gegen Özil"

Von SPOX-WM-Reporter Stefan Petri

Warum sollte Löw daran denken, Özil auf der Bank zu lassen?

Die öffentliche Diskussion, die es dieser Tage in Deutschland gibt, ist Käse. Insofern, als dass sie sich von der Diskussion um andere, zuletzt ebenfalls schwache Spieler, unterscheidet. Fühlt er sich "unwohl" im DFB-Trikot? Aufgrund der Pfiffe gegen die Erdogan-Fotos vielleicht, die er sich selbst zuzuschreiben hat. Irgendwelche abstrakten, tieferliegenden Gründe herbei zu spekulieren, ist ebenso stumpf wie sinnlos.

Körpersprache? Auch daran sollte sich mittlerweile jeder gewöhnt haben - er wird kein Spartakus mehr werden. Der eine oder andere, nicht hämisch gemeinte (!) Flachs über physische Eigenheiten, kann dabei sogar amüsant sein. Angriffe unter die Gürtellinie wie "toter Frosch", nur um damit die Schlagzeilen zu beherrschen, sollte man entweder sein lassen oder ignorieren.

Es ist wohlgemerkt eine andere Frage, ob ein Spieler mit einer anderen Ausstrahlung nicht positiv auf das Spiel einwirken könnte, indem er einerseits die eigenen Mitspieler mitreißt und andererseits dem Gegner allein durch seine Präsenz Respekt einflößt. Dieser Meinung zu sein, ist nicht verwerflich. Das jetzt, nach so vielen Jahren, von Özil einzufordern ist jedoch müßig, die Diskussion darüber deshalb sekundär.

Pro oder Contra Özil: Löw muss aus sportlicher Sicht entscheiden

Gibt es Ablehnung gegen Özil, die tiefer geht als seine Leistung oder die Erdogan-Affäre? Die vielleicht sogar im einen oder anderen Fall ausländerfeindliche Züge trägt? Das mag sein - aber Wasser auf die Mühlen irgendwelcher Populisten, für die Özils Herausnahme fehlgeleitete Genugtuung wäre, spielt in dem Fall keine Rolle - so hart das klingt.

Özil auf der Bank, weil Hinz und Kunz in der Heimat laut kreischen, ist ein schwachsinniger Grund. Aber Achtung: Özil in der Startformation zu lassen, weil Hinz und Kunz laut kreischen und man ihnen diese Genugtuung nicht gönnt, ist das Gleiche in grün. Beides hätte mit der Leistung auf dem Platz nichts zu tun - und wäre Löw deshalb auch herzlich egal, davon bin ich überzeugt.

Kurz und gut: Eine Startelf ohne Özil kann nur zwei Gründe haben. Entweder ist der 29-Jährige nach der Erdogan-Affäre psychisch so mitgenommen, dass er keine Leistung bringen kann. Dafür gibt es genau null Anhaltspunkte.

Özils Statistiken überzeugen nicht - macht er das Team besser?

Oder aber es hat sportliche Gründe. Und die gibt es. Özil hat in den letzten zwei Turnieren jedes Spiel von Beginn an bestritten, in 13 Partien (plus drei Verlängerungen) kaum mehr als eine halbe Stunde verpasst. Heraus sprangen zwei Tore (eins davon in der 119. Minute zum 2:0 gegen Algerien 2014) und zwei Vorlagen (eine davon in der zweiten Minute der Nachspielzeit zum 2:0).

Dem gegenüber stehen mittlerweile einfach zu viele Spiele, in denen er unsichtbar bis schwach agierte. Natürlich hat er ein feines Füßchen, natürlich kann er tolle Pässe spielen. Aber diese Tatsache allein rechtfertigt keinen ewigen Stammplatz. Zumal er schließlich auch seine Schwächen hat.

Seit 2010 vertraut Löw in großen Turnieren immer auf den Spielmacher. Diese Serie darf jedoch nicht um ihrer selbst willen Bestand haben. Es lief fast immer gut, das ist wahr: immer mindestens Halbfinale. Im Moment läuft es jedoch alles andere als gut. Özil ist ein Spieler, der ein gutes Team besser macht - aber vom Typ her nicht unbedingt der, der ein mäßiges Team gut macht. Nach dem Mexiko-Spiel wird über Khedira diskutiert, über Draxler, Müller, Werner, die Dreierkette ... warum nicht Özil?

Neue Dynamik durch Draxler, Reus oder Müller

Er ist der einzige Spielertyp seiner Art im Kader. Möglich, dass er fehlen würde. Aber wer weiß, ob nicht ein Reus oder Draxler hinter den Spitzen eine ganz neue Dynamik ins Spiel bringen würden? Mehr Dribblings, Sprints, Zug zum Tor, Torgefahr? Oder ein Thomas Müller als Raumdeuter zwischen den Spitzen? Den Spielmacher gegen tief stehende Schweden könnte auch ein Kroos oder Gündogan geben.

Ich glaube ehrlich gesagt nicht daran, dass Löw von Özil abrückt. Aber für mich nehmen die Argumente, es einfach mal mit einem anderen Spieler in der Zentrale zu versuchen, langsam überhand. Ist das Spiel gegen Schweden dafür der falsche Zeitpunkt? Wer weiß: Vielleicht wäre es auch die Initialzündung für einen Lauf tief die K.o.-Runde. Hat es früher schließlich auch schon gegeben.

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