Emre Can glaubt an die EM

SID
Can erlebte mit Liverpool eine magische Nacht gegen den BVB
© getty

Für einen kurzen Augenblick funkeln Emre Cans Augen. Als er auf einem Fernseher an der Wand die Wiederholung des "Wunders von Anfield" erblickt, sind seine Schmerzen und Sorgen für einen kurzen Moment vergessen.

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"Von diesem Spiel wird man noch in zehn Jahren sprechen", sagt er im Interview. Dieses 4:3 des FC Liverpool am Donnerstag gegen Borussia Dortmund am vergangenen Donnerstag wurde zu einem Fußball-Spiel für die Ewigkeit. Und Can war mit starker Leistung ein prägender Teil gewesen, was in einem fast fünfminütigen Youtube-Video mit seinen Spielszenen dokumentiert ist.

Unvergesslich war dieses Spiel für den 22-Jährigen bedauerlicherweise aber auch aus anderen Gründen. Ohne Fremdeinwirkung hatte er einen Außenbandriss im rechten Knöchel erlitten. Der Klub taxiert die voraussichtliche Ausfallzeit auf vier bis sechs Wochen.

"Sehr bitter für mich"

An seine Teilnahme an der EM glaubt der Defensivspieler angesichts von knapp acht Wochen Zeit bis zum Auftakt am 12. Juni dennoch. "Das ist natürlich ein Schock und sehr bitter für mich", sagt er: "Aber ich bin ein Kämpfer und lasse mich nicht unterkriegen. Ich werde alles geben, um rechtzeitig zur EM fit zu werden und bin guter Dinge, dass ich das schaffen werde."

Und klar ist für ihn auch: "Wenn ich bei der EM dabei sein kann, fahre ich nicht dahin, um mich auf die Bank zu setzen. Ich werde alles dafür geben, um hoffentlich zu spielen." Unter Jürgen Klopp in Liverpool tut er dies auf seiner Lieblingsposition im defensiven Mittelfeld. Meist so gut, dass ihn die Reds-Fans als legitimen Nachfolger der Klub-Ikone Steven Gerrard betrachten.

"Immer noch einer der Neuen"

Im Weltmeister-Team stehen inklusive des derzeit ebenfalls verletzten Bastian Schweinsteiger noch vier Platzhalter für zwei Positionen vor ihm. Deshalb ist er gerne bereit, die Problemzone hinten rechts zu stopfen. Im DFB-Team sei er eben "immer noch einer der Neuen", betont der fünfmalige Nationalspieler: "Deshalb würde ich da auf jeder Position spielen. Rechter Verteidiger, linker Verteidiger, von mir aus auch im Sturm oder im Tor, wenn es sein muss. Da habe ich keine Ansprüche."

Eine bemerkenswert ehrliche Aussage. Doch für solche ist der gebürtige Frankfurter, der über Bayern München und Bayer Leverkusen 2015 nach Liverpool kam, spätestens seit dem vergangenen Sommer bekannt. Damals hatte er nach dem 0:5 im Halbfinale der U21-EM gegen Portugal harsche Selbstkritik geäußert. "Vielleicht habe ich vor dem Spiel gedacht, dass ich der Größte bin", hatte er damals gesagt. "Ich glaube, ich muss wieder auf den Boden kommen." Oder auch: "Bei mir persönlich war es so, dass ich heute nicht alles gegeben habe."

"Versuche immer, die Wahrheit zu sagen"

Nachdem ihn unter anderem Bundestrainer Joachim Löw und U21-Coach Horst Hrubesch für seine Ehrlichkeit öffentlich lobten, glaubt Can heute, dass ihm die Offenheit eher genutzt als geschadet habe. "Aber ich habe es nicht aus Imagegründen getan", versichert er: "Ich versuche immer, die Wahrheit zu sagen, auch wenn es manchmal nicht so schön ist."

Es gebe nunmal "keinen Grund zu lügen, im Leben wie im Interview", betont er: "Manche Journalisten machen es einem nicht leicht mit der Art ihrer Fragen. Aber dann muss man einen Weg finden." Er sei damals eben sehr viel gelobt worden. Heute sei er immun dagegen: "Ich bin nochmal erwachsener geworden", versichert er: "Aus Fehlern lernt man, und das habe ich getan."

Und so wird er bei der EM auf jeden Fall dabei sein - wenn er denn rechtzeitig fit wird.

Emre Can im Steckbrief

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