"Er stänkert", sagt ein einst enger Mitarbeiter Zwanzigers im DFB. Fast acht Jahre lang, seitdem er in einer schweren Krise der Nationalmannschaft im Anschluss an die EM 2004 in einer Doppelspitze an die Seite von Gerhard Mayer-Vorfelder gesetzt wurde, war der ehemalige CDU-Politiker als DFB-Präsident einer der wichtigsten deutschen Sportführer.
Am Freitag auf einem Außerordentlichen Bundestag des DFB in Frankfurt tritt er zurück.
DFB-Elf verabschiedet Zwanziger bei Kaffee und Kuchen
"Die erste Elf sagt Danke" - so steht es auf der stilvoll gerahmten Fotomontage, die die Deutsche Fußball-Nationalmannschaft dem scheidenden DFB-Präsidenten Theo Zwanziger zum Abschied überreichte.
Im Speiseraum des Mannschaftshotels in Bremen hielt Miroslav Klose im Namen der Mannschaft die Abschiedsrede. Darin bedankte er sich für "die Unterstützung und freundschaftliche Begleitung".
Neben der kompletten Mannschaft und dem Betreuerstab saßen auch DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach, der am Freitag als Zwanzigers Nachfolger inthronisiert werden wird, und Delegationsleiter Reinhard Rauball am Dienstagnachmittag bei Kaffee und Kuchen am Tisch.
Teammanager Oliver Bierhoff leitete das halbstündige Treffen mit launigen Worten ein, Zwanziger selbst bedankte sich in einer kurzen Rede. Stolz sei er auf die Jungs, sagte er, und werde ihnen zukünftig weiter fest die Daumen drücken und Fan bleiben.
"Macht bedeutet mir gar nichts"
"Ich bin kein Typ, der an seinem Sessel klebt", sagt Zwanziger in einem Interview mit der Nachrichtenagentur "dapd". "Ich muss nicht jeden Tag Macht ausüben." Der Rechtsanwalt, der Steuerinspektor gelernt hat, gefiel sich sehr in seiner Rolle als König eines Verbandes mit 6,7 Millionen Mitgliedern.
"Das ist die Krönung meiner Laufbahn, aber Macht bedeutet mir gar nichts", sagte er, als er im September 2006 zum alleinigen DFB-Präsidenten gewählt worden war. "Auf einer Ebene mit den großen Sportpersönlichkeiten zu verkehren, ist für mich die Erfüllung eines Traumes", erklärte er.
Auftritte auf der großen Bühne genoss Zwanziger anschließend. "Ich weiß, dass es Zeit ist zu gehen, das Amt nicht länger zu zelebrieren", sagte er in der vorigen Woche. Die Kritik wurde stetig lauter, er sei ein Selbstdarsteller. Wolfgang Niersbach, der ihm als Generalsekretär diente, möchte als sein Nachfolger eine Abkehr vom präsidialen Regierungsstil praktizieren.
Rückzug auf der Weihnachtsfeier
Mit der überraschenden Rücktrittsankündigung am 2. Dezember verlor Zwanziger die Kontrolle über den Verband. Eigentlich wollte er, erst im Oktober 2010 in Essen für eine Amtszeit bis 2013 wiedergewählt, im kommenden Herbst zurücktreten. Doch selbst seine engsten Wegbegleiter im DFB-Präsidium waren über den egoistisch vorgetragenen Rückzug auf der Weihnachtsfeier, den er der "Bild"-Zeitung schon vorher mitgeteilt hatte, so befremdet, dass auch sie auf ein schnelles Ausscheiden drängten.
Dass Zwanziger eigentlich erwartet hatte, zum unbefristeten Weitermachen gedrängt zu werden, vermuteten viele im Verband. "Dass die meisten Leute überrascht waren, gefällt mir besser, als wenn sie gesagt hätten: Gott sei Dank, dass der Kerl endlich weg ist", dementiert Zwanziger solche Absichten. Wenn er am Freitag aufhöre, würde er keinerlei Abschiedsschmerz empfinden, behauptet er.
Dass er sein Herz auf der Zunge trägt, ist sicher eine der Stärken des aus Altendiez im Westerwald stammenden Juristen, der mit seinem großen sozialen Engagement dem DFB teilweise ein neues Profil gab. Die freie Rede ist seine Stärke, mit emotionalen Ansprachen kann Zwanziger seine Zuhörer gefühlsmäßig berühren, wie er es am 15. November 2010 bei seiner Trauerrede für Robert Enke in Hannover vor einem Millionen-Publikum an den Fernsehgeräten bewiesen hatte.
Amerell-Affäre: Anfang vom Ende
Aber manchmal wurde er zur Plaudertasche und gab Dinge preis, bei denen Verschwiegenheit besser gepasst hätte. Der Anfang vom Ende begann vor zwei Jahren, als der Skandal um den Schiedsrichter-Funktionär Manfred Amerell, der eine sexuelle Beziehung zu einem jungen Unparteiischen unterhalten hatte, hochkochte.
Besonders die Vertreter der DFL, die noch nie Freunde von Zwanziger waren, kritisierten ihn hart für die populistische Behandlung des Themas. Zwanziger sorgte immer wieder für Schlagzeilen.
Dass er Bundestrainer Joachim Löw und Teammanager Oliver Bierhoff bei den Vertragsverhandlungen 2010 rüde in die Schranken wies, bezeichnet er heute als Fehler. Er führte den Verband nach Gutsherrenart, was schließlich auch viele seiner Mitarbeiter strapazierte. Dass der Autokrat abtritt, empfinden nicht wenige im DFB als Befreiung.
Der Spielplan der EM 2012