BVB - Erkenntnisse zu Borussia Dortmunds Sieg gegen Newcastle United: Nicht die Zeit für Superlative

Von Justin Kraft
Edin Terzic, BVB, Borussia Dortmund
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Borussia Dortmund bringt sich in der Champions League in eine gute Ausgangsposition für die letzten beiden Spieltage. Beim 2:0-Sieg gegen Newcastle United zeigt der BVB große Qualitäten, aber auch Luft nach oben.

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"Für heute empfinden wir ein bisschen Zufriedenheit", erklärte Edin Terzic nach dem 2:0 gegen Newcastle bei Prime Video. Der 41-Jährige hatte viel Lob für seine Mannschaft übrig, blieb aber dennoch vorsichtig.

Für Superlative ist es nach dem enttäuschenden 0:4 gegen den FC Bayern München am vergangenen Wochenende ohnehin zu früh. Doch Terzic sah eine Reaktion der Spieler. Defensiv ließ der BVB wenig zu, offensiv nutzte man die wenigen klaren Möglichkeiten.

"Heute war es hochverdient von uns", konstatierte der BVB-Trainer, der vieles von dem umgesetzt sah, was er vorgegeben hatte. Und doch weiß auch Terzic, dass es nach wie vor Verbesserungspotenzial gibt.

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BVB: Defensive Grundstabilität

"Durch die Bank weg" habe der BVB ein sehr gutes Spiel gegen Newcastle gezeigt, befand auch Julian Brandt nach dem 2:0. Namentlich nannte er dabei vor allem die Defensivspieler. Schon nach knapp zwei Minuten grätschte Mats Hummels an der Außenlinie einen Ball ins Seitenaus. Während sein Gegenspieler noch auf dem Boden lag, trabte er unbeeindruckt zurück auf seine Position.

Vorn rieb sich Niclas Füllkrug mehrfach an seinen Gegenspielern auf, ging auch mal etwas überhart zur Sache, ohne aber eine Verletzung zu riskieren. Es gab viele Phasen im Spiel, in denen der BVB deutlich aggressiver war als Newcastle. Die Intensität stimmte meistens.

Dortmund stand meist kompakt. Zwar hatten die Gäste im zweiten Durchgang längere Sequenzen, in denen sie Druck erzeugen konnten, doch wirklich gefährlich wurden sie nur ein einziges Mal. "Sie hatten einmal die große Chance durch Joelinton, aber ansonsten hatten wir alles im Griff", analysierte auch Terzic.

Im zentralen Mittelfeld machten Salih Özcan und Marcel Sabitzer einen grundsoliden Job, auf den sonst so anfälligen Außenbahnen erwischten Julian Ryerson und Niklas Süle jeweils einen guten Tag. In der Innenverteidigung sorgte Hummels für Ordnung. Der Routinier stellte abermals unter Beweis, wie wichtig er aktuell für die Dortmunder ist.

BVB, Borussia Dortmund, Niclas Füllkrug
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BVB: Offensive Flexibilität - und viel Luft nach oben

Auch mit der Leistung im Angriff war Terzic grundsätzlich zufrieden. "Wir haben offensiv von Anfang an die Kontrolle gehabt. Heute haben wir endlich auch die Tiefe und die Konterräume gefunden", so der Trainer. Über 90 Minuten gesehen war Dortmund tatsächlich das gefährlichere Team.

Chancen erspielte sich der BVB auf unterschiedliche Art und Weise. Neben den von Terzic erwähnten Kontersituationen funktionierten vor allem lange Bälle auf Füllkrug. Der DFB-Stürmer machte viele Bälle fest, ließ sich aber auch regelmäßig ins Mittelfeld fallen, um dort Gegenspieler zu binden und seine Qualitäten als Wandspieler einzubringen.

Die Idee war klar: Wenn Füllkrug sich fallen ließ, gingen Karim Adeyemi oder Brandt tief. Gerade Adeyemi wurde häufig von seinen Mitspielern geschickt, schaffte es dafür aber zu selten, seinen Tempovorteil zu nutzen. Um in der Champions League weit zu kommen, brauche es "mehr Struktur", analysierte Experte Skhodran Mustafi bei Prime Video.

Damit traf der Weltmeister von 2014 den Kern der BVB-Probleme. Im Ansatz stimmte vieles, doch der Ertrag war abermals viel zu gering. Und so zitterte man im zweiten Durchgang nicht zum ersten Mal in dieser Saison ohne Not. Aus 17 Abschlüssen erspielte sich Dortmund nur 1,34 Expected Goals - die Chancenqualität war also oft nicht gut. Zu Recht lobte Füllkrug die "Gier", mit der man vor dem 1:0 mehrfach nachsetzte. Doch wie wenig Struktur hinter dieser Art von Angriffen steckt, ist bezeichnend.

Edin Terzic, BVB, Borussia Dortmund
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BVB: Plötzlich passiv

Bezeichnend ist auch, dass der BVB nach dem Führungstreffer das Agieren beinahe einstellte. Zuvor hatte man alles unter Kontrolle - wenn auch nicht mit den ganz großen Chancen. Trotzdem war Dortmund von Beginn an das leicht bessere Team. Der Ball lief gut durch die eigenen Reihen, Abschlüsse häuften sich.

Sobald es 1:0 stand, ließ sich das Team fünf bis zehn Meter weiter nach hinten fallen. Newcastle bekam deutlich mehr Ballbesitz. Dass Dortmund den Engländern die Verantwortung übergab, hatte auch damit zu tun, dass man selbst auf Konter hoffte.

Doch der BVB wurde viel zu passiv. Obwohl man sich auf mehr Verteidigungsarbeit eingelassen hatte, wurden die Löcher zwischen Abwehr und Angriff zu groß. Nach Verlagerungen der Gäste schwamm die Terzic-Elf. Joelinton hatte die große Chance, die Borussia dafür zu bestrafen. Wie schon im Hinspiel hatte man das Glück, dass Newcastle nicht traf.

Anders als damals gelang es den Dortmundern immerhin, das Geschehen wieder zu beruhigen und in der Tiefenverteidigung an Sicherheit zu gewinnen. Und doch bleibt die Frage, warum es dem BVB nicht gelingt, aktiv und aggressiv zu bleiben. Gerade in einem solchen Spiel, das von Beginn an nach eigenem Plan verlief.

Auch das Publikum ließ sich von der zwischenzeitlichen Lethargie anstecken. Champions-League-Stimmung gab es in Dortmund nur, wenn das eigene Team in der Vorwärtsbewegung war, wenn es aktiv und leidenschaftlich Fußball spielte. Doch das bekommen die Fans oft nur stückchenweise serviert. Echte Begeisterung entfacht dieser Fußball nur selten.

Gerade für den BVB, der von und mit seinen Fans lebt, ist das ein Problem. Eine spürbare Symbiose zwischen Team und Rängen gibt es viel zu selten. Das "bisschen Zufriedenheit" von Terzic ist deshalb auch genau die richtige Formulierung. Und obwohl noch einiges fehlt, um auch das Wort "bisschen" streichen zu können, steht nach vier Spieltagen in einer komplizierten Gruppe der erste Tabellenplatz. Das zeigt zumindest, welches Potenzial in diesem Team steckt.

BVB - Newcastle United 2:0 (1:0)

Tore1:0 Füllkrug (26.), 2:0 Brandt (79.)
Aufstellung BVBKobel - Süle, Hummels, N. Schlotterbeck, Ryerson - F. Nmecha, Özcan, Adeyemi (81. Reus), Sabitzer, Brandt - Füllkrug (87. Moukoko)
Aufstellung Newcastle UnitedPope - Trippier, Schär, Lascelles, Hall (46. Almiron) - S. Longstaff, Bruno Guimaraes, Joelinton - Livramento, Wilson (46. Gordon), Willock (81. Miley)
Gelbe Karten- Hall (9.)
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