Ajax - BVB 4:0: Ajax wie entfesselt! Borussia Dortmund kommt in Amsterdam unter die Räder

Von Stanislav Schupp
Marco Reus spielt seit 2012 für den BVB.
© imago images

Der BVB ist am 3. Spieltag der Champions League bei Ajax Amsterdam böse unter die Räder gekommen. Gegen völlig entfesselt aufspielende Niederländer hatten die Dortmunder von der ersten Minute an größte Probleme und verloren auch in der Höhe verdient mit 0:4 (0:2). Eine historische Demütigung für die Schwarz-Gelben.

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Nie zuvor hatte der BVB in der Champions League höher verloren, dabei hätte es noch schlimmer kommen können, wenn nicht zumindest Torhüter Gregor Kobel einen sehr guten Tag erwischt und mit starken Paraden noch das ein oder andere Gegentor verhindert hätte.

Davon, dass die Dortmunder an diesem Dienstagabend von fußballerisch in allen Belangen überlegenen Ajax-Mannschaft überrannt worden sei, wollte BVB-Kapitän Marco Reus aber trotz des klaren Übergewichts der Niederländer nichts wissen.

"Das find ich ein bisschen zu hart", sagte Reus, dem in der Anfangsphase sein erstes Eigentor der Profikarriere unterlaufen war. "Das geht auf meine Kappe. Ich hab den Ball falsch abgeschätzt", sagte der 32-Jährige. Es war das erste von vier Gegentoren, welche die Dortmunder an diesem Abend in einem echten Hexenkessel in Amsterdam hinnehmen mussten.

Woran es lag, dass Ajax den BVB derartig dominieren und herspielen konnte? "Wir waren nicht aggressiv und sind nicht energisch in die Zweikämpfe gegangen", sagte Reus: "Das haben wir uns anders vorgestellt. Es ist nicht leicht, die passenden Worte zu finden. Wir müssen uns neu sammeln. Aber so, wie die Tore gefallen sind und wie viele Chancen wir zugelassen haben, ist es nicht leicht."

Zeit zum sammeln bleibt dem BVB jedoch nach diesem historischen Debakel nicht viel. Am Samstag gastieren die Dortmunder auf der Bielefelder Alm, am Dienstag folgt das Pokalspiel gegen Zweitligist Ingolstadt. In der Champions League sind die Aussichten auf den Gruppensieg nun äußerst gering, Ajax liegt mit neun Punkten aus drei Spielen an der Spitze, dahinter folgen der BVB mit sechs und Sporting mit drei Zählern.

In der Königklasse geht es für Dortmund Anfang November weiter. Dann bietet sich die Chance auf Revanche, wenn der BVB Ajax im Westfalenstadion empfängt.

Ajax - BVB: Die Stimmen zum Spiel

Marco Rose (Trainer Borussia Dortmund): "Wir haben gar nicht so schlecht angefangen. Wir bekommen dann das Standardgegentor. Nach dem 2:0 war unsere Körpersprache so, als würde es 4:0 stehen. Joshua Kimmich winkt nicht nur ab, der wird richtig sauer. Das ist vielleicht ein bisschen der Unterschied. Auch in München ist dann Feuer unterm Dach. Wir hatten auch zwei, drei, vier Situationen, in denen wir es möglicherweise im letzten Drittel viel, viel besser hätten ausspielen müssen. Ich habe den Jungs gerade gesagt, dass wir sehr, sehr hart arbeiten müssen, um unsere Ziele zu erreichen."

Marco Reus (Kapitän Borussia Dortmund): "Das erste Tor geht auf meine Kappe. Nichtsdestotrotz hatten wir Möglichkeiten. Wir haben das Spiel zu offen gehalten. Ajax hat sich durchgesetzt, weil sie die bessere Mannschaft waren."

Erik ten Hag (Trainer Ajax Amsterdam): "Die Mannschaft hat eine super Leistung gebracht, das hat jeder gesehen. Wir haben super Fußball gespielt. Diesen offenen Schlagabtausch haben wir gewonnen. Wir wollten gut in Ballbesitz sein. Wir müssen den Gegner laufen lassen - und das haben wir hervorragend gemacht. Aber wir haben auch gut gepresst. Deshalb haben wir auch viele Chancen herausgespielt. Wir haben mit fantastischem Fußball gewonnen.

Ajax - BVB: Die Analyse

Ajax zeigte von Beginn an, welchen Plan die Elf verfolgte: Mit starkem, aggressivem Pressing, direkten Kombinationen und schnellen Verlagerungen setzten die Niederländer den BVB bereits früh unter Druck und zwangen ihn zu zahlreichen Fehlpässen. Hummels' Grätsche und Kobels Parade (9.) verhinderten einen frühen Rückstand. Dieser kam dann nur zwei Minuten später, als Reus einen Freistoß von Tadic mit dem Scheitel unglücklich ins eigene Tor verlängerte (11.).

Nach dem Rückstand fand der BVB überhaupt nicht mehr statt, hatte sowohl im Mittelfeldzentrum als auch in der Abwehr extreme Probleme gegen das Ajax-Pressing und agierte viel mit langen Bällen, die die Niederländer zumeist ohne Probleme klärten. Viel lief über Dortmunds linke Abwehrseite, wo Schulz mit den flinken und spielstarken Antony und Berghuis zu jedem Zeitpunkt des Spiels überfordert war.

Die erste nennenswerte Chance verzeichnete Dortmund erst unmittelbar vor dem Pausenpfiff, als Haaland nach starkem Diagonalball von Malen im Sechzehner Timber abschüttelte, aber seinen Abschluss zu zentral platzierte. Ansonsten war Haaland in vorderster Front in den wenigen Aktionen meist auf sich allein gestellt. Ajax zeigte dem BVB in der ersten Halbzeit sowohl mit als auch gegen den Ball klar die Grenzen auf. Die Dortmunder hätten sich nicht über einen höheren Rückstand beschweren können.

Zur Halbzeit nahm Rose den überforderten Schulz runter und brachte Can, doch es blieb das gleiche Bild: Ajax presste von Anfang an aggressiv, ließ das Aufbauspiel des BVB nicht zu, kombinierte sich ansehnlich durch die beiden Dortmunder Ketten und verteidigte hinten stets aufmerksam. Die erste BVB-Ecke gab es nach 65 Minuten. Jede Aktion der Gastgeber wurde von den Fans euphorisch gefeiert.

Der BVB ließ zu große Abstände zu den Gegenspielern, wie beim 0:3 und 0:4, und fand offensiv so gut wie gar nicht statt. Die wenigen Befreiungsversuche wurden unsauber zu Ende gespielt oder von Ajax-Keeper Pasveer entschärft. Kurz nach der Pause lenkte er einen Haaland-Volley an die Latte.

Der Amsterdamer Erfolg war dennoch zu keiner Zeit gefährdet und hätte sogar noch höher ausfallen können. Die Niederländer spielten ihren Stil über die gesamte Spielzeit runter und legten eine wahre Machtdemonstration an den Tag. Für den BVB war es eine historische Abreibung: Nie haben die Schwarz-Gelben in der Königsklasse höher verloren.

Ajax - BVB: Die Aufstellungen

Ajax: Pasveer - Mazraoui (83. Rensch), Timber, Martinez, Blind - Berghuis (69. Klaassen) - Alvarez, Gravenberch - Antony (76. Neres), Haller (83. Daramy), Tadic

BVB: Kobel - Meunier (79. Wolf), Akanji, Hummels (79. Pongracic), Schulz (46. Can) - Witsel - Bellingham, Brandt (88. Knauff) - Reus, Haaland, Malen (53. Hazard)

Ajax - BVB: Die Daten des Spiels

Tore: 1:0 Reus (ET/11.), 2:0 Blind (25.), 3:0 Antony (57.), 4:0 Haller (73.)

  • Marco Reus erzielte gegen Ajax das erste Eigentor seiner Profikarriere.
  • Das 0:4 war die höchste Niederlage der Dortmunder in der Champions-League-Geschichte.

Der Star des Spiels: Antony (Ajax)

Agierte mit und ohne Ball stets aktiv. Stark im Gegenpressing, spielte gemeinsam mit Berghuis Schulz mehrfach schwindelig. Krönte seine überragende Leistung mit einem schönen Schlenzer zum 3:0.

Der Flop des Spiels: Nico Schulz (BVB)

Wirkte durchgehend gegen den flinken Antony überfordert. Setzte offensiv keine Akzente, die wenigen Versuche des Spielaufbaus scheiterten kläglich. Die meisten Angriffe von Ajax gingen über seine linke Abwehrseite. Wurde zur Pause von Trainer Rose erlöst und durfte in der Kabine bleiben.

Der Schiedsrichter: Jesus Gil Manzano (Spanien)

Hatte in seinem zweiten Champions-League-Spiel in dieser Saison in dem größtenteils fair geführten Spiel (nur zwei Gelbe Karte) keine Probleme. Der Spanier ließ viele Vorteile laufen, in einigen strittigen Szenen entschied er sich meist dazu, weiterspielen zu lassen. Insgesamt eine gute Linie.

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